Quantum Age ist nach Doctor Star und Sherlock Frankenstein die dritte Auskoppelung aus dem Black-Hammer-Universum Jeff Lemires. Die Handlung spielt hundert Jahre in der Zukunft.
Die Helden kehren zurück nach Spiral City, allerdings nicht die Black-Hammer-Gang des 20. Jahrhunderts, die seinerzeit plötzlich verschwand und deren Weg wir in der Hauptserie verfolgen können, sondern die neubegründete Quantum League, ein Zusammenschluss bizarrer Supermenschen unter Führung von Superhirn Archive.
Sie kämpfen gegen Bedrohungen aller Art, unter anderem – ein Klassiker – gegen die eine Invasion anstrebenden Marsianer. Nachdem sie deren Angriff, unter Inkaufnahme erheblicher Opfer, abgewehrt haben, verändert sich die Gesellschaft zum Schlechtestmöglichen: Eine Überwachungsdiktatur entsteht, angeleitet ausgerechnet von einem Mitglied der Quantum League.
25 Jahre später, die Zeitebenen wechseln sich rasant ab, planen die Überbleibsel der Quantum League den Aufstand gegen das Establishment. Die an den Rollstuhl gefesselte Modula, das telepathische Gürteltier Erb und der Marsianer Barbaliteen suchen sich Hilfe bei Black Hammer, und wir begegnen auch Talky-Walky, Colonel Weird und Madame Dragonfly wieder.
Jeff Lemires Black-Hammer-Universum expandiert in einer wahnsinnigen Geschwindigkeit. Im Juli 2016 erschien das erste Heft bei Dark Horse, inzwischen liegen etwa 1.300 Buchseiten vor, die sich auf die Hauptserie (bislang 24 Hefte) und mehrere Spin-Offs (Sherlock Frankenstein, Doctor Star, Streets of Spiral City) verteilen. Gerade erst ist Black Hammer ’45 bei Dark Horse als Sammelband veröffentlicht worden, und noch aktueller ist das Crossover-Event Black Hammer/Justice League: Hammer of Justice!, dessen vier erste Hefte seit Juli 2019 erschienen sind. In Deutschland liegen die ersten drei Bände der Hauptserie und die genannten Spin-Offs vor. Dass Lemire daneben noch jede Menge anderer Projekte am Laufen hat, darunter Gideon Falls, die Descender-Nachfolgeserie Ascender oder die Joker-Miniserie (Joker: Killer Smile), die Ende Oktober gestartet ist, macht den kanadischen Erfolgsautor zu einem Vielschreiber, der mit seinen Comics erstaunlicherweise rundum erfolgreich ist.
Während die Black-Hammer-Hauptserie von Dean Ormston zeichnerisch umgesetzt wird, kommen bei den Spin-Offs andere Künstler zum Zuge: Bei Sherlock Frankenstein hat David Rubín der Geschichte einen etwas cartoonigeren Look gegeben, bei Doctor Star hat Max Fiumara die traurige Story in bedrückende Bilder gekleidet. Nun hat Zeichner Wilfredo Torres (Moon Knight, Jupiter’s Circle) in Quantum Age sein Glück versucht. Aber es nicht gefunden. Mir sind die Zeichnungen zu glatt, zu gefällig. Ganz im Gegensatz zu Dean Ormston gelingt es ihm nicht, den Figuren Leben zu verleihen.Für mich hat es den Reiz der Black-Hammer-Serie ausgemacht, dass es Lemire ein Anliegen war, neben der Superheldengeschichte etwas über die Sorgen der Pubertät, über erzwungene Doppelleben, über Homosexualität oder Elternschaft zu erzählen, wie es ihm in fast allen Comics gelingt; doch geht ihm gerade diese Qualität in Quantum Age erstaunlicherweise ab. Quantum Age erzählt von Superhelden, die zusammenkommen, um das Böse zu vertreiben – und mehr nicht. Mir sagt der Comics nichts über Überwachung, wenig über gesellschaftliche Ausgrenzung, obwohl all dieser in der Story angelegt ist. Stattdessen bleiben die Motivationen der Figuren bruchstück- und schablonenhaft.
Einige Szenen um Talky Walky und Archive oder Colonel Weird sind gut gelungen, aber im Großen und Ganzen fehlt diesem Spin-Off der Wille, etwas mehr zu sein als nur eine abenteuerliche Geschichte um einen großen Hammer. Dieser Band ist für mich die erste Enttäuschung der Serie.
Verhämmert
Splitter, 2019
Text: Jeff Lemire
Zeichnungen: Wilfredo Torres
Farben: Dave Stewart
Übersetzung: Katrin Aust
176 Seiten, Farbe, Hardcover
Preis: 24 Euro
ISBN: 978-3962190415
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