Rezensionen

Ash

Der französische Zweiteiler Ash wird in dem beliebten Splitter-Double-Format veröffentlicht, ist also hierzulande in einem Band komplett zu goutieren. Schlägt man die ersten Seiten auf, ist man etwas überrascht, denn die Panels sind recht groß und sehr flächig gestaltet. Von der Größe her wären sie also dafür prädestiniert gewesen, besonders viele Details unterzubringen. Aber leider wird das nicht ausgenutzt. Ash hat von Beginn an einen leicht sterilen Charakter. Zudem zeigen die Figuren einen deutlichen Einfluss von Manga, gerade in der Gestaltung der Physiognomie, was an sich nicht zu kritisieren ist, aber nicht mit der klassisch franko-belgischen Umgebung harmonieren will. Diese Diskrepanz zieht sich durch den ganzen Band und vermag nicht sonderlich zu überzeugen; obwohl alles grundsolide umgesetzt ist, wirkt es kalt und allzu kalkuliert.

© Splitter Verlag

Inhaltlich beginnt der Band mit einer genretypischen Heldenmission, wie man sie aus klassischer Fantasy kennt. In einer unwirtlichen Gegend reisen ein Abenteurer und ein weiser Mann zu einem Ziel, um dort ein Grab zu finden, in dem ein mächtiges Artefakt versteckt sein soll. Aber das war es auch schon mit den Klischees. Der alte Mann ist ein ständig betrunkener Mönch, der zu aller Überraschung nicht lange Bestandteil der Geschichte ist und der vermeintliche Held ist im Grunde einer der Schurken. Dass dieser Mann ausgerechnet Faust heißt, lässt natürlich sofort einige Assoziationen zu, die auch allesamt gerechtfertigt sind, da sich die Geschichte in eine ähnliche Richtung wie das Drama von Goethe entwickelt. Faust findet das gesuchte Etwas, was sich als eine junge Frau entpuppt. Faust weiß, dass dieses Mädchen, genannt Ash, womöglich unsterblich ist und will ihr das Geheimnis entreißen. Ash, die keinerlei Erinnerung an ihre Vergangenheit hat, entdeckt unheimliche Kräfte an sich und später ihre schockierende Identität.

© Splitter Verlag

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Neben der visuellen Disharmonie zwischen Manga und franko-belgischer Tradition funktioniert  auch der Genremix  auf inhaltlicher Ebene nicht. Ash beginnt mit einer klassischen Quest, wie man sie aus dem Fantasygenre kennt, und bricht dabei immerhin die altbekannten Figurenklischees auf. Autor François Debois bringt aber direkt noch einen ordentlichen Steampunk-Einschlag hinein, der zu dem Gothic-Horror-Anteil und der Mystery nicht so wirklich passen will. Später kommt mit einer Kinder-Diebesbande noch ein bisschen Charles-Dickens-Flair dazu und eine Szene erinnert an Das Mädchen mit den Schwefelhölzern von Andersen. Doch alle diese Anspielungen sind ein Tick zu viel des Guten. Dabei folgt man Ash eigentlich ganz gerne auf der Suche nach ihrer Identität, deren Enthüllung sogar eine ordentliche Überraschung ist. Nur der Umgang damit ist wiederum sehr enttäuschend. Ash müsste nämlich eigentlich sehr viel mächtiger sein als sie sich hier gibt. Ihre Gabe, oder Fluch, sorgt zwar für einige gute dramaturgische Momente, aber dies wird alles dadurch geschmälert, dass die Konflikte zwischen den Figuren nur bedingt glaubwürdig sind. Viele daraus resultierende Wendungen sind zwar durchaus überraschend, aber auch sehr haarsträubend.

Alles in allem ist der Band eine Enttäuschung. Aus den vielen Versatzstücken und Möglichkeiten wird leider nichts gemacht. Eine längere Serie, welche die Entwicklung der Heldin zu ihren vollen Fähigkeiten begleitet hätte, hätte wahrscheinlich sehr viel besser funktioniert.

Aus vielen interessanten Ansätzen wird nichts gemacht, neben der disharmonischen Story wirkt der Stil auch noch sehr steril.

Ash
Splitter Verlag, 2015
Text: François Debois
Zeichnungen: Krystel
Übersetzung: Swantje Baumgart
96 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 19,80 Euro
ISBN: 978-3-95839-009-6
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