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Hipsters versus …

2009 ließ Adrian vom Baur in einem selbstverlegten Minicomic zum ersten Mal eine Gruppe von Hipstern gegen eine Monsterhorde antreten. Im Jahr darauf startete der Zeichner mit der Storyline „Hipsters vs. Vampires“, diesmal in Farbe, eine regelmäßige Webcomic-Serie, die bis zum Frühjahr 2014 lief. Zwar benutzte er dafür das klassische Strip-Format (pro Folge drei bis vier Bilder in einer Reihe), erzählte aber fortlaufende Geschichten, aufgeteilt in vier große Erzählbögen. Der Sammelband Hipsters versus … enthält diese vier Geschichten, ergänzt um einige Gastbeiträge.

Cover Hipsters versus ...

© Adrian vom Baur

Das Popkultur-Phänomen „Hipster“ war Anfang des Jahrtausends noch neu, inzwischen muss man wohl niemandem mehr erklären, dass damit junge Leute, meist Großstadtbewohner, gemeint sind, die ganz explizit zu keiner Gruppe gehören wollen und damit selbst wieder eine bilden. Der typische Hipster will auf modische Weise unmodisch sein und findet Dinge gut, die man eigentlich nicht gut finden darf. Zu den Basismerkmalen des Hipsters gehört die ironische Grundhaltung, die sich nie auf eine echte Haltung festlegen lässt. Oder, wie es der Protagonist Leo im Comic ausdrückt: „Hipster sind doch nur nervige, arrogante Wannabes. Ich bin halt einfach total individuell und independent und so.“

Leo ist die Hauptfigur des Strips, ein von sich selbst extrem überzeugter urbaner Gockel, der sich seiner Lächerlichkeit nie bewusst ist. Zusammen mit seiner Clique gerät er in absurde Szenarien und bekommt es mit vielen klassischen Wesen der Phantastik zu tun: von Vampiren über Dinosaurier und Roboter bis zu den Geschöpfen der Hölle. Egal wie tödlich und gefährlich diese Eskapaden auch geraten, die Hipster finden, unterstützt durch absurde Wendungen und Zufälle, immer einen Ausweg.

Adrian vom Baurs Hipsters-Comics scheuen sich nicht vor Albernheiten, pfeifen auf Logik und sind zumindest in einem Kapitel auch noch ganz schön vulgär. Doch sie strahlen eine ungemeine Freude am Fabulieren und Herumspinnen aus – im Hipsters-Universum geht grundsätzlich alles, und so ist es beinahe logisch, dass regelmäßig auch der Autor persönlich in den Strips auftritt und ihnen damit eine sehr hübsche Meta-Ebene verschafft. Zudem gelingt es vom Baur, dass man Leo und seine Hipsterfreunde mit der Zeit liebgewinnt, obwohl sie eigentlich nicht sehr sympathisch sind. Doch trotz all ihrer Schwächen, über die sich der Comic ausgiebig lustig macht, haben sie ein gutes Herz und sind im Grunde schwer in Ordnung.

Ausschnitt aus Hipsters versus ....

© Adrian vom Baur

Die geballte Sammlung von Comics, die ursprünglich in kleinen Häppchen erschienen sind, ist für die Lektüre nicht immer die beste Wahl. Hier hat sie jedoch ihre Vorteile: Die einzelnen Storylines lesen sich als durchgehende Geschichte besser als in Einzelstrips, so verzeiht man auch schon mal den ein oder anderen nicht zündenden Gag und liest einfach weiter. Obendrein lässt sich an diesem Sammelband sehr schön beobachten, wie sich Adrian vom Baur als Zeichner weiterentwickelt hat. Wirken die stark stilisierten Figuren im ersten Kapitel noch etwas steif und statisch, werden sie später deutlich lebendiger und dynamischer. Auch beim Inking und vor allem bei der Kolorierung gibt es sichtbare Veränderungen mit positiver Wirkung, zudem sind in den späteren Strips auch detailliertere und interessantere Hintergründe zu sehen.

Was vom Baur aber schon von Anfang an sehr gut drauf hat, ist ein genauer Blick auf Frisuren, Outfits und Accessoires. Wie es sich für einen echten Hipster gehört, achtet er auf kleinste Modedetails. Vom Schnitt einer Hose über die Farbe eines Schals bis zur korrekten Größe der Ohrtunnel stimmt hier jedes Detail, was den Comic trotz aller Ausflüge ins Surreale in unserer aktuellen Realität verankert. Wenn uns unsere Enkel einmal fragen, wie die coolen Trendsetter Anfang des 20. Jahrhunderts so ausgesehen haben, kann man ihnen einfach diesen Band in die Hand drücken.

Zeitgeist trifft Wahnsinn – schöne Sammlung der absurd-witzigen Webcomic-Reihe

7von10Hipsters versus …
JAZAM!, verlegt beim Zwerchfell Verlag, Mai 2014
Text und Zeichnungen: Adrian vom Baur
(plus Gastbeiträge von David Füleki, Tim Gaedke, Haiko Hörnig & Marius Pawlitza, Schlogger, Maximilian Hillerzeder und Dominik Wendland)
80 Seiten, farbig, Softcover
Preis: 14,00 Euro
ISBN: 978-3-943547-15-3
Leseprobe

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