In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.
Niklas: Letztes Jahr veröffentlichten Judith und Christian Vogt den Endzeitroman Wasteland. Die Zivilisation ist mal wieder zusammengebrochen: Blutrünstige Banden machen das europäische Ödland unsicher, aber auch friedliche Kommunen können sich etablieren. Die reisende Händlerin Laylay und der bipolare Zeeto finden in dieser zerstörten Welt langsam zueinander. Dann taucht ein geheimnisvolles Baby auf und beide werden in finstere Ereignisse hineingezogen, die ein neues Licht auf die Zeit vor der Apokalypse werfen.
Beschränkt man Wasteland nur auf seine Handlung, liest sich das Buch mehr wie der Anfang einer neuen Reihe. Die Vögte verbringen viel Zeit damit, das postapokalyptische Ödland aufzubauen und die alternativen Gesellschaftsmodelle von Hopern (friedliebenden Kommunen) und Toxxern (die Banditen aus Mad Max) vorzustellen. Dazwischen gibt es viel Action und Interaktion zwischen den beiden Hauptfiguren, deren zarte Romanze für mich der interessanteste Teil des Buches war. Der Teil, den sie getrennt verbringen, hat für die eigentliche Geschichte eigentlich keine Relevanz und erst im letzten Drittel werden die brach liegenden Handlungsstränge wieder aufgenommen. Trotzdem hilft der Mittelteil, die Welt greifbar und real zu machen.
Es sind aber Laylay und Zeeto, die das Buch wirklich zu etwas Besonderen machen. Die beiden jungen Menschen müssen nicht nur mit Hunger, Gewalt und mangelnden Ressourcen, sondern auch mit ihren neurologischen Krankheiten klarkommen, die ihr Leben bestimmen. Beide brauchen Medizin, von der es nicht viel in dieser Welt gibt und sind daher noch mehr auf ihre Familien angewiesen, die sie in Sicherheit wissen wollen, aber ihnen gleichzeitig damit auch die Möglichkeit nehmen für sich zu entscheiden und zu leben. Gleichzeitig beeinflussen die Krankheiten auch über die Medikation hinaus ihr Verhalten, was die Interaktion miteinander und dem Rest der Welt umso mehr erschwert. Trotzdem wollen sie ihr eigenes Leben leben, denn sie sind jung und haben in dieser Welt noch Hoffnung, was man halt so fühlt, wenn man zwanzig ist und die Welt noch erkunden will.
Wasteland ist eine Geschichte, die fragt, ob man noch selbstbestimmt sein kann, wenn man so sehr von den Erzeugnissen anderer abhängig ist. Gleichzeitig ermutigt die Geschichte, trotzdem seinen eigenen Weg zu finden. Der Roman macht klar, dass Laylay und Zeeto als Menschen genauso viel wert sind wie jeder andere und deswegen fordern sie auch ihr Recht auf ein gleichberechtigtes Leben ein.
Stilistisch ist Wasteland das beste Buch der Vögte, da sie hier zwei Erzählperspektiven im Präsens wählen. Damit bleibt das Lesererlebnis sehr direkt und man befindet sich direkt im Geschehen. Das funktioniert vor allem bei der Action sehr gut.
Ich drücke den Vögten die Daumen, dass sie die Gelegenheit bekommen, einen zweiten Roman in der Welt von Wasteland zu veröffentlichen. Ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht und würde mir mehr von Hoffnung erfüllte Endzeitromane wünschen. Wenigstens wird in denen die Welt besser.
Was habt ihr diese Woche gekauft, gesehen, gelesen, gespielt? Postet eure Bilder, Geschichten und Links einfach in die Kommentare.