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Währenddessen… (KW 12)

Christian hat sich Dredd-3D von 2012 angesehen. Hier ist seine Meinung.

(c) DNA Films

Dredd 3D. Schon die ersten Bilder und die ersten Klänge setzen die Grundierung der Judge Dredd-Verfilmung von 2012. Dunkle, treibende Beats sorgen von der ersten Minute an für Adrenalin, die erste Straßenverfolgungsjagd schafft die passenden Bilder dazu. Nach ein paar Sekunden wird ein Passant erfasst und bleibt als Roadkill zurück (verursacht von den Schurken, dem Richter Dredd passiert sowas nicht), dann die unvermeidliche Unfallszene: Der letzte Überlebende versucht, sich davonzustehlen, aber dann kommt Judge Dredd und hat seinen besten Clint Eastwood-Moment, als er sich mit vorgehaltener Waffe über ihn stellt und ihm seine Vergehen und Rechte aufzählt; do you feel lucky, punk? Die Stimmung ist gesetzt.

Karl Urban verkörpert Judge Dredd mit angemessenem No-Shit-Stoizismus, während der Film nicht rumeiert, sondern schnell zur Sache kommt. Muss er auch bei einer Laufzeit von knapp über 90 Minuten, was das beste ist, das diesem Film passieren konnte. Keine aufgeblasenen Plot-Twists, Nebengeschichten oder gestreckte Showdowns. Keine deepe Pseudo-Philosophie oder gar Ethik wie bei Dark Knight, obwohl am Ende die Probleme doch wieder nur mit Gewalt gelöst werden. Schnell-rein-schnell-raus ist die Gangart des Films. Das steht ihm gut.

Die Satire indessen und der Fun bleiben auf der Strecke, denn die Judge Dredd-Comicvorlage ist ja eher lustig und überzeichnend. Drehbuchautor Alex Garland meinte zwar, dass es sich für ihn immer etwas verboten anfühlte, wenn er als 12-jähriger Judge Dredd las, so als würde man einen Film ab 18 sehen, trotzdem sind die Comics in der Tonart anders. Der Film dagegen ist extrem dark und der Gewaltlevel lässt nach den ersten Minuten auch nie nach. Judge Dredd-Autorenlegende John Wagner und Alex Garland sind sich in dem der BluRay beiliegendem Interview einig, dass man in den Judge Dredd-Comics jede Art von Geschichte erzählen kann, einen Kommentar zu faschistischer Polizeigewalt ebenso wie eine geradlinige Actionstory, Satire oder brachiale Comedy. Im Film jedoch war es angeraten, sich auf eine Richtung festzulegen. Da war die Actionshooter-Variante in streng abgegrenzter Szenerie naheliegend, hier in Form eines Hochhausblock, der direkt einem Albtraum von J.G. Ballard entsprungen sein könnte. Eine hemmungslose Drogengang gibt hier den Ton an, trotzdem leben hier Menschen aller Couleur. Nur mit den Richtern sollten sie besser nicht sprechen.

Ob es eine vertane Chance ist, dass Judge Dredd hier doch als sehr positiv gezeichnete Figur auftritt? Aber gegen die kalte Drogenbaronin Ma-Ma braucht es rigorose Figuren wie ihn. Ma-Mas normaler Umgang ist es, Verrätern die Haut abzuziehen und als Warnung aus dem obersten Stockwerk auf die Straße zu werfen, wobei diese zuvor noch mit der Droge Slo-Mo vollgepumpt werden, mit der man alles in extremer Zeitlupe wahrnimmt. Vielleicht sorgt die sedierende Wirkung der Droge aber ja dafür, dass man alles aus Distanz und euphorisiert wahrnimmt, was der Grausamkeit der Strafe eine völlig andere Drehrichtung verleiht. Alex Garland ist es zuzutrauen, dass er genau so einen Mindfuck auch beabsichtigt hat.

Anderson, die Frau mit PSI-Power.

Anyway, gut dass Judge Dredd mit der Bande aufräumt. Sobald er und seine Rookie-Assistentin Anderson, eine Mutantin mit Psi-Power, den Block betreten haben, wird aber das Sicherheitssystem von Ma-Mas obersten IT-Experten gehackt und das komplette Gebäude mit Atombunker-Beton-Jalousien verdunkelt und abgeriegelt. Wer immer der Polizei nun Unterschlupf gewährt, soll drakonisch bestraft werden, tönt es aus der Beschallungsanlage, die Jagd ist eröffnet: ab jetzt wird der Tower pulverisiert wie damals ‘88 der Nakatomi-Tower.

Anders als Sylvester Stallone im ersten Judge Dredd-Film von 1995 nimmt Karl Urban im ganzen Film nie die Maske ab. Dennoch trägt seine Mimik, sein stubble chin, die Mundparty und Körpersprache in jeder Sekunde die volle Autorität des Amts. Auch die Beziehung zu Cassandra Anderson ist mit wenigen Szenen klar definiert. Anderson ist eine Judge-Anwärterin, die den Test um drei Punkte nicht bestanden hat, wegen ihrer außerordentlichen Psi-Kräfte aber noch eine Chance bekommt, Judge Dredd dagegen ist der Mann, der jederzeit und immer auf Regeln pocht, denn wo kämen wir sonst hin? Natürlich ist Anderson, gespielt von Olivia Thirlby, das Herz des Films, ihr dezenter Idealismus und Dredds Sturheit ergänzen sich und haben genügend Potenzial für weitere Stories. Leider wurde das mit den Fortsetzungen ja nichts, aber vielleicht klappt das ja 2024 mit der Netflix-Serie Mega City One. Bitte gerne auch mit etwas weniger Ultra-Violence.

 

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