In Bed schildert die Geschichte eines Seitensprungs in teils expliziten Bildern. Insofern erinnert der Comic an Filme wie Romance und Intimacy. Storymäßig gibt das alles allerdings nicht sonderlich viel her: Rachel und Luka haben eine Affäre. Sie treffen sich ab und an zum Sex, obwohl beide verheiratet sind. Rachel ist eine erfolgreiche Schriftstellerin und Luka ein Anwalt, dessen Ehe langsam zu kriseln beginnt. Doch beide suchen mehr als ein Abenteuer und so ergeben sich aus dem anfangs vermeintlich harmlosen Stelldichein große Konsequenzen.
Schöne, erfolgreiche Menschen sind die Hauptpersonen des Buches und bedienen hier eher die Sex and the City-Soap-Opera-Klientel. Gucci statt H&M, Café Latte statt Fertiggeröstetem aus dem Supermarkt, Vogue statt Spiegel. Man merkt schon: Das sind jene hedonistischen Menschen, die zu schön und zu erfolgreich sind, um wahr zu sein, und bei denen man sich auch in den TV-Serien immer fragt, ob sie wohl je arbeiten, da sie permanent in Cafés sitzen und shoppen gehen. An der Alltagswirklichkeit geht das natürlich voll vorbei und spricht eher Wunschträume des Publikums an. An sich ist das nicht verkehrt, aber in diesem Comic werden die Figuren schließlich demontiert und so kollidiert das Idealbild mit einem emotionalen und psychischen Realismus, der einem dennoch fremd bleibt, weil alles mit diesen wandelnden Projektionsflächen statt mit „echten“ Figuren geschieht. Man hat kaum eine Gelegenheit, sich mit ihnen zu identifizieren und so befällt den Leser auch angesichts der dramatischen Momente eine große Gleichgültigkeit.
Vor allem sind manche vermeintlich bedeutsamen Aspekte der Geschichte ziemlich banal. Aus der wahrlich nicht neuen Erkenntnis, dass Beziehungen oft mangels Kommunikation scheitern, folgert die Autorin, dass Gespräche das Allheilmittel für alle Konflikte sind. Egal wie es ausgeht, egal wie sehr man leidet, egal ob das Leben oder die Welt untergeht: Gut, dass man darüber geredet hat. Und wo wir schon bei Klischees sind: Natürlich ist der Mann schuld daran, dass keine Kommunikation stattfindet, er ist egoistisch und nicht bereit oder fähig, sich zu öffnen – während die Frau über alles diskutieren will.
Immerhin wird deutlich, dass zu einem Seitensprung immer zwei gehören und dass solche Fehltritte anregend sein können. Sei es zur Selbstbestätigung oder um neue Perspektiven auf die eigene Rolle in Ehe und im Beruf zu bekommen. Der Seitensprung an sich wird nicht verdammt, sondern moralfrei betrachtet. Wobei er aber auch Gefahren birgt: Wenn so aufgedeckt wird, was man bislang in seinem Leben vermisst hat und man die enstsprechenden Konsequenzen zieht, kann es die Beziehung zerstören. Aber wenn man darüber redet, ist wahrscheinlich wieder alles gut, oder wie? Inhaltlich vermag die Geschichte also nicht sonderlich zu überzeugen und ist bisweilen sogar ziemlich ärgerlich. Da gibt es bessere Comics, die ein vergleichbares Thema haben wie etwa Süße Versuchung von Jim und Grelin. Aber dafür ist In Bed wenigstens grafisch schön gemacht.
Dem Zeichner [Jean-Philippe] Kalonji gelingen hier einige sehr eindrucksvolle Bilder und Szenen. Etwa, wenn ein potentieller männlicher Akteur eines One-Night-Stands nie oberhalb des Kragens gezeigt wird. Dadurch wird er rein auf seine Funktion der (möglichen) sexuellen Erfüllung reduziert und folglich seine Individualität negiert. Oder wenn eine Frau bei einem One-Night-Stand ausschließlich aus der subjektiven Blickrichtung des Mannes gezeigt wird. Und wenn der Protagonist Luka von seinem Sextreffen nach Hause kommt, um dort mit Frau und Freunden eine Dinner-Party zu feiern, werden geschickt immer wieder Bilder vom Beischlaf mit Rachel dazwischen montiert, um deutlich zu machen, woran er gerade wirklich denkt. Insgesamt haben die Zeichnungen durch den Verzicht von Farbe und dem Einsatz von Kohle und Bleistift etwas Schwebendes, Luftiges. Es wirkt alles leicht und poetisch, obwohl gerade die Gesichter recht kantig ausfallen. Schade, dass die Geschichte nicht auf demselben Niveau ist.
Gelungene zeichnerische Ideen können die banale, bisweilen ärgerliche Story nicht retten
Splitter Verlag, 2015
Text: Lydia Frost
Zeichnungen: Kalonji
Übersetzung: Resel Rebiersch
96 Seiten, schwarz-weiß, Hardcover
Preis: 17,80 Euro
ISBN: 978-3-95839-143-7
Leseprobe