In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.
Christian: Die neue CD von Michael Kiwanuka ist raus. Schon die erste war, nachdem ich ein paar Nummern im Radio gehört hatte, zunächst mal ein Must-have für mich, wird aber letztlich nur selten angehört von mir. Das Problem: Die Musik ist einfach zu perfekt, außerdem ist die Hälfte der Stücke einfach zu ruhig und soft, so dass das Hörerlebnis in Richtung gepflegte Langeweile auf höchsten Niveau tendiert. (Im Gegensatz dazu landet die erste Best Of-Compilation des Nino aus Wien bei mir ständig auf dem Plattenteller, denn die ist herrlich aufgekratzt und dreckig in ihrer Art.) Es gibt eben schon ein Zuviel an Perfektion, und Kiwanuka ist einfach zu perfekt. Nun gibt es also die zweite Kiwanuka, und wieder dachte ich beim ersten Hören des Stücks „I’m a black man in a white world“, das muss ich haben. Um einiges göttlicher noch ist allerdings das erste Stück, „Cold Little Heart“. Das geht ganz zunächst langsam als vorhersehbares Intro los, mit unwiederstehlichem Pink Floyd-Gitarrensound, wechselt dann aber nach über 4 Minuten die Tonart und überrascht mit Klängen, die ich so bisher nur vom Filmkomponisten Riz Ortolani kenne. Schönstes Easy Listening, das einen hinüberträgt zum ersten Song, wobei völlig unklar bleibt, wie lang dieser gehen wird, denn auch nach über sieben Minuten ist kein Ende in Sicht und die Spannung ungebremst hoch. Wer auch je die irrige Meinung geäußert hat, ein Song müsse in drei Minuten alles vermitteln, hat keine Ahnung von Musik, denn was Michael Kiwanuka hier abliefert ist spektakulär. Das ist nicht irgendso’n Retrosoul, das ist psychedelische Soulmusik, die beste seit den Temptations. Aber natürlich ist es perfekt bis zum Geht-nicht-mehr (und so viel Perfektion ertrag ich auf Dauer nicht ;). Der Rest der Scheibe ist darüber hinaus um einiges abwechslungsreicher als beim Erstling, auch wenn die spektakulären Stücke erneut in der ersten Hälfte passieren.
Niklas: Sigil war schon eine merkwürdige Stadt. Dämonen lebten in relativer Harmonie mit Menschen, ein Magier verwandelt sich in einen Schrank um Damenhöschen zu sammeln und ich bin mir sicher, dass irgendwo ein kopfloser Mann herumirrte. All diesen schrägen Gestalten begegneten die Spieler im Rollenspiel Planescape: Torment, von dem seine Fans behaupten, das es die beste Geschichte aller Zeiten hätte. Das liegt vor allem daran, dass sich die Erzählung mehr mit der Rettung des eigenen (unsterblichen) Lebens beschäftigte als mit der Wiederherstellung oder Veränderung des Status Quo der Welt. Die großen Themen der Serie waren Schuld, Sühne und die Frage ob der Mensch Herr seiner selbst ist. Lange Jahre warteten Fans auf einen Nachfolger und 2013 schienen ihre Gebete erhört zu werden: inXile Entertainment startete einen Kickstarter für das Rollenspiel Torment: Tides of Numenera, ein Rollenspiel das in der Welt des Pen&Paper Rollenspiels Numenera spielt und als geistige Fortsetzung Planescapes gedacht ist. Seit einiger Zeit können Backer die Beta spielen und ich habe 12 Stunden zum Durchspielen gebraucht.
Tides of Numeneras Texte sind gut. Sehr gut. Erstaunlich gut. Man merkt schnell, dass die Geschichte im Vordergrund stehen soll und die Autoren schaffen es mit wenigen Worten die besonderen Eigenschaften einer Figur auf den Punkt zu bringen, eine oft unterschätzte Kunst. Die Gestaltung der Umgebungen kann sich auch sehen lassen. Wenn da Stahlbauten mit mittelalterlichen Ständen und Luftschiffen kombiniert werden, fühlt sich die Welt von Numenera fremd und neu an. Die potentiellen Begleiter meines Charakters sind auch interessant und ich schließe sie schnell ins Herz. Was die Optik und die Geschichte anbetrifft, mache ich mir tatsächlich keine Sorgen. Aber ein Rollenspiel lebt auch von seinen Mechaniken und mit denen hatte schon Planescape: Torment zu kämpfen. Die Kämpfe waren öde, einfaches Draufhauen reichte da vollkommen. Zum Glück waren sie in Echtzeit. In Numenera sind sie rundenbasiert und trotz einiger besonderer Fähigkeiten meiner Figuren sind sie vor allem langsam und wenig dynamisch. Schöner Mist. Auch von den restlichen Mechanismen weiß ich noch nicht, was ich von ihnen halten soll. Ich kann mithilfe von Punkten meine Chancen auf Erfolg für einen Skillcheck erhöhen, was sie in der Theorie zu wertvollen Ressourcen macht. In der Praxis bedeutet das allerdings, dass ich bisher jede Probe gewinne, vor allem da ich auch die Punkte meiner Helfer zugreifen kann. Daran müssen die Entwickler noch feilen. Ich würde es mir auf jeden Fall wünschen, denn auch wenn ich eine Weile brauchte bis ich mich wirklich drin fühlte, gefallen mir die Ideen und Konzepte hinter der Geschichte von Tides of Numenera. Die Entwickler kombinieren schon jetzt gekonnt Quests mit den Themen des Spiels (Verlust, Identität, Taten und Konsequenzen) und nach all den Andeutungen will ich wissen wie die Geschichte ausgeht. Außerdem meine ich etwas von einer Unterwasserstadt gelesen zu haben und die möchte ich sehen. Die Welt von Numenera scheint auf angenehme Art merkwürdig zu sein. Zumindest bin ich jetzt schon dem kopflosen Mann begegnet.
Daniel: Na toll, und ich als Backer von Torment: Tides of Numenera kann den Early Access noch nicht spielen, da ich nur einen Mac hab. Dann muss ich wohl warten, bis das Spiel fertig ist. Bis dahin, bitte keine Spoiler! In der Zwischenzeit amüsiere ich mich mit Apps, die nicht Pokémon Go heißen. Für die SZ habe ich mal nachgeschaut, was es Neues in den Spielkategorien der App-Stores so gibt und bin auf Reigns gestoßen. Ein App, die das Tinder-Prinzip mit einem Choose-your-own-adventure kombiniert. Ihr seid König und müsst Entscheidungen treffen. Durch simples links oder rechts wischen, gebt ihr euren Untergebenen, die der Reihe nach vor Euch treten einfache Befehle: Baut eine Kirche, habt eine Affäre, lasst die Männer aus dem Norden gewähren. All diese Entscheidungen verändern euren Stand bei Kirche, Volk, Armee und den Stand eurer Schatzkammer. Fällt einer dieser Werte unter null oder erreicht er das Maximum, endet eure Regentschaft – zuweilen blutig. Aber kein Problem. Sobald der König tot ist, spielt ihr als neuer Regent einfach vor vorne weiter. Reigns ist grandioses Storytelling mit simpelsten Mitteln. Hat euer Vorgänger eine Scheune gebaut, kann auch sein Nachfolger diese Nutzen, so hat jede Regenschaft Einfluß auf die nachfolgende. Bisweilen ist es ziemlich lustig König zu sein, da die Karten gut und abwechslungsreich geschrieben sind. Der König ist tot, lang lebe die App. Vier weitere Spiele-Apps gibt es hier.
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