Massus Vater wurde von Schergen des bösen Königs Nagon entführt. Das kleine Mädchen macht sich auf, ihn zu retten. Leider besitzt Massu nur ein Schwert, das sie aber auch nicht zu schwingen weiß. Das hält sie aber nicht davon ab, ihre Reise fortzusetzen. Wenn ihr dabei niemand hilft, dann soll es eben so sein. Massu wird sich von niemanden aufhalten lassen. Sie ahnt nicht, welche Konsequenzen ihre Entscheidung haben wird.
Massu Schmiedstochter erschien zunächst als Webcomic in englischer Sprache. Autorin und Zeichnerin Ines Korth erzählt ihre Geschichte in mehreren Kapiteln, aus Sicht eines allwissenden Erzählers, der sie wie ein Märchen aufbereitet. Dank dieses Kunstgriffs kann die Geschichte in kleinen Häppchen genossen werden und ähnelt damit auch mehr den Fantasyromanen, an welche die sie angelehnt ist. Als Inspiration dürfte aber nicht die Serie Das Lied von Eis und Feuer von George R.R. Martin gedient haben, in der das Abenteuer entzaubert wird und die vor allem Intrigen, Sex und Gewalt in den Vordergrund stellt. Vielmehr orientiert sich Massu Schmiedstochter an allegorischer Fantasy wie Der kleine Hobbit von J.R.R. Tolkien oder Die Bedrohung von Wolfgang Hohlbein, in denen ein vermeintlich realistischer Weltenbau zugunsten einer starken Thematik und einer märchenhaften, verzauberten Atmosphäre ausgetauscht wird. Massus Geschichte ist eine simple Geschichte, die dazu ermutigt, das Richtige zu tun, selbst wenn die eigene Angst groß und die Chancen auf Erfolg gering sind. Erwachsen wird Massu noch nicht, sie reift auch nicht zur Kriegerin heran. Sie bleibt ein kleines Mädchen, das sich vor der Welt fürchtet, sich aber trotzdem nicht beirren lässt und andere zum Handeln inspiriert. Korth umgeht damit das Klischee einer Heldenfigur, die ihre Probleme mit Gewalt löst oder nur ein traumatisches Erlebnis benötigt, um in den Kreis der Erwachsenen aufgenommen zu werden. Gleichzeitig verstärkt sie damit auch die Botschaft, dass selbst die Kleinsten es schaffen können, einen Unterschied zu machen – ohne Gewalt oder den Einsatz unglaublicher Macht. Selbst kleine Mädchen, die mit ihren Ängsten kämpfen, können etwas in der Welt bewirken.
Korths Zeichnungen sind kindgerecht gehalten. Selbst die grausamsten Monster wirken auf ihre Art schon wieder niedlich. Das sieht man zum Beispiel an den Wölfen Nagons, die einen schmalen Körperbau besitzen und damit Assoziationen an harmlosere Tiere wecken. Das einzige Detail, das diesen Eindruck trügt, sind die eisernen Maulkörbe, die verdeutlichen, wie gefährlich diese Kreaturen am Ende sind. Dies ist allerdings kein Kritikpunkt, da die Geschichte sich an jüngere Leser richtet, die sich vor allzu unheimlichen Kreaturen fürchten könnten. Ein Highlight unter den freundlicheren Wesen in Massus Welt sind die Eulen, weise Wesen, deren Gesichter sich stark an die irdischen Tiere anlehnen und die mit ihrer ausdrucksstarken Mimik zwischen herzerweichend süß und mysteriös wechseln, ohne dass der Übergang stört. Mit der Darstellung von Gewalt hält sich Korth ebenfalls zurück, so dass auch jüngere Leser problemlos in Massus Welt eintauchen können. Das Einzige, was an den Zeichnungen zu kritisieren ist, sind die Hände der Hauptfiguren, die oft an Stumpen erinnern, aus denen kleine Fortsätze wachsen.
Der Softcoverband enthält neben Skizzen und einem Rezept für ein beerenhaltiges Frühstück noch eine kleine Zusatzepisode, in der Korth die Erlebnisse der Geschichte augenzwinkernd als Lagerfeuergeschichte aufarbeitet. Der sanfte Humor dieser Episode ist eine gute Ergänzung zum ernsten Ton der Hauptgeschichte.
Eine ruhige Geschichte über Mut, zeitlos und kindgerecht erzählt.
Schwarzer Turm, 2018
Text/Zeichnungen: Ines Korth
200 Seiten, farbig, Softcover
Preis: 22 Euro
ISBN: 978-3934167889
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