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„Found Family ist da für mich ein sehr wichtiger Begriff“ – Interview mit Ines Korth zu ihrer neuesten Drei ???-Adaption

Während meiner Beschäftigung mit Ines Korths zweiter Drei ???-Adaption wurde mir bewusst, wie sehr sich die Künstlerin an der legendären Cover-Künstlerin Aiga Rasch orientiert, die den Drei ???-Büchern in Deutschland ihren unverwechselbaren Look verlieh. Was lag da näher, als Ines Korth selbst dazu zu befragen? Nebenbei plauderten wir auch über ihre weiteren Comic-Arbeiten.

Auch dieses Aiga Rasch-Motiv wird in der nächsten „Drei ???“-Adaption von Ines Korths Covermotiv zitiert werden. (c) Kosmos-Verlag

Comicgate: Es gibt jetzt schon zwei Drei ???-Bücher von dir. Welche Haltung hast du den Geschichten gegenüber? Hast du die Geschichten als Kind gerne gelesen bzw. angehört oder kamst du erst später dazu?

Ines Korth: Ich hatte als Kind nie Drei ???-Bücher oder Hörspiele. Zu denen kam ich erst als junge Erwachsene, da hab ich die Hörspiele dann aber mit Leidenschaft konsumiert, ich war auch auf etlichen Live-Shows. Im Freundeskreis wurden die Folgen rumgereicht und wer gerade eine neue hatte, lieh sie den anderen. Die Bücher habe ich tatsächlich nicht viel gelesen, meine Verbindung zu den Jungs lief früher eigentlich vor allem über die drei Sprecher. Jetzt hole ich die Bücher für die Comics nach.

Bei deinen Coverillustrationen für „Flüsternde Mumie“ und „Die rätselhaften Bilder“ hast du deine Motive so gewählt, dass sie eine Beziehung zu Aiga Raschs Titelbildmotiven herstellen. Kann man sagen, dass Aiga Rasch für dich eine wichtige Inspiration war?

Auch beim Gespensterschloss ist schon der direkte Rasch-Bezug da – das Schloss im Hintergrund des Covers ist ihre Version, die sich übrigens auch von dem Schloss im Comic ein wenig unterscheidet, und der kleine Geist in der Tür ist durch die große Geisterhand ersetzt.
Der Verlag wünschte sich bei den Covern eine Verschmelzung von meiner und Raschs Interpretation, man sollte ihre Cover als deutliches Zitat sehen. Deswegen – ja, sie war zwangsläufig eine wichtige Inspiration.

Artwork links Aiga Rasch, rechts Ines Korth.

Bei der Kolorierung (sowohl im Comic als auch auf den Covern) habe ich ganz bewusst auf leuchtende Farben gesetzt, auch das ist eine Verneigung vor ihrem poppigen Poster-Stil.

Was hältst du von den Titelbildern der amerikanischen Originalausgabe? Die deutsche Publikationsgeschichte der Drei ??? zeigt ja recht offensichtlich, dass die Reihe erst mit Aiga Raschs Illustrationen so erfolgreich wurde. Aber warum eigentlich?

Die alten amerikanischen Cover haben diese herrlichen Pulp-Illustrationen, die ihren ganz eigenen Charme haben. Aber gleichzeitig sind sie sehr typisch für ihre Zeit und ob das nun die drei Jungs aus Rocky Beach oder drei andere Jungs sind, die Abenteuer erleben, kann man kaum sagen. Rasch hat es mit ihrem eigenen Stil geschafft, Die drei ??? zu einer unverwechselbaren Marke zu machen. Der schwarze Rahmen hebt ihre reduzierten, knalligen Farben hervor und gibt dem Ganzen gleich einen etwas düsteren, gruseligeren Anstrich – das alles ergibt ein Bild, das man sofort mit den Fragezeichen in Verbindung bringt und nur mit ihnen. Die kann man dann auch schon von Weitem im Buchladen sehen und man weiß: hier kriege wieder ich gruselige oder aufregende Abenteuer mit Justus, Peter und Bob und nicht Stephen, Günther und Tom!

Wie gefällt dir im Vergleich dazu Mehmet Gülergüns Titelbild der deutschen Sonderausgabe? Erkennst du da einen Unterschied in der Bildgestaltung oder ist das auch nur eine Variation des amerikanischen Stils?

Es geht auf alle Fälle in dieselbe Richtung – malerisches Pulp-Cover. Ich mag auf jeden Fall das Batsignal da oben links ;D.

Hat Aiga Rasch „Die drei ???“ visuell zur Marke gemacht, oder geht ihr Erfolg über rein wirtschaftliches Denken hinaus?

Ehrlich gesagt bin ich hier überfragt. Ich zeichne zwar jetzt Comics für die drei ???, aber ich habe kein umfassendes Studium zu Aiga Raschs Leben und Wirken hinter mir. Was ich auf jeden Fall aber sagen würde: man kann vorher nie wissen, ob etwas wirklich den erhofften Erfolg erzielt oder nicht. Gutes Design kann natürlich helfen, ist aber keine Garantie.

Ich mag ihre Cover, seit ich sie das erste Mal sah. Und die Grafik-Designerin in mir bewundert die Reduzierung in ihrer Bildgestaltung.

Ines Korth

Deine übrigen Comicarbeiten (Massu Schmiedstochter, Endangered, The Two Sisters) erzählen wesentlich stärker über die Bilder. Die drei ??? ist dagegen eher textlastig. Wie gehst du damit um?

Ich arbeite jetzt zum ersten Mal mit einem Autor zusammen (Christopher Tauber), der mir ein Skript liefert. Das war tatsächlich erstmal eine Umstellung, da seine Seitenaufteilung auch anders ist, als meine gewesen wäre. Aber ich habe mich recht schnell eingewöhnt und ich wollte sowieso immer mal mit Autor*innen zusammenarbeiten und mich nur aufs Zeichnen und Gestalten konzentrieren. Es ist schon ein anderes Arbeiten, aber mag diese Herausforderung. Ich habe ja auch viele Kolorierungs-Jobs in der Vergangenheit angenommen – da muss man sich auch auf den Stil und den Flow eines anderen Illustrators/einer anderen Illustratorin einstellen. Das alles hat seinen eigenen Reiz und seine eigenen Vor- und Nachteile.

Es sind zudem reine Jungsgeschichten, was ebenfalls ein sehr offensichtlicher Kontrast zu deinen übrigen Arbeiten ist. Mir ist aber auch bekannt, dass auch Mädchen und Frauen Die drei ??? sehr schätzen. Kann das sein? Die wenigen Frauenrollen sind ja auch ganz reizvoll (Henrietta Larson, Tante Mathilda,  die Katzenoma …)

Henrietta Larson, Alfred Hitchcocks persönliche Sekretärin. Aus „Die flüsternde Mumie“.

Ich vermisse tatsächlich zur Zeit meine weiblichen Figuren – aber für die werde ich auch wieder Zeit finden. Die drei ??? sind nun mal drei Jungs und ich kannte die Geschichten ja schon vorher.

Klar – die drei ??? werden auch von Mädchen und Frauen geschätzt, bin da ja keine Ausnahme. Die Geschichten funktionieren einfach, sonst wäre die Marke nicht so lange erfolgreich. Und wenn man mit denen aufgewachsen ist, vielleicht auch ohne Alternativen, dann bleibt man denen natürlich auch treu.

Findest du, Die drei ??? spielen in einer heilen Welt?

Ja, der ewige Sommer ist ja auch nicht zufällig gewählt. Es passieren zwar Dinge um sie herum, die unter Umständen auch mal tragisch sein können, aber es gibt keine weitreichenden Konsequenzen, am Ende gibts dann den Schlusslacher. Zumindest in den Hörspielen. Die Geschichten sollen für sich genommen funktionieren, deswegen findet alles immer seinen zufriedenstellenden Abschluss (mit vielleicht ein paar sehr seltenen Ausnahmen). Das ist ja auch okay, genau so wollen die Geschichten erzählen, daraus ergibt sich die Leichtfüßigkeit, die gern angenommen wird, auch zum Einschlafen (worüber ja selbst die Sprecher scherzen).

Am Ende gibt es meistens ein befreites Lachen. Aus „Die flüsternde Mumie“.

Wann geht es eigentlich mit Endangered weiter? Ich bin leider erst spät auf die Serie gekommen, habe das aber enorm gerne gelesen.

Leider habe ich gerade durch die drei ???-Comics keine Zeit, weiter an Endangered zu arbeiten und habe das Projekt deswegen vorerst auf Eis gelegt – schweren Herzens, aber mein Arbeitspensum lässt sich einfach nicht noch weiter erhöhen.
Ich möchte die Geschichte aber auf jeden Fall zu Ende erzählen und möchte auch, wie bei Massu, Schmiedstochter, eine gedruckte Version herausbringen. Mein Plan wäre, im Frühjahr 2023 weiterzumachen.

Welche Themen interessieren dich persönlich, wenn du Comics gestaltest?

Ich liebe es, eine Welt für meine Charaktere aufzubauen. Regeln zu definieren, wie Dinge passieren oder Dinge aussehen müssen. Irgendwie müssen meine Charaktere auch immer gern alleine in einer ihnen fremden oder feindseligen Umgebung zurechtkommen und dort neue Beziehungen knüpfen. „Found Family“ ist da für mich ein sehr wichtiger Begriff.

Gibt es Künstler*innen, die dich bei deiner Arbeit inspirieren?

Olivia Vieweg ist ein steter Quell, ich bewundere einfach ihre Energie und bin sehr froh, dass ich schon ein paar Mal mit ihr zusammenarbeiten konnte. Ansonsten bin ich von Comiczeichner*innen umgeben, die unter miesesten Bedingungen trotzdem Comics machen und durchhalten und irgendwo auch noch Spaß haben und das motiviert am Meisten. Haut rein, Leute!

Wie streng sind eigentlich die visuellen Vorgaben von Christopher Tauber? Oder arbeitet er nur die Buchtexte in panelgerechte Stücke auf und überlässt den Rest dir?

Er macht Vorschläge, die ich meistens auch berücksichtige, da er als Comiczeichner einfach gut visuell denken kann und weiß, was ein gut gestalteter Comic braucht. Allerdings habe ich immer die Freiheit, Dinge auch anders umzusetzen, wenn ich finde, dass ich einen anderen Blickwinkel brauche. Vieles lässt er auch vage genug, so dass ich da viel Freiraum habe.

Gibt es noch weitere Drei ???-Comic-Pläne, von denen wir bereits wissen dürfen?

Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich da tatsächlich nichts zu sagen, da ich selber nicht weiß, welche Pläne KOSMOS für mich oder unsere neue Reihe hat. Wenn die Comics fantastisch gut laufen, kann man sicher Hoffnung haben ;).

Herzlichen Dank, Ines Korth!

Aus der Vorankündigung auf der letzten Seite des Bucht „Die drei ??? und die flüsternde Mumie.“ Man beachte das Bild im Bild.

Bildnachweise:

Titelbilder der Originalausgaben: (c) Random House

Titelbilder der deutschen Ausgaben: (c) Franck Verlag bzw. Kosmos-Verlag

Titelbild der Bertelsmann-Lizenzausgabe: (c) Bertelsmann-Gruppe

Alle Comic-Panels aus „Die drei ??? und die flüsternde Mumie“. (c) Kosmos-Verlag, 2022

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