In Währenddessen tanzen heute Disney-Figuren und Skelette.
Niklas: Ich passe mich heute mal dem Format an und fasse mich kurz. Die seit 2013 erscheinenden Micky Maus – Shorts sind einfach wunderbar. Sie geben dem Nager mit der roten Hose endlich mal wieder eine Persönlichkeit, sind kreativ und meistens dann vorbei, wenn der Höhepunkt erreicht wurde. Schön ist auch, dass auch Minnie in der Serie endlich ihre eigene Persönlichkeit bekommen hat und mindestens genauso durchgeknallt ist wie ihr ewiger Verlobter. Dass die beiden sich gegenseitig anbeten, rundet das Ganze einfach nur ab und daher ist es schön, dass Disney diese Schätzchen zugelassen hat. Nur Goofy nervt weiterhin, aber der war ja nach all den Unfällen in seinen Filmen nie wieder derselbe.
Und hier ist ein Link, (c) Disney Plus.
Christian: Unsere Privat-Fernsehsender nerven ja mitunter. So ist derzeit die Wahrscheinlichkeit ziemlich hoch, dass man eine Folge Bones zu sehen bekommt, sobald man aus Versehen Vox anwählt. Aus dieser nervtötenden Omnipräsenz auf die Qualität zu schließen könnte der Serie allerdings Unrecht tun. Ich sehe mich gerade wieder durch meine gesammelten Bones DVD-Boxen, bin inzwischen bei Staffelfinale der dritten Season und wieder sehr überzeugt: Das ist mal echter Qualitätsmainstream.
So richtig echt sind die Figuren aber nicht: Die Bestsellerautorin und forensische Anthropologin Temperance Brennan, die ständig ihre überragende Rationalität und Genialität zur Schau stellt und nie checkt, wie arrogant das eigentlich ist, bis dann doch regelmäßig die Fassade bröckelt und der Mensch darunter zum Vorschein kommt; FBI-Special Agent Seeley Booth, gespielt von „Angel“ himself, David Boreanaz, ein eher ignoranter all-American Macho und völlig unreflektierter Christ, der sich ständig an der rationalen Temperance abarbeitet, was in jeder Folge zu lustigen Wortgefechten führt; Dr. Hodgins, der geniale Forensiker, der an Verschwörungstheorien glaubt und sein Kollege, der verspulte Doktorant Zack Addy, dessen größter Feind er selbst ist; der Psychologe Dr. Sweets, der die Beziehung zwischen Temperance und Agent Booth zu ergründen versucht und eigentlich bloß Teil des Teams sein will; der Psychologe Gordon Wyatt, gespielt von Stephen Fry, den Booth auf dienstliche Anweisung hin besuchen muss, weil er in fehlgeleiteter Aggression auf eine Clownsfigur geschossen hat; die umwerfende Künstlerin Angela Montenegro, die mal nebenbei geheiratet hat und dies so lange verdrängt, bis ihr das ganze um die Ohren fliegt und deren Vater tatsächlich Billy Gibbons von ZZTop ist, der genüsslich ein Klischee von sich selbst spielt. Es gebe noch reichlich schrille Figuren zu nennen, aber ich muss mich kurz fassen. Auch das ausschweifende Beziehungsgeflecht der Forensiker untereinander empfiehlt sich eher nicht an echten Arbeitsplätzen nachzuleben, am Institut der Serie Bones dagegen ist das ein effektiver erzählerischer Shortcut und Auslöser für unzählige unterhaltsame Soap-Episoden.
Jede Krimifolge ist gleichzeitig Thriller und großartige Komödie, wenn der Spaß auch eher beiläufig mit dabei ist. Ethisch ist es, auch wenn es oft sehr menschelt in Bones, ja furchtbar fragwürdig, wie unangemessen sich die Figuren in Gegenwart von Leichen benehmen und die professionelle Abgebrühtheit ist schon machmal heavy, aber der Geisterbahncharakter vieler Folgen ist einfach zu schön, als dass man nicht dabeisein möchte. Zudem hat die Serie Bones den wohl besten Leichendesigner /Maskenbildner aller Zeiten engagiert – jede Folge übertrumpft die vorhergehende noch mit makabren Toten, Skeletten und Mordopfern, was selbst Walking Dead blass aussehen lässt, weil dort repetitiv wirkt, was bei Bones immer aus Neue originell ist. Das ist saftig und matschig, da wuseln mehr Maden als in Fulcis Glockenseil-Zombie in schwelgerischer Detailfreude und es ist sogar der filigranen Detailarbeit und der Haptik ebenbürtig, die Jörg Buttgereit in seinen Nekromantik– und Todesking-Filmen an den Tag legte. Inhaltlich jedoch trennen Bones-Folgen Welten von Buttgereits Filmen: Während Jörg Buttgereit in seinen Filmen eher einen bewusst-ethischen Ansatz verfolgt, der interessanterweise viel eher vor den Kopf stößt, sind Bones-Folgen oft nur hemmungslos frivol. Kein Wunder, dass das im Mainstream-TV läuft. Die Serie ist aber auch wirklich hemmungslos unterhaltsam und manchmal auch ganz schön fies.