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Währenddessen… (KW 36)

In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.

Stefan: Eine der erfreulichen Möglichkeiten der wunderbaren Rubrik „Währenddessen“ ist es, einfach mal nicht auf topaktuelle Neuheiten beschränkt zu sein, sondern auch mal einen Comic zu loben, der 1993 und 1994 in Heftchenform erschien. Ein Geheimtipp ist es nun wirklich nicht und da er erst jetzt in der sehr empfehlenswerten Reihe Marvel Must Have bei Panini neu aufgelegt wurde, kommt er Jahre zu spät, um noch nachträglich im Comicgate-Gespräch zur hervorragenden Netflix-Serie Daredevil erwähnt zu werden. Dabei zeigt Der Mann ohne Furcht perfekt, was für ein Genie Frank Miller ist und wie kongenial John Romita Jr. mit beeindruckender Effizient mit ganz wenigen Bildern erzählt, woraus Netflix eine ganze Staffel gemacht hat. Die TV-Adaption ist brillant und fügt der Story noch weitere Elemente hinzu, gibt der Geschichte mehr Herzlichkeit, verdankt aber locker 80 Prozent der Comicvorlage von Miller und Romita jr.

Erzählt wird die Herkunft von Daredevil. Genau wie in der ersten Netflix-Staffel trägt Matt Murdock erst in den allerletzten Minuten sein legendäres Kostüm. Im Grunde wäre wohl auch Christopher Nolans Batman Begins ohne diesen und andere Miller-Comics niemals so brillant geworden.

Der erste Eindruck der Zeichnungen mag gewöhnungsbedürftig sein. Der Großteil der heutigen Neuheiten von DC und Marvel bietet eher an Realfilme erinnernde Bilder. Aber wie herrlich ist bitte der Zeichenstil, diese Präzision und Action in diesem Comic – es ist eine einzige, helle Freude! Ein zeitloser Klassiker der Neunten Kunst. Etwas schwach und abrupt wirken sowohl das Auftauchen von Elektra als auch Daredevils Rachefeldzug gegen den Kingpin – das hätte noch eine stärkere Wirkung entfalten können, hätte man noch zwei, drei Hefte mehr Platz für die Story gehabt.

Nun hebt Währenddessen leider nicht alle Regeln auf, denn sonst würde ich diesen Comic glatt zum besten Comic des Jahres 2020 wählen! Superhelden-Interessierte und Freunde großer Comickunst sollten dieses Highlight keinesfalls verpassen.

Niklas: Will Save The Galaxy For Food ist der dritte Roman des Internetrezensenten und Autors Ben „Yathzee“ Croshaw. Die Menschheit hat es geschafft, den Weltraum zu besiedeln, aber selbstverständlich war das nicht einfach. Intergalaktische Eroberer, böse Aliens, das eine Ding auf der dunklen Seite des Mondes, sie alle mussten zurückgeschlagen werden. Zum Glück gab es legendäre Weltraumpiloten, die sich immer wieder in den Kampf stürzten, das All retteten und zufälligerweise dabei auch ein gutes Leben führten. Das alles endete, als intergalaktische Tore gebaut wurden, die den Schiffsverkehr vereinfachten und die Piloten in die Arbeitslosigkeit trieben. Auch der namenlose Ich-Erzähler des Buches leidet unter diesen Veränderungen und muss sein Geld als unterbezahlter Touristenführer verdienen. Eines Tages scheint es jedoch wieder bergauf zu gehen, als eine strenge Bürodame ihn für einen Job anheuert. Es klingt einfach genug: Den Pilot für einen verwöhnten, reichen Rotzbengel geben. Selbstverständlich geht alles den Bach runter.

Will Save The Galaxy For Food versteht sich als humoristischer Science-Fiction-Roman und Croshaw tut auch einiges, damit sich das Buch wie einer liest. In seinem Universum werden niedliche Haustiere zu brutalen Killern, wegen einer Verwechslung kommt es zu reichlich Konflikten und wer verwöhnte Jugendliche nicht leiden kann, der lacht wahrscheinlich Tränen, sobald der Schutzbefohlene Bengel den Mund aufmacht. Ich persönlich finde ja das Worldbuilding viel spannender. Croshaws Galaxie ist eine Mischung aus den Pulps eines Captain Future, dystopischer Moderne und einer Prise Star Trek. Die Menschen sind nicht schlauer als früher, aber es geht ihnen auch nicht schlechter. Irgendwie lebt jeder sein Leben, auch wenn einige sich nach einer Zeit zurücksehnen, als Abenteuer und Gefahr den Alltag beherrschten. Der Erzähler gehört zu diesen Nostalgikern. Das ganze Blut und den Schmerz scheint er vergessen zu haben.

Eine richtige Handlung besitzt das Will Save The Galaxy For Food nicht. Wie in den alten Geschichten der Groschenhefte aus den 30ern ist das Buch mehr eine Ansammlung von Episoden, in denen Erzähler und Begleitung von einer Gefahr in die nächste stolpern. Das alles wird in einem einfachen, zugänglichen Stil erzählt. Persönlich hätte ich mir gewünscht, dass Croshaw sein Szenario mit noch mehr Beispielen für das Spacezeitalter versehen hätte, zum Beispiel kleine Rückblicke, in denen Aliens bekämpft werden oder die Erkundung eines gefährlichen Planeten. Denn ich habe das Gefühl, dass Will Save The Galaxy For Food teilweise eher ein Buch für Kenner ist – und seien es auch nur die Leute, die damals noch den alte Captain Future-Animes auf Sat1 oder Tele 5 geschaut haben.

Will Save The Galaxy For Food ist ein schnelles, unterhaltsames Abenteuer, in dessen Universum ich gerne zurückkehre. Im November wird die Fortsetzung Will Destroy The Galaxy for Cash veröffentlicht. Beide Bücher sind auch auf Audible erhältlich und werden von Croshaw selbst vorgelesen.

Was habt ihr diese Woche gekauft, gesehen, gelesen, gespielt? Postet eure Bilder, Geschichten und Links einfach in die Kommentare.

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