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Requiem

Philosophische Fantasy mit starken Zeichnungen: In Albert Mitringers Debüt Requiem lässt sich ein skelettierter Krieger nicht kleinkriegen.

Alle Abbildungen © Zwerchfell

Ein untoter Krieger erwacht auf einem Schlachtfeld und erinnert sich nicht mehr an sein vorheriges Leben. Als er eine Krähe erblickt, von der er hofft, dass sie ihn nachhause führen werde, komm die Erinnerung allählich zurück. Nach und nach setzt er sein Leben wieder zusammen, in dem nicht alles so verlief, wie er es wollte. Außerdem attackiert ihn immer wieder ein streitlustiger Ziegendämon, der sich einen Showdown auf Leben und Tod wünscht. Denn was soll man sonst in einer Welt tun, in der nur der Tod sein Glück findet?

Requiem wird auf der Verlagswebseite als philosophische Fantasy beworben. Diese Bezeichnung passt durchaus, weil das Skelett Antworten auf die großen Fragen sucht: Wer bin ich, und wie geht es weiter? Darüber hinaus wird in der zweiten Hälfte der Geschichte auch die Frage gestellt, ob ein Leben als Krieger wirklich lebenswert ist, wenn man die Menschen verlassen muss, die einen lieben. Der Comic könnte also eine Geschichte voller Reue erzählen, in der unsere Hauptfigur erkennt, wie sinnlos ihr Tun am Ende war. Vor allem, wenn der einzige dauerhafte Begleiter, der Ziegendämon, jedes Mal versucht, ihn endgültig auf die letzte Reise zu schicken.

Auf die Frage nach dem „Warum“ antwortet der Riese mit dem dichten Pilz, dass er eben nichts Besseres zu tun hat. Krieg wird in Requiem als eine sinnlose Verschwendung von Leben gezeigt, an dessen Ende nur die Zerstörung alles Schönen steht. Würde der Comic es dabei belassen, würde er eine simple, aber gute Geschichte erzählen, die gerade in den vielen stummen Panels durchaus Humor einfließen lässt.

Leider schwächelt die Geschichte im letzten Drittel durch die Einführung einer weiteren Figur, die dem Ton eine optimistische Note gibt, aber auch die durchaus erwachsenen Ideen von verpassten Chancen und der Sinnlosigkeit des Krieges verwässert. Wenn Requiem sich nur um das Skelett und den Ziegendämon gedreht hätte, wäre eine gehaltvollere Geschichte entstanden, ironischerweise auch weil die ausdrucksstarken Bilder eine bessere Sprache sprechen als die etwas künstlichen Dialoge.

Denn Requiems Zeichnungen sind sehr stark. Die prächtigen Gebäude, die das Skelett durchwandert, erinnern mich an die prächtigen, aber leeren Gebäude aus düsteren Spielen wie Dark Souls. Das Skelett mit seinem Schal und dem ausdrucksstarken Schädel erinnert mich wiederum an den Charakter Papyrus aus Undertale, ein weiteres Skelett mit einer großen Persönlichkeit, breitem Lächeln und großem Herzen.

Bei den Monstern und Actionszenen denke ich hingegen an den Manga Berserk des verstorbenen Mangakas Kentaro Miura. Im Gegensatz zu Berserk muss ich mir aber keine Sorgen machen, irgendwann Monsterpenisse zu sehen – was für ein Plus. Während dieser Kämpfe zeigt Mitringer tatsächlich sein größtes Talent und experimentiert. Das führt zum Beispiel zu einer Szene, in der über mehrere Doppelseiten der Kopf eines Monsters zunächst unversehrt gezeigt wird, um dann in der nächsten Seite gespaltet zu werden. Ich denke, als Zeichner von düsterer Fantasy könnte Mitringer noch richtig begeistern.

Der Comic wird als stabiles Hardcover mit hochwertigen Papier geliefert. Als Extras sind Skizzen weiterer Zeichner*innen enthalten.

Comic mit Herz, der im letzten Drittel schwächelt.

7von10Requiem
Zwerchfell Verlag, 2021
Text und Zeichnungen: Albert Mitringer
186 Seiten, Farbe, Hardcover
Preis: 25,00 Euro
ISBN: 978-3-943547-54-2
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