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Black Panther – Eine Story zu groß für Comics?

Der Black Panther ist zurück. In seiner jüngsten Serie erzählen Autor Ta-Nehisi Coates und Zeichner Brian Stelfreeze die Geschichte eines komplett neu erfundenen Wakandas. Doch es zeigt sich, dass das Medium Comic unter Umständen das falsche für die Geschichte ist.

Wakanda ist ein fiktives Land im Afrika des Marvel-Universums. Das Universum des amerikanischen Comicverlages hat eine illustre Auswahl an fiktiven Ländern wie Latveria, Madripoor und Symkaria. Doch keines dieser Länder hat eine ähnliche Bedeutung wie Wakanda, denn das Land ist die global einzige Quelle des fiktiven Metalls Vibranium, aus dem unter anderem Captain Americas Schild besteht. Das Land ist daher unermesslich reich, wissenschaftlich weit fortgeschritten und dennoch eine Monarchie mit fest verankertem Theismus in der Gesellschaft. Ferner hat sich die Nation von der Welt abgespalten und arbeitet nur selten mit Ausländern zusammen.

Wakanda wird von einem Mann regiert: Black Panther alias T’Challa.

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Alle Abbildungen: © Marvel Comics

Comics um den Schwarzen Panther herum zu schreiben, ist ein schwieriges Unterfangen. Afroamerikanische Figuren zu schreiben ist einfacher, da die kulturelle Situation der Protagonisten vor der Haustüre der Autoren zu finden ist. #BlackLivesMatter, etwas Kriminalität, ein bisschen verkanntes Genie und unerwarteter Heldenmut – und eine Figur ist realistisch erschaffen. Vor allem auch, weil keine weiteren kulturellen Werte und Normen aufgezeigt werden müssen. Denn jeder Mensch mit Internetzugang kennt die Bilder aus Ferguson, wo Menschen nach der Erschießung des Michael Brown im Jahr 2014 wochenlang demonstriert haben. Oder die des jüngst angeschossenen Pflegers, dessen autistischer Patient auf dem Boden sitzt, während er als Afroamerikaner unbewaffnet mit erhobenen Händen auf dem Rücken am Boden liegt. Ein Schuss ins Bein später ist das Video online und der Aufschrei berechtigterweise groß. Denn um Einzelfälle handelt es sich hier schon längst nicht mehr. Es sind Bilder, die die Ungerechtigkeit, der Afroamerikaner ausgesetzt sein können, in das Bewusstsein einer Generation eingebrannt haben. Diese und andere Vorkommnisse müssen in Medien wie Comics oder Filmen nicht erklärt werden.

Wakanda hingegen schon.

Problemland Wakanda

An dieser Aufgabe ist schon manch ein Comicautor gescheitert. Sogar Recken des Mediums wie Jason Aaron vermochten am Ende doch nicht, die Wissenschaft, den Glauben und die Kultur Wakandas unter einen Hut zu bringen und klar festzustellen, dass Black Panther halt eben kein Afroamerikaner, sondern Afrikaner ist. Das hängt nicht nur damit zusammen, dass viele Autoren – auch außerhalb der Comics – der Ansicht sind, dass Afrika ein Land ist. Mit einer Kultur und einer Sprache. Paradebeispiel für diese Weltanschauung sind die frühen Ausgaben von Batwing des Verlags DC Comics, in denen ein Afrikaner im Namen Batmans die Nation Afrika beschützt hat.

Seit einigen Ausgaben stellt sich der amerikanische Autor Ta-Nehisi Coates gemeinsam mit dem Zeichner Brian Stelfreeze der Aufgabe, ein fiktives, aber überzeugendes Comic-Afrika zu erschaffen. Während Stelfreeze schon seit Jahren solide Comics zeichnet, ist Coates Neuling in der Welt der Comics. Der Autor schreibt für die Publikation The Atlantic und hat mehrere Bücher veröffentlicht, die sich um das Leben als Afroamerikaner drehen. Das Team hat beinahe ein Jahr am Konzept der Nation Wakanda, deren Kultur, deren Religion und Gesellschaftsordnung gefeilt. Dazu erhielt der Panther ein neues Kostüm, das zwar fast genauso aussieht wie sein altes, aber neue Funktionen hat. So kann er dank Vibranium-Fasern aufgenommene Energie speichern, umlenken und wieder abgeben.

Die dritte Ausgabe der hervorragend ausgearbeiteten Serie aber zeigt, dass das Konzept droht, am monatlichen Heftformat, wenn nicht sogar dem Medium Comic, zu scheitern.

22 Seiten Exposition pro Ausgabe

Das Hauptproblem der Serie liegt in der dritten Ausgabe darin, dass sie noch immer damit beschäftigt ist, die Welt ihrer Figuren zu erklären. Da sind die „Dora Milaje“, Elitekriegerinnen in Wakandas Armee. Zwei der Soldatinnen sind ineinander verliebt und rebellieren. Sie bauen sich eine eigene Armee aus Frauen auf. König T’Challa hat Mühe damit, sein Königreich vor dem Untergang zu bewahren, auch wenn er auf Unterstützung seiner Stiefmutter zählen kann. Zudem ist er auf Kampfmissionen mit den „Hatut Zeraze“, den Hunden des Krieges. Und dazu muss er noch seine Schwester Shuri dem Tod entreissen.

Dazu kommt noch die oben genannte Erklärung von Kultur, Religion, Wissenschaft und Politik.

Ta-Nehisi Coates meistert das zumindest auf der geschriebenen Seite. Er hat keinen Aspekt der Gesellschaft übersehen, stellt diese realistisch und kritisch und mit großer Liebe zum Detail dar. Alles in allem könnte Wakanda eine funktionierende Nation auf unserem Planeten sein. Aber auf 22 Seiten Comic pro Monat wird es schwieriger, denn zusätzlich zu einer guten Geschichte müssen die Leser bei der Stange gehalten werden. Dazu dienen Cliffhanger; Ereignisse in einer Ausgabe, die Leser neugierig auf mehr machen. Bisher ist das bei Black Panther lediglich das Konzept der Nation und deren Bewohner.

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Was bei all der Exposition – laut Duden ein „vorbereitender Teil eines Dramas, der die Voraussetzungen für das weitere Geschehen bildet“ – verloren geht, sind die Personen selber. Bei allen Erklärungen und Darlegungen gehen bisher die Emotionen arg verloren. Beim Konkurrenzverlag DC Comics ist das weniger das Problem, denn die Verlagskonzepte können in der Regel grob wie folgt erklärt werden:

  • DC Comics erzählt Epen, in denen Konzepte wie Ehre, Heldenmut oder auch mythologisches Gedankengut besonders zum Tragen kommen
  • Marvel Comics erzählt Geschichten von und über Menschen

Bei Marvel den Menschen auszuklammern, damit über mehrere Ausgaben Konzepte erklärt werden können, scheint heikel. Denn das ist es, was der Serie fehlt: die Emotionen. Wenn jeder stets damit beschäftigt ist, die Welt zu erklären, dann können sich die Figuren nicht entwickeln. Dann und wann eine Ausgabe voll Exposition zu veröffentlichen, ist absolut in Ordnung und oft sogar notwendig. Denn in Comics – vor allem solchen, die in etablierten Universen spielen – muss sowohl die Welt wie auch der Mensch darin sitzen. Bei Black Panther aber sind die Leser in der laufenden Woche im dritten Monat der Exposition angelangt, in der sie kaum einen sogenannten character moment erlebt haben. Sich für einen Helden zu begeistern, fällt da schwer.

Trendlinie sinkend

Die Serie ist stark gestartet, nachdem Marvels PR-Team und Coates viel Werbung gemacht und viele Einblicke in den kreativen Prozess hinter der Neu-Erfindung des Panthers gewährt haben. Kostümdesigns wurden veröffentlicht, die neuen Features des Anzugs erläutert und Coates selbst hat erklärt, was sein Wakanda ist. Er habe sogar eine Karte des Landes gezeichnet, damit er die Dimensionen seines Fantasiestaates im Griff hat. Zu seiner Schreibe oder zum Schreiben von Comics sagt Coates Folgendes:

Even when the language tips toward bombast, space is at a premium; every word has to count.
 Ta-Nehisi Coates, The Atlantic

Er sieht ein, dass das geschriebene Wort im Comic sich seinen Platz erkämpfen muss und dass jedes Wort zählt. Und in der ersten Ausgabe schien er das gemeistert zu haben. Laut dem Branchenportal Comichron war Black Panther 1 mit 253.259 verkauften Einheiten das meistverkaufte Comicheft des Monats, gefolgt von Marvels Star Wars Poe Dameron 1 mit 175.322 verkauften Heften.

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Die erste Ausgabe hat auch klar gemacht, dass weder Coates noch Stelfreeze noch Marvel an seichter Unterhaltung interessiert sind, die einfach nur da sein soll, damit eine soziale Minderheit repräsentiert und zufriedengestellt ist. Die Leser aber danken es dem Comic nicht so recht: Die zweite Ausgabe fiel mit 77.654 verkauften Heften auf den neunten Rang zurück. Das ist zwar immer noch ein Spitzenrang für eine Serie, die nicht gerade neu begonnen hat oder Star Wars im Titel trägt, aber die erste Ausgabe hat sich mehr als dreimal so gut verkauft. Das ist ein verhältnismässig großer Einbruch der Verkaufszahlen, auch wenn ein Rückgang zwischen den Ausgaben 1 und 2 immer zu erwarten ist.

Für Comickenner ist aber klar, dass das Duo Coates/Stelfreeze mit Black Panther eine Serie produziert, die konzeptuell absolutes Neuland beschreitet. Es bleibt zu hoffen, dass Fans wie auch zufällige Leser der Serie treu bleiben und noch weitere zu ihr finden. Denn die Vermutung ist da: Black Panther wird eine Serie sein, die im Gedächtnis bleiben wird.

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