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Währenddessen… (KW 48)

In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.

Bilder aus dem LTB 539, © Egmont Ehapa Media

Christian: Mit dem Lustigen Taschenbuch ist es ein bisschen wie mit dem Tatort: Es findet sich viel solide Standardkost darin, die keinen überfordert, andererseits aber auch immer wieder formale und inhaltliche Experimente, die tatsächlich begeistern.

Die Tatort-Hommage im neuen LTB (Nr. 539) gehört leider zur ersten Sorte und bietet eher gepflegte Langeweile. Ihren Charme bezieht die routiniert von Fleming Anderson in Szene gesetzte Story allein daraus, dass viele Tatort-Kommisare darin ein kleines Cameo haben, der Rest sind schale Witzigkeiten und eine mehr oder weniger unspannende Story mit Donald als den Depp vom Dienst. Kindern gefällt sowas natürlich trotzdem und die Erwachsenen dürfen das Tatort-LTB ähnlich neckisch finden wie die Nürnberger ihren Albrecht Dürer als Playmobil-Figur. Medienaufmerksamkeit gab’s außerdem und die zahlreichen Schauspieler, die sich allesamt wiedererkennen dürfen, finden das sicher knuffig. Das Beste an der Tatort-Hommage ist jedoch die erste Seite, die den klassischen Vorspann mit dem Auge, dem Fadenkreuz und den rennenden Füße duckifiziert. Man hat sofort den Doldinger im Ohr.

Hört ihr auch den Doldinger?

Wer jedoch das Experimentelle, Mutige und Moderne sucht, was das LTB seit Jahren zur wichtigsten Disney-Publikation hierzulande macht, der ist mit „Das Imperium des Konditors“, der zweiten Geschichte im Buch, weitaus besser bedient. Schon erzählerisch beginnt die Story mutig, wenn der Autor Francesco Artibani die ersten 12 Seiten erst einmal völlig unbekannte Figuren einführt, bevor zum ersten Mal Herr Maus ins Bild kommt. Wenn die italienischen Topolino-Macher innovativ erzählen, dann sind natürlich meistens auch die Zeichnungen in einer anderen Liga: Man beachte nur mal die Art und Weise, wie Zeichner Giampaolo Soldati gleich zwei Autoverfolgungsjagden in Szene setzt und dabei den Figuren echte Emotionen entlockt. Überhaupt setzt Giampaolo Soldati nahezu jedes Panel in einer visuell schmeichelnden Perspektive in Szene, so dass die Lektüre ein echtes Vergnügen ist. Auch in dieser Story sind zahlreiche Anspielungen versteckt, aber subtil, nicht mit dem Holzhammer wie in der Tatort-Story. Darüber hinaus wird ein Sinn für echte Gefahr spürbar: Die Autounfälle wirken gefährlich und die Schurken der Story drohen ihren Feinden, sie in Beton zu versenken – so erzeugt man Spannung. Gleichwohl ist die Story nicht leichtfertig brutal, sondern natürlich weiterhin für alle Altersgruppen interessant. Aber eben: Für alle Altersgruppen. Mir hat sie ein sehr zufriedenes Lächeln ins Gesicht gezaubert.

Wow. Francesco Artibani und Giampaolo Soldati sind auch in der Lage, Micky Maus-Sequenzen ohne Worte zu gestalten. Klamauk sucht man hier vergebens. Hintergründigen Witz gibt es dagegen schon.

Auch die konventionell gehaltene Phantomias-Geschichte, in der die Abenteuer des Superhelden mit Dussel in der Hauptrolle verfilmt werden sollen, hat hintergründigen Witz, wenn der Regisseur im besten Guerilla-Stil ohne Drehgenehmigung – wie Friedkin damals 1972 – die Stadt unsicher macht und sich daraus eine witzige Handlung entwickelt, die mit einem tatsächlich überraschenden Twist aufgelöst wird. Eine federleichte Story ohne Worte zählt ebenfalls zu den Glanzlichtern im Buch, ebenso eine poetische Micky-Maus-Story, in der endlich mal wieder Kater Karlos Trudi zu sehen ist. Unterm Strich ist aber schon allein die vierzigseitige Krimistory von Artibani und Soldati die Anschaffung des neuen LTB wert. Die Tatort-Fans dürfen natürlich trotzdem ihre Freude an der Story „Taxi nach Entenhausen“ haben (Zeichnungen von Fleming Anderson, Story von Staphanie Bens, Peter Höpfner und Gorm Trangaard).

Niklas: Vor ein paar Monaten habe ich das Roguelite Star Renegades von Massive Damage erwähnt, das im September endlich erschien. Gleich zum Release habe ich es gekauft und begab mich auf die Reise in ein durchgedrehtes Science-Fiction Universum, das von einem bösartigen Maschinenimperium bedroht wird. Zur Verteidigung rekrutiere ich Mitglieder für eine Spezialeinheit, die „Star Renegades“, die natürlich nur aus den Besten der Besten bestehen sollte. Leider sind diese aber wohl beim ersten Angriff beseitigt worden, sodass meine Truppe sich stattdessen aus religiösen Robotern, Assassinen mit Neurosen und  narzisstischen Piraten aus dem Klonlabor zusammensetzt. Irgendwie werden wir es schon schaffen, wir müssen es nur immer wieder versuchen. Immer wieder und wieder und wieder.

Star Renegades‘ Gameplay ist um rundenbasierte Kämpfe aufgebaut, in denen es vor allem darum geht die richtige Kombination aus Figuren und Fähigkeiten einzusetzen. Denn es bringt nichts, nur große Haudraufs dabeizuhaben, die zwar gut austeilen, aber auf Grund ihrer Behäbigkeit erst spät drankommen. Eine Truppe aus schnellen Fliegengewichten, die aber keinen Schaden machen, ist auch von Nachteil. Die richtige Kombination macht es halt, vor allem da auch unterschiedliche Gegnertypen aufmarschieren und mindestens die gleichen Fähigkeiten besitzen wie meine Renegades. Spätestens bei den Endbossen am Ende jedes Abschnitt, sollte sich meine Truppe eingespielt haben.

Das Spiel ist fordernd, aber bestraft mich nicht durch eine Niederlage, weil ich dann gesammelte Ressourcen einsetzen kann, um mir bessere Kämpfer und Startequipment zu kaufen.  Irgendwann finde ich auch die richtige Truppe, mit der ich das Spiel dann endlich mal durchspiele, auch wenn es in meinem Fall 70 Stunden brauchte, bis dieser Fall endlich mal eintraf.

Am Ball halten mich vor allem die Persönlichkeiten meiner Renegades, die vor allem bei Gesprächen am Lagerfeuer zum Vorschein kommen. Durch spezielle Karten lassen sich die Beziehungen zueinander vertiefen, was von tiefer Freundschaft bis hin zu wahrer Liebe führen kann. Die Texte lesen sich nicht nur unterhaltsam, sondern bringen auch Statusveränderungen und Kombos mit sich, die den Kampf wesentlich vereinfachen. Derzeit gibt es vierzehn Charaktere, es sollen aber weitere hinzugefügt werden.

Vom Gameplay her ist Star Renegades eines der besten Spiele, die ich je gespielt habe. Die Mischung aus Rundenkämpfen und vielfältigen Gruppenkombinationen stimmt und ich bin zum immer wieder Durchspielen motiviert. Schade finde ich aber, dass die Geschichte nach einem aufregenden Start verflacht und danach bis zum Finale auf dem Mutterschiff nicht mehr viel passiert. Massive Damage kann eigentlich ein spannendes Garn mit wenig Mitteln erzählen, das haben sie ja schon mit Halycon 6 bewiesen. Die Entwickler haben jedoch große Pläne, unter anderem noch mehr Figuren und Nebenquests für die Charaktere, vielleicht kann man in denen dann das nachholen, was mir derzeit noch fehlt. Bis dahin spiele ich noch mal 70 Stunden, um Star Renegades ein zweites Mal zu schaffen.

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