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Die Diebe von Karthago

149 bis 146 v. Chr. tobte der Dritte (und letzte) Punische Krieg zwischen dem antiken Stadtstaat Karthago und dem römischen Reich. Über drei Jahre hinweg belagerten die römischen Legionen die Mauern von Karthago, bevor die Stadt endgültig ihrem Untergang entgegensah. Szenarist Appollo stammt selbst aus dieser Region, dem heutigen Tunesien. Er platziert in jene Kriegswirren die beiden tollpatschigen Söldner Herodamus, ein Gallier, und Berkan, ein Numide. Durch eine zufällige Begegnung mit einer gerissenen und gleichsam hübschen Dame wird das Duo Teil eines spektakulären Raubzuges.

Cover Die Diebe von Karthago

© avant-verlag

Tara heißt die gute Frau, deren Weg sich dank eines Überfalls – und anschließender Entführung – mit dem der Antihelden dieses Comics kreuzt. Eigentlich ist sie im Auftrag einer Diebesgilde unterwegs, um während der Belagerung klammheimlich die Schätze des punischen Tempels zu stehlen. Von Herodamus und Berkan gefesselt und einer Vergewaltigung oder gar dem Tod entgegenblickend, zieht sie eilig Plan B aus der Tasche und instrumentalisiert ihre Peiniger, die sich als nicht weniger raffgierig entpuppen als sie selbst.

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Was folgt, ist ein teils amüsantes, überzeichnetes, teils aber auch realistisch gehaltenes Gaunerstück vor historischer Kulisse – eine Mischung aus Heist-Movie und Sandalenfilm. Ähnlich wie bei Richard Löwenherz, das eine ähnliche Grundstimmung und Motive verwendet, wird auch in Appollos Erzählung mit expliziter Gewaltdarstellung nicht gegeizt. Zwar sind die die Figuren in Die Diebe von Karthago nicht als anthropomorphe Tiere dargestellt, unschuldig und freundlich kommen sie jedoch alle mal daher. Insofern sollte man sich beim Durchblättern nicht von der angenehm runden Optik und der erdigen Buntstiftkolorierung täuschen lassen; die Geschichte in diesem Band führt, analog zum im Niedergang inbegriffenen Karthago, direkt in den Abgrund. Im Zentrum der stets präsenten Untergangsstimmung befinden sich natürlich zuvorderst die beiden Hauptfiguren, das Söldner-Duo, welches zwischen Blut und Chaos nur noch seine Haut zu retten versucht.

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Zeichner Hervé Tanquerelle (Professor Bell, Die falschen Gesichter) liefert hier eine tolle Arbeit ab. Gerade in den Szenen, in denen die unbedarft wirkenden Figuren auf die harte (Comic-) Wirklichkeit treffen, sind es die feinen grafischen Zwischentöne, die für ein angenehmes Lesegefühl sorgen. Der Bildsprache gelingt es, aus dem Album mehr zu machen als nur eine Erzählung über einen Gauner-Coup. Und auch mehr als einen ambitionierten, realistischen Historiencomic. Es ist die Verbindung von beidem, dass Appollos und Tanquerelles Kollaboration so reizvoll macht. Dass hierbei weder Realismus noch Humor auf der Strecke bleiben, ist ein mittelschweres Kunststück. Auf so nahbare Weise hat man die Antike selten mitverfolgen dürfen.

Autor und Zeichner wählten die richtige Formel für ihren Comic vor historischer Kulisse; brutal, ungeschönt, aber mit Platz für sanfte und humorvolle Töne

Die Diebe von Karthago
avant-verlag, 2015
Text: Appollo
Zeichnungen: Hervé Tanquerelle
Übersetzung: Annika Wisniewski
112 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 24,95 Euro
ISBN: 978-3-945034-23-1
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