Alle Artikel mit dem Schlagwort: Sex

Nationalfeiertag

Lese ich Nationalfeiertag von Bastien Vivès und Martin Quenehen, beschleicht mich ein nachgerade okkultes Gefühl, dass in der Lektüre mehr steckt, als mit bloßem Auge zu sehen ist. Das liegt vor allem am Künstler Bastien Vivès, der keine Gelegenheit auszulassen scheint, sich als Provokateur darzustellen, während er als professioneller Erzähler in manchen seiner Werke (nicht allen) doch so vernünftig, klug und zugewandt wirken kann. Dabei sind die Abgründe mannigfaltig.

Esmera

Angeblich konsumiert so gut wie niemand Pornographie. Da fragt man sich doch, warum die Pornoindustrie jedes Jahr Milliarden umsetzt. Falls die Produkte nicht gerade an kleine grüne Männchen verkauft werden, so liegt der einzig naheliegende Schluss doch darin, dass sich die meisten Konsumenten immer noch nicht trauen zuzugeben, dass sie pornographisches Material erwerben. Angesichts einer dauersexualisierten Gesellschaft ist das ein erstaunliches Phänomen. Denn Nacktheit und Anzüglichkeit ist allerorten zu sehen.

Sonnenstein 1

BDSM. Bondage, Dominance & Submission, Sadism & Masochism. Ein paar Buchstaben kürzen ein, was sich in unzähligen, miefigen Hobbykellern, „Clubs“ an den Stadträndern und Schlaf- und Hotelzimmern auf der ganzen Welt abspielt: sexuelle Praktiken außerhalb der Norm. Sollte das Ausleben sexueller Fantasien ursprünglich „dekadenten“ Kreisen des Adels vorbehalten sein und waren Orgien einst besondere Events im Schatten zur Verschwiegenheit verpflichteter Geheimgesellschaften, so ist die sexuelle Perversion nun im Mainstream angekommen. Nachdem die digitale Pornografie in den vergangenen beiden Jahrzehnten einer berechenbaren und aus dem Sport abgeleiteten Sexualität der Rubbel-, Stoß- und Züngelmeisterschaft den Weg geebnet hat, womit der Erotik weitgehend das Wasser abgegraben wurde, sind es jetzt deviante Sexpraktiken, ehemals dunkel und gefährlich, denen der Zahn gezogen wird. Schmerz und Ekel sollen nicht mehr provozieren, sondern lieber kitzeln und erheitern. Womit wir bei Sonnenstein wären.

Gay Manga: Fisherman’s Lodge

Ein alter Mann bewacht wie jedes Jahr den Winter über eine einsame Fischerhütte. Um ihn in der Zeit bei Laune zu halten, stellen ihm die Fischer üblicherweise eine Prostituierte zur Seite. Doch dieses Jahr muss er sich mit einem jungen Mann begnügen, der in die Schuldenfalle geraten ist. Ein Homo, versichern ihm die Fischer, das wird also schon! Anfangs alles andere als begeistert, entwickelt der Alte zusehends Gefühle für seinen Kompagnon …

Gay Manga: Gunji

Ein weiteres Gengoroh-Tagame-Werk aus dem Hause Bruno Gmünder verspricht erneut harte Muskelberge und reichlich deftigen Männersex. Interessanterweise ist die Titelstory hierbei für das japanische Magazin Kinniku Otoko (Muskelmänner) entstanden, ein Magazin, das sich gleichermaßen an schwule Männer wie an heterosexuelle Frauen richtet und dafür Erzählweisen aus dem Boys‘-Love-Sektor mit den bulligen Männertypen des Gay Manga kurzschließt. Dass das Pendel bei Tagame dann doch recht deutlich in letzere Richtung ausschlägt, ist natürlich nicht wirklich überraschend. Laut Eigenaussage im Nachwort hat Tagame zwar mehr Fokus auf die Romantik als auf die Pornografie gelegt, aber „Gunji“ ist dabei leider in etwa so romantisch wie ein Brecheisen, das einem gegen den Schädel gehämmert wird.