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Währenddessen… (KW 10)

Niklas hat Buffalo Runner wieder ausgegraben.

Niklas: Einer meiner liebsten Texte auf Comicgate wird immer die Rezension zu Tiburce Ogers Buffalo Runner sein. Kollege Vogt beschrieb damals sehr anschaulich, warum sich dieser intensiv recherchierte Western zu lesen lohnt.

Auf knapp achtzig Seiten bekommen wir die Biographie des fiktiven Cowboys Edmund Fishers zu lesen. Es ist keine schöne Geschichte. Fishers Leben ist geprägt von Niederschlägen. Ab und an gibt es ein paar Lichtblicke, aber ob die Hauptfigur nun Cowboy, Fährtensucher oder Leibwächter ist, am Ende ist er immer ein armer Schlucker. Fisher erzeugt Leid, indem er den Native Americans ihre Lebensgrundlage, die Bisons nimmt; die rächen sich, indem sie seine Familie töten; er rächt sich indem er der Armee hilft; am Ende erzeugt Gewalt nur noch mehr Gewalt und die Armen machen sich das Leben zum Alptraum. Trotz alldem ist Fisher kein gewalttätiger Irrer oder gebrochene Sagengestalt, sondern einfach nur ein Mann, der das Beste zu machen, vielleicht sogar Gutes zu tun versucht. Große Visionen für die Zukunft hat er nie. Träumen können nur die mit Geld, er muss leben.

Buffalo Runner wird nicht nur von der bewegenden Narration, sondern auch von seiner traurigen Atmosphäre getragen. Die alten Western erzählten von romantischen Heldenfiguren, die nur aus Abenteuerlust die Welt beritten. In Wirklichkeit war es die Suche nach Sicherheit, Stabilität oder etwas zu Beißen, was die Leute in die Einsamkeit der Westküste trieb, alles Dinge, die den Siedlern in den dichter besiedelten Gebieten nicht geboten wurden. Sie werden nie ihre Ruhe finden. Nach ihnen folgen die Reichen und Industriellen, die davon träumen, die Steppen der Bisons und Jagdgebiete der Native Americans in ihre eigenen kleinen Reiche zu verwandeln, von denen sie aus ihre Fantasien von Allmacht und verklärter Naturliebe ausleben können. Auch sie sind auf der Suche nach der perfekten Welt, aber da es immer Menschen gibt, die dir dazwischen kommen, wird diese Suche niemals enden. Buffalo Runner zeigt gut, dass der Mensch nie ganz erfüllt sein wird, genau wie der Schmerz alter Wunden nie verheilt. Man lebt eben, mehr nicht.

Jedes Mal wenn ich diesen Comic lese, bewundere ich das einwandfreie Storytelling und die Kolorierung und bleibe am Ende mit einem Gefühl der Traurigkeit zurück. Die Geschichte mag erfunden sein, aber sie fühlt sich real an, denn all die schrecklichen Dinge in diesem Album sind tatsächlich passiert. Trotzdem reitet Fisher wieder weiter, wie in den alten Western. Nicht weil er will, sondern weil er muss. Ein Teil von mir wünscht ihm, dass sich sein Traum von einem Zuhause am Ende erfüllen würde. Aber das konnte er sich nie leisten. Dazu war er zu sehr damit beschäftigt zu überleben.

 

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