Rezensionen
Schreibe einen Kommentar

Robin – Das erste Jahr

Batmans Origin-Story ist schon in unzähligen Varianten erzählt worden, Chuck Dixon und Scott Beatty widmen sich in Robin – Das erste Jahr den Anfängen seines berühmtesten Sidekicks, Richard „Dick“ Grayson.

Alle Abbildungen © Panini Verlag

Wir steigen in die Handlung ein, als das Kind längst in den Brunnen gefallen bzw. in der Bathöhle gelandet ist, denn den Tod der Flying Graysons (zuerst 1940 in Detective Comics #38 erzählt) wird hier nicht aufgewärmt, nur die Rivalität mit Boss Zucco, dem Auftraggeber des Doppelmords an Robins Eltern, findet überhaupt eine beiläufige Erwähnung, die an die Origin Story anknüpft. Nach einer gründlichen körperlichen wie taktischen Ausbildung nimmt Batman seinen Schützling mit auf die ersten Streifzüge durch die Nacht. Die Gangster unterschätzen den Jüngling anfangs, können am Ende aber nur im bestens abgesicherten Besucherraum vom Blackgate-Gefängnis über den Wunderknaben fluchen oder vor Verzweiflung toben.

Robin führt das bekannte Doppelleben, und wir erfahren anfangs viel über seine Schulzeit an der öffentlichen Bristol Middle School. Nicht zuletzt wegen der Mädchen möchte Robin eine normale Schule besuchen, anstatt Einzelunterricht von Alfred zu erhalten. Batman mimt den fürsorglichen, aber auch fordernden Vater, während Alfred sich erhebliche Sorgen macht: „Ich fürchte, ich sehe einmal mehr zu, wie ein Kind seine Jugend der ‚Gerechtigkeit‘ opfert.“ Auch James Gordon, zu dieser Zeit noch im Rang eines Police Captains, ist mit Batmans jugendlicher Verstärkung nicht sonderlich zufrieden: „Wenn ihm was zustößt … Gott steh mir bei … werf ich dich von diesem Dach.“

Die Schurken sind natürlich weniger zimperlich: Der Mad Hatter entführt junge Mädchen für einen hohen Politiker mit diplomatischer Immunität, während der tollpatschige Killer Moth nur einen kurzen Auftritt bekommt. Als zentraler Superschurke aber stellt sich Two-Face heraus, der in Robin eine Schwachstelle Batmans auszumachen glaubt. Two-Face richtet Robin in sadistischer Freude übel mit einem Baseballschläger zu, nicht ganz unähnlich der berühmten Szene von „Death in a Family“ (Batman #426-429, 1988), als der Joker auf Jason Todd mit einem Brecheisen eindrischt.

Batman zieht seine Konsequenzen und entlässt den Schützling: „Du bist draussen.“ Aber damit geht die Geschichte erst los: Batman und Alfred müssen sich mit ihren quasi-elterlichen Pflichten auseinandersetzen und überlegen, ob sie den pubertierenden Dick sich selbst überlassen oder unterstützen möchten.

Robin – Das erste Jahr ist die Neuauflage eines modernen Klassikers, der erstmals 2001 erschien. Und auch damals war zumindest die Idee nicht neu, denn Frank Miller war schon vorher da.

Frank Miller und David Mazzucchelli haben die Erkundung der Superhelden-Lehrjahre nicht erfunden, aber mit „Year One“ (Batman #404–407, 1987), Millers unscheinbarem (aber grandiosem) Batman-Highlight im Schatten seiner von Anfang an durchwachsenen Dark-Knight-Serie haben Sie einen Titel geprägt, der rasch Schule gemacht hat. Schon während Millers und Mazzucchellis Arbeit an Year One arbeitete Autor Mike W. Barr ein altes, von DC zuvor abgelehntes Batman-Script anhand dessen, was er über Redakteur Denny O’Neil bereits von „Year One“ wusste, um. Nachdem „Year One“ im Februar 1987 in Batman #404 anlief, knüpfte Barr im Juni desselben Jahres mit „Year Two“ in Detective Comics #575 daran an, zunächst mit Alan Davis als Zeichner, danach mit künsterischer Unterstützung von Todd McFarlane.

In diesem Jahrtausend hagelte es weitere „Year-One“-Varianten oder –Zitate wie etwa Scott Snyders „Zero Year“ (Batman #21-33, 2013–14) oder die schurkischen Origin-Storys Year One – Two-Face von Bruce Jones und Mark Sable (2008) oder Scarecrow – Year One von Sean Murphy und Jesus Saiz (2005). Nicht zu vergessen ist natürlich Batgirl – Year One (2003), vor allem weil deren Schöpfer Chuck Dixon und Scott Beatty kurz zuvor eben Robin – Year One (2001) veröffentlicht hatten. Von den ersten Jahren anderer Superhelden wie Superman, The Flash, Black Panther, Wonder Woman, The Punisher oder Green Arrow ganz zu schweigen …

Große Fußstapfen also. Der cartoonige Stil der spanischen Zeichner Javer Pulido und Marcos Martin erinnert an die sehr erfolgreiche Batman: The Animated Series (1992–99) und steht am Ende im starken Kontrast zu der immer brutaler werdenden Handlung. Dabei grenzt sich der Stil deutlich von Mazzuchelli ab, dem man Frank Millers Script im Hintergrund natürlich anmerkt. Bildzitate an das große Vorbild lassen sich, soweit es sich überblicken lässt, nicht erkennen.

Der Fokus liegt weder auf Robins Origin-Story noch auf seinen frühen Abenteuern (leider auch nicht auf der eingangs mehrfach ins Bild gesetzten Schwärmerei für eine Mitschülerin), sondern auf dem Fürsorge-Dreieck aus Bruce Wayne, Alfred Pennyworth und James Gordon. Wie Eltern und Onkel sind sie um das Wohl des jungen Mannes bemüht, finden aber aus jeweils eigenen Gründen keinen zufriedenstellenden Weg.

Unter all den ‚ersten Jahren‘ wäre es eine Schande, Millers Year-One-Klassiker zu ignorieren, nur weil man mit dem Autor inzwischen eventuell womöglich wenig anfangen kann. Und wer einen jungem Sean Murphy (The White Knight) bei der zeichnerischen Arbeit über die Schulter schauen möchte, ist bei Year One – Scarecrow erstens gut aufgehoben und wird zweitens auch über den Stil überrascht sein. Und wenn man schon dabei ist, muss man nicht aufhören, bevor man Robin – Das erste Jahr gelesen hat.

Elternfibel mit Baseballschläger

7von10Robin – Das erste Jahr
Panini Verlag, 2021
Text und Zeichnungen: Chuck Dixon, Scott Beatty, Javier Pulido, Marcos Martin
Übersetzung: Katrin Aust
210 Seiten, Farbe, Softcover
Preis: 23,00 Euro
ISBN: 978-3741624773
Leseprobe

Schreibe einen Kommentar

Mit dem Abschicken dieses Formulars erklärst du dich mit unserer Datenschutzerklärung einverstanden.