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Währenddessen… (KW 45)

In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.

Christian: Anders als die sehr lesenswerten LTBs der letzten beiden Monate, die bereits mit ihren Titelbildern auf ihre großen Geschichten aufmerksam gemacht haben, ist das Cover des aktuellen Lustigen Taschenbuchs eher nichtssagend bis belanglos. Na gut, der Titel „Jagd durch Berlin“ war angesichts der Veröffentlichung im Monat des 30-jährigen Jubiläums des Mauerfalls wohl unvermeidlich, der eigentliche Event des Taschenbuchs ist allerdings die epische Maus-Geschichte „Was morgen passiert …“ von Casty und Massimo Bonfatti. Die 88-seitige Abenteuerstory ist das Sequel zu „Was gestern geschah …“, welches im Micky-Maus-Jubiläums-LTB 513 vom letzten Jahr zu finden ist. In dieser ebenfalls herausragenden Geschichte musste der Micky des 21. Jahrhunderts in die Vergangenheit reisen, um gemeinsam mit seiner Version von 1928 gegen Kater Karlo zu kämpfen, der mit Hilfe eines Hypnose-Handschuhs die Weltherrschaft an sich reißen will.

Auftakt zu einer spektakulären, 88 Seiten langen Story. © Egmont

In der italienischen Originalausgabe wurde „Was morgen passiert …“ monatlich angeteasert mit kleinen fünfseitigen Shorts, die über den ganzen Oktober 2018 hinweg in diversen Topolino-Veröffentlichungen kamen, bevor die eigentliche Story dann am 31. Oktober 2018 in einer Halloween-Ausgabe erschien. Während wir also Mickys 90. Geburtstag mit „Was gestern geschah …“ würdigten, hatten die Italiener bereits „Was morgen passiert …“, welches tatsächlich noch ein ganzes Stück spektakulärer ist.

Die jetzt bei uns erschienenen 88 Seiten präsentieren sowohl die vier Teaser-Stories, die an verschiedenen Stellen des Buchs platziert sind, als auch die Kerngeschichte, die sowohl in Zeichnungsstil als auch in der Erzählweise an die besten Momente des großen Topolino-Zeichners Romano Scarpa erinnert. Wie damals bei Scarpa ist Kater Karlo herrlich durchtrieben, aber irgendwie auch cool in seiner hochtrabenden, größenwahnsinnigen Art. In „Was morgen passiert …“ strebt er einmal mehr die Weltherrschaft an, was wohlige Erinnerungen an Scarpas „Micky und die vierte Dimension“ (1959) weckt, eine Story die ebenfalls sehr rätselhaft anging – eben genau so, wie die vier Teaser aus Topolino für kräftiges Stirnrunzeln sorgen, bevor das Rätsel der unterschiedlichen Erzählebenen endlich geklärt wird. „Was morgen passiert …“ zeigt einmal mehr Topolino von seiner besten Seite. Nur aufs Cover der deutschen Ausgabe hat es dieses grandiose Highlight mal wieder nicht geschafft. Da gibt es nur wieder Enten, Enten, Enten …

Klonk von Terry Pratchett

Niklas: Klonk! (Thud! im Original), der vierunddreißigste Scheibenwelt-Roman von Terry Pratchett, ist auch nach vierzehn Jahren noch aktuell. Das sechste Buch der Stadtwachen-Reihe um Kommandeur Samuel Mumm dreht sich um Vorurteile, religiösen Fanatismus und Hass.

Pratchett nimmt einen alten Running Gag der Serie, eine Schlacht zwischen Trollen und Zwergen, und entwirft darum einen spannenden Krimi, der die Ursprünge des Konflikts vertieft und sich darüber hinaus mit der Mythologie der Zwerge beschäftigt. Vor allem die sozialen Zwänge dieses sehr religiösen Volkes werden verdeutlicht und Mumm hat damit zu kämpfen, seine Autorität als Diener des Staates gegen Jahrtausende religiöser Indoktrination durchzusetzen, ohne dabei vom Recht des Stärkeren Gebrauch zu machen. In Klonk! wird die Frage gestellt, wie man in einer Welt für Frieden Sorgen kann, in der es Leute gibt, in deren Augen du nicht einmal existierst, und wer eigentlich von all dem Hass profitiert. Zumindest auf die zweite Frage hat Klonk! eine Antwort: die Machtgierigen, die die Veränderungen fürchten – und die Dummen tun immer alles, um alte Konflikte immer wieder anzufachen. Leider bekleiden Mitglieder jeder Gruppe oft genug höhere Ämter.

Zum Glück wird das alles unterhaltsam erzählt, da Klonk! eine der stärksten Handlungen der gesamten Scheibenwelt-Romane besitzt. Jedes kleine Detail trägt zum Verständnis des größeren Ganzen bei, jede Wendung ergibt Sinn, da sie sich aus der Logik der Handlung heraus ergibt. Leser*innen die aktiv mitdenken, können manches vorausahnen und sich dann freuen, wenn sie richtig kombiniert haben. Dies ist ein guter Krimi, der sich auf nachvollziehbare Lösungen verlässt und mit der Zeit eine düstere und nachdenkliche Atmosphäre aufbaut. Aber es ist auch ein Scheibenwelt-Roman, weswegen auch wieder ein paar Klischees parodiert werden. In diesem Fall reißerische Verschwörungen und Schatzsuchen, wie man sie aus Thrillern wie Dan Browns Sakrileg kennt. Zum Beispiel die Idee, dass ein Laie aus der Betrachtung von ein paar Symbolen die Geheimnisse der Welt enthüllt. Neu war dieses Thema nicht, schließlich nahm Umberto Eco das schon 1988 mit dem Focaultschen Pendel auseinander, aber unterhaltsam bleibt es.

Eine Sache habe ich zu kritisieren, nämlich einen Subplot um die Werwölfin Angua, die von einer nervigen Kollegin, einer Vampirin, dazu genötigt wird, sich einen Abend frei zu nehmen. Zwar geht es auch in diesem Handlungsstrang wieder um Vorurteile und wie dumm sie sind, aber der alberne Ton passt nicht zum Ernst der Handlung, vor allem wenn diese Szenen gleich nach einer düsteren und mysteriösen Enthüllung folgen. Auch die Witze auf Kosten einer einfach gestrickten Tänzerin empfand ich als unnötig gemein, vor allem da die Figur auch als sympathischer Mensch dargestellt wird. Die Szenen sind glücklicherweise nicht sehr lang.

Die deutsche Übersetzung von Andreas Brandhorst bleibt auch dreizehn Jahre später noch sehr lesenswert, selbst wenn manche Wortspiele nicht eins zu eins übertragen werden konnten.

Was habt ihr diese Woche gekauft, gesehen, gelesen, gespielt? Postet eure Bilder, Geschichten und Links einfach in die Kommentare.

2 Kommentare

  1. Christian Muschweck sagt:

    Danke, das werden wir gleich korrigieren. Was die Titelbilder angeht, ist natürlich Luft nach oben. Ich will mich über die Cover-Entscheidungen beim LTB gar nicht mal so beklagen, zumal die letzten Monate wieder viel mit Storybezug dabei war. Aber es fallen auch viele schöne Bilder unter den Tisch. Zum Glück gibt’s INDUCKS. (Christian)

  2. Spectaculus sagt:

    Fehler:
    – Massimo Bonafatti heißt eigentlich Bonfatti (ist leider im Buch sechs Mal falsch!)
    – Micky ist letztes Jahr 90 geworden, nicht 80

    Ansonsten aber volle Zustimmung zum Casty und auch schön, dass das Cover hier gezeigt wird. Es gibt noch ein anderes, bzw. ein „Filmplakat“, wie Casty sie so gerne fabriziert:

    https://inducks.org/story.php?c=IC+TL+3284C

    Hätte man durchaus auch zum Cover umfunktionieren können (das LTB-513-Cover ist ja auch nicht auf der Vorderseite eines Topolino erschienen). Titel wäre dann vielleicht gewesen: „Eine Gefahr – zwei Helden“. Oder so…

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