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Batman Noir: Gotham by Gaslight

Als Dark Knight gehört es zum guten Ton, einigermaßen ’noir‘ zu sein; in dieser farblosen Neuauflage von Brian Augustyns Gotham by Gaslight strahlt der Dunkle Ritter in tiefer Schwärze.

© Panini Comics

Panini hat die neue Reihe Batman Noir mit zwei Bänden im Großformat eröffnet: Greg Capullos Zeichnungen in Der Tod der Familie (2011) strahlen nun ebenso in grellem Schwarzweiß wie die Zeichnungen von Mike Mignola (Hellboy, Baltimore) für Gotham by Gaslight (1989). Damit setzt Panini die amerikanische Batman-Noir-Serie nun auch hierzulande um. Insbesondere für Mignolas expressiven Stil lohnt es, die Zeichnungen ohne die (ohnehin düstere) Kolorierung zu sehen. Und tatsächlich erscheint das Elseworld-Setting im 19. Jahrhundert im Umkreis von Jack the Ripper auch als ideal für den Verzicht von Farbe.

Autor Brian Augustyn situiert die erste der beiden Geschichten in diesem Band, die Titelstory Gotham by Gaslight, im viktorianischen London des Jahres 1889. Während in Whitechapel der Serienmörder Jack the Ripper sein Unwesen treibt, lässt Bruce Wayne sich in Wien von Sigmund Freud über seine Träume aufklären – Fledermäuse und so. Dass nach Waynes Rückkehr nach Gotham City die Morde ein Ende nehmen, macht ihn neben anderen Hinweisen tragischerweise zu einem Verdächtigen. Mehr noch: Bruce Wayne wird zum Tode verurteilt.

Notgedrungen geht Batman nun auf die Jagd nach dem Ripper, um die Unschuld seines bürgerlichen Alter Egos zu beweisen. Indem er sich der Identität des englischen Gewaltverbrechers nähert, deckt er nach und nach auch ein Stück verschütteter Familiengeschichte auf. Der Mord an Bruce Waynes Eltern wird ebenso in ein neues Licht gerückt wie die Origin Story des Jokers.

Koloriertes Original (links) und die aktuelle Noir-Fassung (rechts)

Man darf nicht in den Fehler verfallen, in der Kombination aus Schwarzweiß-Gestaltung und Ripper-Motiv einen From-Hell-Lookalike als Hommage an Alan Moore und Eddie Campbell zu vermuten, dessen erstes Kapitel ebenfalls 1989 veröffentlicht wurde. Das Thema drängte sich im runden Jubiläumsjahr der Whitechapelmorde 1989 geradezu auf.

Die Frage, wer sich hinter dem Londoner Mörder in Gotham by Gaslight verbirgt, ist für den Leser kein großes Rätsel – aber dies macht auch nicht den Reiz der Geschichte aus, sondern der freie Umgang mit dem Batman-Kosmos, der die Elseworld-Geschichten insgesamt ausmacht.

Unter den zahlreichen Batman-Elseworld-Storys, die erst seit Holy Terror (1991) als solche bezeichnet und mit eigenem Logo versehen werden, gibt es einige exotische Exemplare, so etwa Doug Moenchs missratene Leonardo-da-Vinci-Fassung v0n 1994. Gotham by Gaslight wurde erst in der Rückschau diesen Elseworld-Geschichten beigesellt, gilt inzwischen aber als deren Ursprung. In der zweiten Geschichte in diesem Band, Master of the Future (1991), schließen Augustyn und Zeichner Eduardo Barreto direkt an Gotham by Gaslight an.

In Master of the Future führen Augustyn und Barreto uns in das Gotham City des Jahres 1892. Eine Weltausstellung (tatsächlich fand eine Weltausstellung 1893 in Chicago statt) begeistert Bürger wie Bürgermeister gleichermaßen, aber das zukunftszugewandte Projekt bringt auch Kritiker auf den Plan. Während Bruce Wayne sich, gänzlich die Moderne verweigernd, in archaischen Faustkämpfen mit Schaustellern übt, hat der Auftritt von Alexandre LeRoi, des ‚Mannes von Morgen‘, noch einen starken, zivilisationskritischen Impetus. Er stürmt eine politische Versammlung unter Leitung des Bürgermeisters und deklamiert lauthals: „Ihr Idioten träumt von Maschinen, die die Luft vergiften, und Fabriken, die eure Flüsse töten!“ Wie aus einem Jules-Verne-Roman entsprungen, flüchtet der Abenteurer und plant seinen Angriff auf Gotham City – via Zeppelin. So zivilisationskritisch, wie er sich gibt, ist er allerdings nicht. Es geht, wieder einmal, um Geld.

Der Mann von Morgen wirkt ebenso aus der Zeit gefallen wie Bruce Wayne, und ist mindestens ebenso widersprüchlich: Seine Kritik der Weltausstellung, halb antimodern, halb ökologiebewusst, steht in Widerspruch zu seinen technologischen Innivationen, wie etwa dem Zeppelin oder einem Roboter, für den er Gefühle hegt. Ebenso hin- und hergerissen zwischen Vergangenheit und Zukunft zeigt sich Bruce Wayne, der durchaus technikaffin daherkommt, in Master of the Future aber auch archaische Züge trägt.

Ohne Frage ist Gotham by Gaslight das Highlight in diesem schönen Band, lesenswert sind aber beide Geschichten.

Dunkelschwarz

8von10Batman Noir: Gotham by Gaslight
Panini, 2020
Text: Brian Augustyn,
Zeichnungen: Mike Mignola, Eduardo Barreto
Übersetzung: Steve Kups, Josef Rother
120 Seiten, schwarzweiß, Hardcover
Preis: 23,00 Euro
ISBN: 978-3741617928
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