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Währenddessen… (KW 6)

In Währenddessen demonstriert uns Christian heute, warum Steve Dillon der König der gezeichneten Facepalm ist. Danach stellt Stefan uns neue Comics von Weissblech vor.

Christian: Social Media Desasters – Wer kennt sie nicht aus eigener Erfahrung? Da macht man abends noch selbstbewusst den Sheldon und postet was besonders Cleveres in eine kontroverse Diskussion – vielleicht war auch noch Alkohol im Spiel – und morgens wacht man auf und denkt „Oh no! I am the biggest wanker in the entire world!!!“ Also schnellstmöglich das Handy angemacht, um zu löschen, was hoffentlich noch keiner gelesen hat, doch da sind sie natürlich längst, die Facepalms der Freunde, die deine letzte Peinlichkeit spöttisch kommentieren. Na wenn’s weiter nichts ist…

Die schönsten Facepalms, die Hälfte davon im Alkoholdunst spielend, die andere Hälfte vermutlich verkatert, hat unter allen Comickünstlern ohne Zweifel der Engländer Steve Dillon gezeichnet. In gefühlt jedem Hellblazer- oder Preacher-Heft findet man irgendwann eine Figur, die sich ans Hirn langt. Ich habe, in guter alter Comicgate-Manier, eine kleine Top-Ten der schönsten Facepalms von Dillon zusammengestellt.

10: Wenn man mal wieder richtig einen sitzen hat. Jesse, the Boozehound. (Alle Abbildungen wenn nicht anders gekennzeichnet © DC-Comics)

9: Wenn man Mist baut, einem alles übern Kopf wächst und man Alkohol für die Lösung hält. © Marvel

8: Wenn die Kumpels mal wieder nur Unsinn erzählen.

7: Ja. Man kann sich seine Freunde nicht aussuchen.

6: Hey John, langsam wirkt die Geste herablassend.

5: Cassidy hat aber wirklich mächtig Scheiße gebaut in dieser Preacher-Story.

4: Und Tulip ist wirklich nachtragend.

3: Oh nein. Der blöde Sohn ist auch dabei.

2: Und der Chef hat mal wieder das Kind mitgebracht.

1: Da kann man wirklich nur noch den Kopf an die Tischkante knallen. Kein Facepalm, ich weiß. Trotzdem ein echter Dillon vom Allerfeinsten.

Stefan: Aktuell kann ich DC-Celebration: Catwoman und die Deluxe-Ausgabe von Die Löwen von Bagdad empfehlen, aber dies werde ich später wohl an anderer Stelle ausführlicher tun.

Demnächst von Weissblech-Comics: Die Nacht der reitenden Leichen als Comicadaption. Bis dahin fehlt es allerdings ganz und gar nicht an neuem Lesefutter. Frisch erschienenen sind Horror Schocker 59 und Zombie Terror 8. Beide Serien verfolge ich seit vielen Jahren und meine Perspektive hat sich gewandelt, denn ich habe inzwischen deutlich mehr Filme, Serien und Comics aus diesem Genre konsumiert und bin ein Fan des Humors und der Ideen von Tales from the Crypt, Crime SuspenStories, The Vault of Horror und vor allem von Levin Kurios Kosmos, der dieses Rezept auf Deutschland überträgt. Nachdem ich in Horror Schocker 58 erstmals eine Idee beisteuern durfte und hoffentlich auch in Zukunft Comics für Weissblech und andere Verlage schreiben darf, hat sich mein Blick erweitert, um den des Autors. Lange Rede, kurzer Sinn: ich bin inzwischen etwas voreingenommen, versuche aber bestmöglich eine kritische journalistische Distanz zu bewahren.

 Zombie Terror 8 enthält den Nachdruck einer abgeschlossenen Kurzgeschichte von Bernd Frenz und Carsten Dörr namens „See des Grauens“, die zeichnerisch sehr ansprechend und deutlich fotorealistischer ist als der Rest des Hefts. Eine abgestürzte Spitfire der Briten sorgt Jahrzehnte später für Schrecken im Raum Hannover. Dass uns der Horror aus dem Krieg noch heute einholt, erinnert mich persönlich an das Buch Kühn hat zu tun von Jan Weiler, darin entsteht eine etwas spießige deutsche Vorstadtsiedlung nahe München auf den Ruinen einer Fabrik mit chemischen Kampfstoffen der Nationalsozialisten. So viel Platz hatten Frend und Dörr nicht zur Verfügung, um so erstaunlicher, wie kompakt und effizient sie ebenfalls eine humorvolle und spannende Story mit bitterem Ende erzählen. Im Hauptteil von „Ein kleines Stückchen Hölle“ wird es etwas beschaulicher. Olaf hat Zahnschmerzen. Ausgerechnet in der Endzeitwelt voller Zombies und Cyborgs. Im Vergleich zum vorherigen Heft eine willkommene Verschnaufpause, welche die Bindung zu den liebgewonnen Figuren verstärkt. Die erfreulich und charmantere Alternative zu The Walking Dead, frei von Aufgeilerei an Sadismus und Gewalt, Kitsch und US-Prüderie und religiös verblendeten Spinnern. Einfach nur gut gemachte Unterhaltung mit Hirn und Humor.

Horror Schocker 59 enthält drei abgeschlossene Kurzgeschichten. „Schrankmonster“ von Falko Kutz und Annette Schulze-Kremer ist zeichnerisch ansprechend und hinterlässt einen guten Eindruck, bietet allerdings nur sehr bedingt überraschende Wendungen und ist eine Spur zu wenig komplex und originell.

„Ein namenloses Ding des Bösen“ von Levin Kurio führt uns zu zwei einfach gestrickten Pelzjägern in der Taiga, die sich von einem abgestürzten Kometen einen großen Gewinn versprechen. Eine etwas enttäuschende Geschichte, weil eigentlich nur das Ende irgendeine Gefühlsreaktion beim Lesen auslöst, wenn auch die wichtige und universelle Erkenntnis: Sei vorsichtig mit Deinen Wünschen.

Das Highlight von Heft 59 ist „Zu spät!“. Corona hält die reale Welt noch immer in Atem (geschmackloses Wortspiel nicht beabsichtigt) und immer wieder erinnern uns kluge Köpfe daran, dass der Klimawandel und andere Dinge noch erheblich zerstörerische Effekte für die Menschheit und die Erde haben werden als die aktuelle Pandemie. Levin Kurio und Rainer F. Engel zaubern aus diesen Ideen eine ergreifende, bittersüße Geschichte, die zum größten Teil eine melancholische Schönheit ausstrahlt (schlechtes Wortspiel beabsichtigt). Ein Überlebender durchstreift eine postapokalypische Welt, die irgendwo zwischen Terminator und Qualityland einzuordnen ist. Bis zur Stelle an der etwas zu krude gezeichnete Mutanten und eine an Angela Merkel erinnernde Figur auftreten, bereitet es immense Freude, die Reise durch diese Welt zu erleben, denn das wirkt etwas zu trashig. Aber das Ende ist schlicht brillant.

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