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Währenddessen… (KW 51)

Weihnachten ist fast vorbei, die Plätzchen werden langsam zäh. Deswegen geht Währenddessen heute über zwei besonders toughe Cookies.

Christian: Auch in der vierten Staffel ist die Reihe The Marvelous Mrs Maisel (Amazon-Prime) unübertroffen gut. Die zahllosen Verwicklungen auch nur annähernd in einer Inhaltszusammenfassung zusammenzufassen überfordert völlig, deswegen zähle ich stattdessen ein paar markante Schlaglichter auf:

Staffel 1 erzählt vom Aufkommen einer neuen Stimme auf dem Feld der Stand-up-Comedy in den ausgehenden 1950er Jahren, wobei Miriam Maisel aber nicht nur Eindruck in der Stand-up-Szene macht, sondern vor allem ihr Familienleben ordentlich auf den Kopf stellt.

Staffel 2 spielt im Milieu von Dirty Dancing, den Catskills. Dort befinden sich die Urlaubsressorts der New Yorker Juden, dort machen auch die Figuren in Art Spiegelmans Maus Urlaub, dort fahren auch die Maisels hin. Soziale Kontrolle ist in den Catskills ein Selbstläufer, soziale Ausreißer wie Mrs Maisel fallen sofort auf. Verwicklungen garantiert.

In Staffel 3 scheint Miriam Maisel angekommen zu sein im Showbiz. Im Vorprogramm des Soul-Sängers Shy Baldwin muss sie sich erstmals keine Sorgen um Auftrittstermine machen. Aber Stand-Up-Comedians haben den gefährlichsten Job der Welt. Sie müssen provokante Dinge sagen, um Aufmerksamkeit zu erregen, machen sich damit aber permanent angreifbar – wer hier nicht die Spannung sieht, weiß nicht, was Spannung ist.

Für Comicfans ist die erste Folge der Staffel 3 eine visuelle Offenbarung: Wenn Miriam Maisel vor den US-Truppen auftritt sieht sie zwischen den Soldaten aus wie Poison Ivy aus Berthets Pin Up, bzw. wie Milton Caniffs Miss Lace aus Milton Caniffs Male Call, das Milt im zweiten Weltkrieg unentgeltlich zur Unterstützung der Truppen gezeichnet hat. Und es würde mich schon sehr wundern, wenn den Verantwortlichen nicht Will Eisner’s Soldatenstrips aus dem Army Magazine Preventive Maintenance bekannt wäre.

Aber Mrs Maisel hat‘s verbockt mit Shy Baldwin. Staffel 4 bringt neue Herausforderungen und Mrs Maisel ist jetzt Ansagerin in einer Burlesque-Show. Ihre Muse Lenny Bruce – berühmter amerikanischer Comedian und seit Folge 1 in der Serie – taucht wieder auf und inspiriert Miriam neu, und irgendwann sieht Miriam beiläufig etwas in dessen Tasche, von dem er ebenso beiläufig sagt, es sei nicht, wie sie denkt und er habe das in Griff. Ich schätze sehr, dass Staffel 5 auch Lennys Drogenmissbrauch thematisiert. Mrs Maisel handelt eben immer auch vom Tanz am Abgrund. Deswegen ist die Reihe ja so gut.

The Original Poison Ivy (c) Milton Caniff.

https://www.daserste.de/unterhaltung/film/filme-im-ersten/sendung/als-hitler-das-rosa-kaninchen-stahl-100.html

Christian: Ein ganz zäher Keks ist auch die kleine Anna in Caroline Links Film Als Hitler das rosa Kaninchen stahl, am ersten Weihnachtsfeiertag in der Free-TV-Premiere gesehen (ARD-Mediathek-Link hier). Caroline Links Filme zeichnen sich immer sehr dadurch aus, dass die Regisseurin schwere Themen auf eine leichte Art und Weise erzählt, das ist bei der Geschichte um die Familie Kerr, die vor den Nazis aus Deutschland flieht, nicht anders. Bemerkenswert ist, dass die Kinder der Kerr-Familie nie den Mut verlieren und bei allem Frust, wenn sie mal wieder umziehen müssen – erst in die Schweiz, dann Paris, dann London – sich immer wieder neu erfinden und lernen, sich anzupassen. Aber es gelingt dem Film, deutlich zu machen, dass es einen hohen Preis kostet, den Optimismus nie zu verlieren. Caroline Link arbeitet solche Nuancen sehr sorgfältig heraus.

Ich mochte auch das Buch schon immer, aber auch die Verfilmung überzeugt. Vor allem die Ausstattung und die Orte haben mich begeistert, die Liebe zum Detail ist stets sichtbar, ohne dass man sich davon überwältigt fühlt. Auch von der Farbpalette her holt mich der Film ab. Vor allem Comics zeigen die Ära ja gerne in Farben von grau bis matschbraun, was eine sofortige Distanz zum eigenen Erleben erzeugt. Dabei war das Gras damals genauso grün wie heute. Das vergisst man gern.

 

 

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