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Resident Alien 1 – Willkommen auf der Erde

Vor einigen Wochen sorgten die chinesischen Wetterballons in den Sozialen Medien für ein Revival des Hashtags #ufo. Passend dazu ist die Alien-Serie Resident Alien von Peter Hogan und Steve Parkhouse bei Splitter erschienen.

Alle Abbildungen © Splitter Verlag

Interplanetare Katastrophenszenarien sind wir gewohnt: Machtgierige Aliens greifen die Erde an (Plan A) oder machtgierige Menschen greifen fremde Planetenvölker an (Plan B). Dazwischen ist noch einigermaßen viel Luft für Kreativität, könnte man meinen, aber allzu oft ersticken die Stories in der Ausgestaltung einer dieser schlichten Invasions- und Kolonisationsphantasien. Der englische Autor Peter Hogan wollte dem etwas entgegensetzen und schrieb für seine Dark-Horse-Serie (2012–21) ein ganz anderes Setting.

Harry Vanderspeigle lebt zurückgezogen abseits einer amerikanischen Kleinstadt namens Patience. Er gibt sich bei seinen seltenen Begegnungen mit den Einheimischen als Arzt aus, ist aber in Wirklichkeit ein drei Jahre zuvor auf der Erde gestrandeter Außerirdischer, der in der Lage ist, die Menschen seiner Umgebung per Gedankenkraft zu täuschen, so dass sie sein Alien-Gesicht (in klassischer Roswell-Retro-Optik) als ein menschliches Antlitz erkennen.

Seine Strategie, die Menschen zu meiden, funktioniert zunächst gut, bis ein Todesfall in Patience die Behörden auf die Idee bringt, Doc Vanderspeigle um Rat zu fragen. Der Todesfall erweist sich schnell als Mord, und da es nicht bei diesem einzigen Mordfall bleibt, wird Vanderspeigle nicht so schnell langweilig. Zudem gefällt ihm die anspruchsvolle Investigativaufgabe, auch wenn er das nicht zugeben möchte, und seine außerirdischen Kombinationsfähigkeiten und seine scharfsinnige Wahrnehmung kommen ihm sehr zugute.

So sehr der Plot nach einem Science-Fiction-Stoff klingt, stellt Hogan den Kriminalfall und seine Ermittlung in den Vordergrund (ganz wie etwa aktuell Mercury Heat). Wir haben trotz der Aliens also keine Science-Fiction im engeren Sinne, sondern einen Krimi, der durch die außerirdische Geheimidentität von Vanderspeigle besondere Spannung aufbaut. Während der Mordfall am Ende des ersten Bandes abgeschlossen ist, bleibt das Schicksal von Doc Vanderspeigle über diesen Band hinaus spannend, denn natürlich ist den Behörden nicht verborgen geblieben, dass ein Raumschiff auf der Erde gestrandet ist. Aber wo ist der Pilot? Der Ermittler im Kriminalfall ist also zugleich Ermittlungsgegenstand in einem anderen Fall. Wir als Leser*innen haben den doppelten Spaß.

Nur die indigene Krankenschwester Asta kann Vanderspeigle (es macht großen Spaß, diesen sperrigen Namen wieder und wieder zu tippen) nicht vollständig täuschen. Sie ahnt, dass irgendetwas mit seiner Identität nicht stimmt, weil sie sein Gesicht stets unscharf wahrnimmt. Wir Leser*innen haben es da komfortabler, denn wir erkennen Vanderspeigle stets als den Außerirdischen, der er ist.

Steve Parkhouses Zeichnungen verbergen die Alien-Identität des Protagonisten nicht, aber er positioniert ihn bevorzugt so, dass auch uns Leser*innen seine Kopfform und Hautfarbe kaum mehr auffallen und wir es so für realistisch halten müssen, dass auch andere (d.h. die Figuren in der dargestellten Welt) ihn nicht erkennen. Parkhouse kommt weitgehend ohne allzuviele Details aus, und auch die Figuren machen keinen allzu komplexen Eindruck. Es ist weniger der Kriminalfall, der das Interesse über die ganze Dauer des ersten Bandes fesseln kann, sondern eher das Dilemma des Protagonisten, der den Fall aus Eitelkeit (und/oder Langeweile) anzunehmen beschließt, zugleich aber im Verborgenen bleiben möchte.

Am Ende des ersten Bandes haben wir Vanderspeigle noch nicht allzu gut kennengelernt, im Wesentlichen hat Hogan die Grundkonflikte der Figuren und das Setting dargestellt. Die Konstellation eines unerkannten Aliens mitten unter den Menschen kennen wir aus Filmen wie John Carpenter’s They Live (1988) und natürlich dem mehrfach kopierten Horrorklassiker Invasion of the Body Snatchers (1956), allerdings handelt es sich bei diesen um Allegorien auf die politische und gesellschaftliche Zeitgeschichte, was man von Resident Alien nicht sagen kann.

Dieser Band umfasst #0-3 der Serie, die auf sechs Bände angelegt ist. Dass seit 2021 auch eine TV-Serie den Stoff adaptiert, wird das Interesse an der Comicserie sicherlich fördern. Band 2 ist im Oktober 2022 erschienen, Band 3 ist für Juni 2023 geplant.

Der freundliche Alien von Nebenan

7von10Resident Alien 1 – Willkommen auf der Erde!
Splitter Verlag, 2022
Text und Zeichnungen: Peter Hogan und Steve Parkhouse
Übersetzung: Katrin Aust
104 Seiten, Farbe, Hardcover
Preis: 19,80 Euro
ISBN: 978-3-96792-265-3
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