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Währenddessen… (KW 31)

Am 15.07.2023 ist Francisco Ibanez von uns gegangen. Florian Schwebel erinnert sich an viele Stunden hemmungslosen Spaß mit Clever und Smart.

Alle Abbildungen (c) Carlsen Comics.

Florian: Clever & Smart, das hieß: Tausende und Abertausende Seiten, auf denen zwei unkaputtbare Witzfiguren (angeblich: Geheimagenten mit Geheimauftrag, aber meist hatten sie keinen klar definierten Auftrag, und der war dazu nie sonderlich geheim) Schläge, Tritte, Feuer, Eis und alle Arten von Verformungen überstanden. Hinter jeder Tür, durch die sie unbelehrbar stolperten, lauerte ein Riesenkaktus, ein ausgehungertes Raubtier oder ein jähzorniger Kampfsportler. Fred Clever besaß die ungemein praktische Gabe, sich in Sekundenschnelle in überkomplizierte Verkleidungen zu schmeißen, die ihm zu dem Outfit passende Fähigkeiten verliehen: Im Gespensterkostüm schwebte er durch Wände, als Drache spuckte er Feuer. Das bewahrte ihn aber gerade einmal davor, etwas weniger Prügel einzustecken als sein Stichwortgeber und angeblicher Vorgesetzter Jeff, Smart, der im Zweifelsfall jeden Spaß bitter ausbaden musste und im Laufe einer vierzigseitigen Geschichte bspw. immer wieder an den selben paranoiden axtschwingenden Ehemann geriet, der ihn für den Liebhaber seiner Frau hielt.

Francisco Ibanez, der diese unendlich ähnlichen Abenteuer wie im Akkord herunterdrosch, gelang es, in seiner fabrikmäßigen Arbeitsweise immerhin ein paar stilistische Besonderheiten auszubilden: so zeichnete er die größten und ausdrucksstärksten Hände in der Geschichte der Comics, bescherte uns Tiere, die alle aussahen wie entfesselte Drogensüchtige auf Entzug, bereicherte seine Seiten um die allgegenwärtigen kleinen verdutzten Spinnen mit zu wenigen Beinen und vervollkommnete die Kunst des endlos ausgelatschten running gags in einer Vollendung, für die Goscinny sich einfach zu schade war. Nein, sie standen nie für Qualität, die flimschigen Alben mit Flatterpapier und Maschinenlettering, die auf Asterix machten, aber das Gegenteil waren.  Manchmal wurde in die deutsche Übersetzung der „Bundeskanzler“ eingeschmuggelt oder eine krude politische Anspielung, die ein Minimum an satirischem Niveau simulieren sollte, aber diese Comics spielten ein anderes Spiel (und tatsächlich stammten „Mortadelo y Filemon“, so der Originaltitel, ursprünglich aus dem faschistischen Spanien und segelten dort sozusagen unter dem Radar).

Hier zwei Streifen der alten Condor-Veröffentlichung.

Clever & Smart gab es im Urlaub, wenn sich kein anderer Lesestoff auf Deutsch auftreiben ließ, bei einer fieseren Krankheit, oder bei einer fieseren Krankheit im Urlaub. Sie umwehte immer eine Aura von Elend, Sucht und Sonnenbrand. Clever & Smart lesen war das Comicäquivalent zu tütenweise Kartoffelchips mit Paprikapulver. Nie gab es eine ordentliche Backlist ihrer Abenteuer, dafür dritte und vierte Auflagen, die kreuz und quer in Europas Kioske gekarrt wurden. Nun gibt es ihre Abenteuer in gebundenen Liebhaberausgaben, und wenigstens das ist einmal eine gute Pointe. Francisco Ibanez, ein sympathisch verschmunzelter unauffälliger Mann, der über ein halbes Jahrhundert hinweg als Zeichner und Szenarist dafür sorgte, dass Clever & Smart immer wieder mit Schränken und Laternenpfählen verdroschen, frittiert und filetiert, verkleinert uns ins All geschossen wurden, ist am 15. Juli in Barcelona im Alter von 87 Jahren gestorben.

 

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