Es war in den 1990er Jahren, dass ich ein kleiner Berufsschüler war, der im Unterricht seine Arbeitsblätter mit Strichmännchen und gruseligen Figuren vollmalte. Irgendwann, sagte ich damals zu meinem Banknachbarn, werde ich mit solchen Comics mein Geld verdienen. Der meinte trocken, da müssten die Texte aber schon ziemlich gut sein. Tja, aus meinen Träumen ist ja nun nichts geworden, doch der Jaja-Verlag aus Berlin zeigt uns jetzt schon seit Jahren: Möglich ist das schon. Jüngstes Beispiel ist Lea Wegners Ich kaufe ein A und möchte lösen, ein kleines handgemaltes Machwerk (so bezeichnet der Jaja-Verlag selbstironisch seine Bücher), das mancher Fan von Splitters Gesamtausgaben wahrscheinlich in 100 Jahren nicht anfassen würde.
Ein Landschaftsgärtner sammelt im Park Würmer ein und setzt sie in seinem Badezimmer aus, weil er sich erhofft, dass er mit deren Hilfe eine Leiche verschwinden lassen kann. Die Würmer sind nicht sehr motiviert, aber unser Gärtner hat einen Kater, der die Würmer mit handfesten Argumenten zur Arbeit drängt. Unterdessen vermutet einer der Würmer einen Mord, den er gerne nach Art der Fernsehkommisare aufklären möchte. Gemeinsam mit seinen Freunden versucht er, Kontakt zu anderen Menschen herzustellen und greift dabei zu verzweifelten Mitteln. Selbst das Erlernen der menschlichen Sprache wird ausprobiert – mit überraschendem Ergebnis.
Ich kaufe ein A wirkt, als wäre die Künstlerin von modernen Kindercomics inspiriert, wie sie derzeit bei Reprodukt erscheinen, doch fehlt deren Niedlichkeit. Die Darstellung der Würmer ist unbekümmert schlicht und die restlichen Figuren sind ebenfalls recht flott hingeworfen; für diese Strichmännchen waren sicher keine großen Studien erforderlich. Anstelle von „art for art’s sake“ handelt es sich eher um „Erzählen, egal wie“. Zwar wird hier und da doch eine anatomisch korrekte Hand oder ein Insekt mit größerer Verpflichtung gegenüber dem Detail eingeschoben, aber das wirkt, als wollte uns die Künstlerin durch einen Wink mit dem Zaunpfahl signalisieren, dass sie eben tatsächlich auch zeichnen kann, es aus erzählökonomischen Gründen nur nicht will.
Lea Wegners Stil bleibt konsequent kindlich-krakelig. Umso wichtiger, dass sie dabei mit der notwendigen Haltung erzählt, denn Charme kann man dem Buch nicht absprechen. Die Lektüre ist vergnüglich und überrascht mit einigen Wendungen. Tatsächlich erzählt Lea Wegner einen netten Krimi aus Kleintierperspektive, der vielleicht nicht immer logisch, aber doch recht putzig daherkommt. Ich habe mich gut unterhalten gefühlt.
Humorvoller Comicspaß in bewusst naiv gehaltener Grafik
Jaja-Verlag, 2018
Text und Zeichnungen: Lea Wegner
140 Seiten, schwarz-weiß
Preis: 13 Euro
ISBN: 978-3946642329
Leseprobe
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