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Währenddessen… (KW 6)

In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.

Stefan: Der erste Superman-Comic (Action Comics #1 ) feierte 2018 sein stolzes 80. Jubiläum und zugleich wurde das 1000. Heft der Serie veröffentlicht. Mit etwas Verzögerung erschien nun, 2019, im 80. Jubiläumsjahr Batmans, Action Comics Nr. 1000 mit extra fetten 100 Seiten und einem Künstler-Staraufgebot von Jim Lee über Dan Jurgens, Geoff Johns, Richard Donner und vielen mehr auch auf Deutsch. In einer Sammlung von jeweils circa zehnseitigen Kurzgeschichten werden verschiedene Facetten des Manns aus Stahl beleuchtet. Das ist auch und gerade für Leser anrührend, denen Superman sonst zu fade ist, weil er eben so super ist, also nicht so nahbar wie etwa Batman ist. Das reine Gute, den unzerstörbaren Glauben an Werte wie Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit in opulenten Bildern und berührenden Geschichten mitzuerleben, dürfte selbst die größten Zyniker berühren. Sehr schön ist auch der redaktionelle Teil, in dem Christian Heiß auf die Ausgaben 1, 100, 200 etc. zurückblickt. Gut möglich, dass Heft 1000 zu einem Sammlerstück wird, und selbst wenn es in 80 Jahren nicht 3.207.852 US-Dollar wert ist, wie es ein Action Comics 1 schon mal erzielt, dann sind Storys wie „Die ewige Schlacht“ und „Das Auto“ hervorragende Beispiele, wie komprimiert und emotional aufrüttelnd gute Comics sein können. Herzlichen Glückwunsch Superman und vielen Dank an Deine Schöpfer Jerry Siegel und Joe Shuster.

Christian: Schon wieder ein Jahr um. Seit einigen Jahren schon muss ich jedes Mal, wenn ich Geburtstag habe, an Hellblazer-Heft 63 denken, das erste Hellblazer-Heft, das unter dem Vertigo-Imprint erschienen ist. Die Folge hieß „Forty“ und handelt von Johns vierzigstem Geburtstag. Garth Ennis war gerade mal 23, als er die Folge schrieb, ich selbst war 20, als ich sie las und hatte keinen Schimmer, wie sich das anfühlen würde, 40 zu sein.

„Forty“ beschreibt das melancholische Lebensgefühl, das einen befällt, wenn die Kumpels nicht mehr wie früher jederzeit Lust auf Party haben und man selbst vielleicht zu phlegmatisch war, eine Party auszurichten. Wird überhaupt irgendwer an mich denken?  „Bugger it. Since when did I have a happy birthday anyway?“ schließt John seine trüben Gedanken ab und kauft sich zwei Flaschen Jack Daniels und Zigaretten und bereitet sich auf einen deprimierenden Abend allein vor. Doch kaum ist er wieder daheim, sind da – Surprise – ganz viele Überraschungsgäste. Der alte nordische Lord of the Dance, dem John ein paar Hefte zuvor aus einem Stimmungstief half, hat ein paar alte Bekannte zusammengetrommelt, mit dabei eine Palette Büchsenbier, und schon steigt die schönste kleine WG-Sause – und ich bin mir sicher, dass das eine exakte Wiedergabe von Garth Ennis‘ Privatleben zu jener Zeit war, das wir hier auf den 24 Seiten eines amerikanischen DC-Comics zu sehen bekommen. Keine schlechte Leistung für einen jungen Bengel aus Belfast, das durch die Verlagstür dieses großen Hauses zu bringen.

Einfach schön zu lesen, wie in „Forty“ John Constantines Working ClassKumpels und ein paar bekannte DC-Nebenfiguren in schöner Eintracht eine gute Zeit haben. Nett auch der Auftritt des Swamp Things, das sich in einem Stück Brokkoli manifestiert und John sogleich die Einladung zur Party vor die Nase hält, adressiert an „Mr. S. Thing, The Swamp“. John hätte nie damit gerechnet, das Swamp Thing an diesem Tag zu treffen, aber da er dessen Superkraft, Pflanzen zu raschem Wachstum zu verhelfen, kennt, schickt er mal schnell seinen Kumpel Nigel nach Hause, damit der seinen verkümmerten Marihuanabaum bringt. („So ein Swamp Thing hätte ich auch gerne“, hat ein Freund damals zu mir gesagt, als ich ihm das Heft zeigte.)

Ansonsten gibt es in „Forty“ noch einen Gastauftritte vom Phantom Stranger, dem John versehentlich auf die Füße pinkelt, und auch Zatanna ist dabei, die hübsche Zauberin, die ihre Sprüche immer rückwärts aufsagt. Garth Ennis lässt sie ein unschuldig besoffenes „M’I tuo fo ym ecaf“ sagen, während Johns Kumpel Nigel die Dämonin Ellie angräbt: „Lissen, I love you. You’re bew’ful …“, darauf Ellie, „You’re playing with fire. Little boy.“

Ich halte ja Garth Ennis‘ ereignislose kleine Geburtstagsstory für einen der Höhepunkte der letzten 30 Jahre amerikanische Comics. Hier muss nicht auf Teufel komm raus ein Plot vorangetrieben werden. Stattdessen gibt man den Figuren einfach ein bisschen Raum und lässt sie atmen und sich entfalten. Aber auch das wäre nur halb so schön ohne den unnachahmlichen Stil von Steve Dillon, den ich gerade eben wieder ganz heftig vermisse.

Aber so wie John wird’s mir nicht gehen, denn ich hab vorsichtshalber ein paar Leute zum Geburtstag eingeladen. Statt Marihuana gibt’s allerdings Kaffee und Kuchen, statt Büchsenbier Flaschbier, und ein Abendessen gibt’s außerdem. Aber ebenso wie bei John wird die Party sicher in der Küche enden, „where it’s just two blokes and a bottle of whiskey …“.

Niklas: Letzte Woche kam Mage Initiation raus, ein Adventure-RPG-Hybrid im Style der Quest for Glory-Serie, deren spiritueller Nachfolger Hero-U mich letztes Jahr begeisterte. Von Mage Inititation hatte ich mir ein ähnliches Gefühl der Begeisterung erhofft. Tja, das Spiel war … gut. Ich habe 21 ½ Stunden zum Durchspielen gebraucht und bekam ein solides Spiel mit zwar schrecklichem Kampfsystem, aber guten Rätseln. Das Konzept, verschiedene Magieschulungen dazu zu nutzen, die Aufgaben auf unterschiedliche Art zu lösen, finde ich immer noch interessant, aber irgendetwas fehlte mir beim Spielen, obwohl die Story solide und die Welt interessant war.

Dieses „Etwas“ entdeckte ich, als ich kürzlich knapp zehn Stunden in der Welt von Quest for Infamy verbrachte, das 2014 erschien und seit geraumer Zeit auf meiner Festplatte verstaubte. Das Spiel steht ebenfalls in der Tradition von Quest for Glory, allerdings ist das Spiel düsterer und fieser als die Vorlage. Ich spiele den Schurken Roehm, einen Lustmolch, Schläger und egoistischen Dieb, der trotzdem über ein raues Charisma verfügt, das ihn interessant zu spielen macht. Als er wegen seiner Geilheit vor einem wütenden Baron fliehen muss, landet er im beschaulichen Städtchen Volksville, in der Sheriff Rayford mit harter Hand die Ordnung aufrechterhält. Da ein Mann von irgendwas leben muss, entscheide ich mich für einen von drei Pfaden: den Pfad des Straßenräubers (Kämpfer), den Pfad des Diebes (Name ist Programm) oder den Pfad des (dunklen) Magiers. Alle drei Klassen bieten unterschiedliche Herangehensweisen an die Aufgaben im Spiel. Ich habe die Geschichte bisher nur als Straßenräuber beendet, aber was ich so vom Magier gesehen habe, gefällt mir gut.

Quest for Infamy bietet solide Rätsel und erlaubt mir, ohne Zeitdruck mich meinen Aufgaben zu widmen, was mir Zeit gibt, die interessante Welt zu erkunden, die die Entwickler da präsentieren. Es ist ein interessantes Szenario, das klassischen Gothic Horror mit rauer Fantasy und viel schwarzem Humor mischt. Ein paar Anachronismen wie Anzüge und Monokel in einer mittelalterlichen Welt tauchen ebenfalls hier und da auf, eine weitere Hommage an Quest for Glory, in der diese Brüche mit dem Szenario ein gewolltes Stilmittel für Humor waren. In Quest for Infamy wird das mit dem Szenario erklärt und der Hintergrund soll wohl in späteren Teilen vertieft werden. Wenn ich etwas zu kritisieren habe, dann, dass das Kampfsystem unterwältigend ist, da ich zwar immer wieder einen Knopf drücke, aber keine Ahnung habe ob der Hieb oder der Stich wirklich etwas bewirkt haben. Das System scheint mehr vom Zufall denn von meinem Können zu leben, was mir als Spieler eines kämpfenden Charakters doch sauer aufgestoßen ist. Die Synchro der einzelnen Figuren ist auch durchwachsen, da viele Figuren von Fans gesprochen wurden, die sehr im Talent und in der Qualität ihrer Mikrofone schwanken. Wenn die Sprecher aber gut sind, dann sind sie richtig gut. Unfreiwillig komisch sind aber auch die Lippenbewegungen der Portraits mancher Charaktere, die mich an schlechte Holzpuppen erinnern. Man merkt halt, dass das Spiel mit einem kleinen Budget auf Kickstarter finanziert wurde.

Es sind letztendlich die Figuren, die mich dazu motivieren, in diese Welt zurückzukehren. Obwohl der Ton zwischen düster und satirisch schwankt, sind die Figuren richtige Menschen mit Problemen und Nöten, die nicht nur dazu dienen, Opfer von Roehms derben Scherzen zu werden. Und unser Hauptcharakter mag zwar manchmal ein zynischer Bastard sein, aber er ist nicht unnötig grausam. Wie gemein er ist, kann ich meistens selber entscheiden, aber die meiste Zeit möchte er einfach in Ruhe gelassen werden, wodurch er mit Bravour zu einem Charakter wird, mit dem ich mich noch identifizieren kann, ohne dass ich vergesse, dass er ein Schurke ist. Vielleicht ein Schurke mit einem polierten Herzen aus Bronze, aber immer noch ein Schurke. Bald soll ein Prequel in Form eines Adventures erscheinen. Ich drücke die Daumen, denn jetzt bin ich angefixt und möchte noch mehr Zeit in der Welt von Quest for Infamy verbringen. Selbst, wenn ich am Ende wieder nur zehn Stunden zum Durchspielen brauche.

Was habt ihr diese Woche gekauft, gesehen, gelesen, gespielt? Postet eure Bilder, Geschichten und Links einfach in die Kommentare.

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