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Erlangen-Tagebuch 2016, Tag 1

Alle zwei Jahre bildet der Comic-Salon Erlangen für vier Tage den Nabel der Comicwelt. Wir sind natürlich auch dort und präsentieren an unserem Stand die neueste Ausgabe des Comicgate-Printmagazins zum Thema „Text in Comics“. Von dem, was sonst so passiert, berichten wir in diesem Messetagebuch: Im täglichen Wechsel schreiben CG-Redakteure über den vergangenen Tag, aus ihrer persönlichen, subjektiven Sicht und ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Heute: Daniel Wüllner über den ersten Salon-Tag, Donnerstag, den 26. Mai
(und hier geht es zu Tag 2Tag 3 und Tag 4)

Der Salon ist wieder bunter geworden

In den vergangenen Jahren sind die wehenden Fahnen zur Begrüßung am Bahnhof und in der Fußgängerzone immer weniger geworden. Fragte man sich 2012 und 2014 noch, ob man wirklich in der Comichauptstadt Deutschlands angekommen ist, repräsentiert Erlangen 2016 wieder. Fahnen, so weit die Fußgängerzone reicht – und in bunt. In welcher Relation die Anzahl der Fahnen zu der längsten Schlange in der Geschichte des Salons steht, kann an dieser Stelle leider nicht eingeschätzt werden. Auf jeden Fall waren es viele, die da ausharrten, bis Festivalleiter Bodo Birk endlich die wunderhübsche rot-weiße Absperrfolie durchschnitten hat und sie reinstürzen konnten.

Der Salon ist digitaler geworden

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In grünem Frotté sieht dich niemand schwitzen.

Datev heißt der neue Sponsor des Salons. Der Software- und IT-Dienstleister schickt zu Repräsentationszwecken seinen grünen Deoroller ins Rennen. Der arme Praktikant ist wohl der einzige Besucher, dem das sonnige Wetter am ersten Messetag nicht so gut gefallen hat. Die Wahl des neuen Sponsors hat wahrscheinlich auch zur weiteren Digitalisierung des Salons beigetragen. Denn die neue Website des Festivals ist bunter und darüber hinaus individualisierbar. Dort lassen sich alle interessanten Künstler und Ausstellungen einfach ansteuern, mit Sternen versehen – und dann schaut man während des Festivals doch nie wieder auf die Seite. Endlich hat der Salon auch auf Twitter seine Stimme gefunden. Auf 140 Zeichen bekommt man auf jede Anfrage eine prompte Antwort – mit #vielen #Hashtags (#cse16 #comicsalon #icompreis16) und einem Retweet kostenlos.

Der Salon ist avantgardistischer geworden

Comics müssen auch immer Experimentierfeld für junge Künstler sein. Aus diesem Grund hat sich Moderator Lars von Törne Verlagsvertreter geladen, um mit ihnen über dieses Thema zu diskutieren. Auf dem Podium sitzen Menschen, die an Kunsthochschulen ausgebildet wurden und eine bestimmte Linie vertreten: das künstlerisch Anspruchsvolle, das Grafisch-Avantgardistische, das Feuchtenbergerische. Es ist gut und wichtig, dass Hochschulen und Verlage wie Jaja, Rotopol und Reprodukt jungen Zeichnern die Möglichkeit geben, ihre Visionen auf Papier zu bringen. Schade ist nur, dass in dieser Runde Webcomics eher als Marketingform angesehen werden. Auch der deutsche Genre-Comic wird in dieser Runde zwar als künstlerisches Feld akzeptiert, ist aber personell nicht vertreten. Das beste Schlusswort kommt von Comiczeichner und Dozent Hendrik Dorgarthen: Da darf es keine inhaltlichen Vorschriften geben. Es sei ihm wichtiger, dass Studenten mit grafischen Ideen für Geschichten statt als fertige Künstler in seine Kurse kommen.

Der Salon verleiht Preise

In diesem Jahr folgt die Struktur der Preisverleihungen wieder dem logischen Schlachtplan der letzten Salons (entgegen der früheren Jahre, in denen erst am Samstag Preisverleihungen stattfanden):

  1. Donnerstag: ICOM-Preisverleihung.
  2. Freitag: Max-und-Moritz-Preisverleihung.
  3. Samstag und Sonntag: Alle Comics der Gewinner kaufen.

Überraschung des Abends sind der Jaja Verlag und der Lebensfensterlebenswerkpreis für Lisa Neun. Während der Verlag von Anette Köhn es sich direkt vor der Jury auf dem Boden gemütlich machte, mussten die Künstler – wenn sie denn anwesend waren – immer wieder aufstehen, um ihre diversen Preise abzuholen. Hier sei vor allem der Hauptpreis für Joachim Brandenbergs Comic Tobisch erwähnt, den der Autor dieses Texts sich trotz seiner Kritik an der oben genannten Diskussionsrunde kaufen wird. Lisa Neun zeichnet seit den Neunzigern digitale Comics und wurde von dem Kurt-Schalker-Komitee mit einer 3-D-gedruckten Büste Kurt Schalkers für ihre Arbeit ausgezeichnet. Auch die Kommunikation mit den nicht anwesenden Gewinnern stammt aus dieser Zeit: Sie wurden kurzerhand per Telefon kontaktiert und ans Mikro emporgehoben. Verstehen konnte man wenig, aber die Message war trotzdem unmissverständlich: „Kommst du nicht vorbei, rufen wir dich an!“

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Dieses Bild der ICOM-Gewinner wurde beim Lachwitz raubkopiert.

Eine vollständige Liste der ICOM-Gewinner 2016 gibt es hier.

Der Salon zeigt RESPEKT

Aber das stärkste Zeichen setzte der Salon bereits vor dem Salon. In einem Facebook-Post nahm die Festivalleitung Stellung zu einem leider alltäglichen Problem, das auch vor der Comicbranche nicht halt macht: sexuelle Belästigung. Mit seinem Facebook-Post und der Messeleiterin Tanya Häringer als feste Ansprechpartnerin (09131/861401) erkennt der Salon das bestehende Problem an und gibt auch den Betroffenen das Gefühl, dass ihre Sorgen erstgenommen werden. Respekt, lieber Comic-Salon.

Was wir noch so am ersten Tag gesehen haben:

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Festivalleiter Bodo Birk durchtrennt das zarte Band zwischen Publikum und Messe.

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