Das Jahr ist gerade mal 10 Tage alt und schon hat der linksammelnde Chronist alle Hände voll zu tun …
Große Piccolos
Der Tagesspiegel, Martin Jurgeit
„Hansrudi Wäscher war der erste deutsche Zeichner, der fast sein gesamtes Berufsleben den Comics widmete – und das mit einem Erfolg beim Publikum, von dem heutige Comic-Künstler nur noch träumen können“, schreibt Martin Jurgeit in seinem Nachruf. Wäscher zeichnete ab den 1950er Jahren Abenteuercomics für den Lehning-Verlag, meist im sogenannten Piccolo-Format. Seine Serien wie Sigurd, Akim oder Nick, der Weltraumfahrer gehören zu den Pionierleistungen einer in Deutschland lange verpönten Kunstform. Qualitativ mögen sie nicht auf dem gleichen Rang stehen wie internationale Comics, die heute als große Klassiker gelten. Wäschers Verdienste sind trotzdem unbestreitbar, und die nicht eben kleine Schar treuer Fans, die seine Comics als junge Leser kennenlernten und bis heute verehren, spricht für sich. Hansrudi Wäscher verstarb am vergangenen Donnerstag in Freiburg, er wurde 87 Jahre alt.
FIBD : Femmes Interdites de Bande Dessinée
Collectif des créatrices de bande dessinée contre le sexisme
„30 Namen, keine Frau“ – mit dieser Feststellung beginnt der Boykottaufruf der Gruppe „BD Égalité“, die sich für Gleichberechtigung im französischen Comic einsetzt. Anlass war die Veröffentlichung einer Longlist von 30 Nominierten, die für den jährlichen Grand Prix in Frage kommen, der beim Comicfestival von Angoulême vergeben wird. Dass die Auswahlliste für einen Lebenswerkpreis in einem lange sehr männlich dominierten Medium mehrheitlich aus Männern besteht, ist nachvollziehbar, aber dass keine einzige weibliche Künstlerin zur Wahl stehen sollte, führte zu vollkommen berechtigter Empörung. In den sozialen Medien verbreitete sich die Kritik an der Auswahl schnell und international, rasch distanzierten sich etliche der Nominierten (darunter Joann Sfar, Christoph Blain, Daniel Clowes, Chris Ware und Milo Manara) und erklärten, sie wollten auf den Preis verzichten. Von Seiten der Festivalleitung folgte darauf eine recht hilflos wirkende Mischung aus Rechtfertigung und Zurückrudern. Zuerst wurde die frauenlose Liste verteidigt, später hieß es, man werde sie um sechs weibliche Namen erweitern, und schließlich entschied man sich, die Abstimmung in diesem Jahr offen zu halten, also keine begrenzte Liste zur Auswahl zu stellen. Mehr dazu auch bei Intellectures, Dreimalalles, der taz und Bart Beaty.
Bildkorrektur – Bilder gegen Bürgerängste
bildkorrektur.tumblr.com
Unter dem Motto „Weniger Angst haben – mehr Wissen“ hat eine 15-köpfige Gruppe von ZeichnerInnen, die fast alle auch im Comicbereich unterwegs sind, gängige Ängste und Vorurteile von „besorgten Bürgern“ im Zusammenhang mit Flüchtlingen illustriert. In 15 Bildpaaren (u.a. von Aike Arndt, Tim Dinter, Mawil, Jens Harder und Barbara Yelin) werden typische Befürchtungen mit Fakten widerlegt und entkräftet.
Comics – Ein Universum für sich!?
literaturkritik.de, Markus Engelns und Ulrike Preußer
Die monatlich erscheindene Zeitschrift literaturkritik.de, die an der Uni Marburg herausgegeben wird, widmet sich in Ausgabe 1/16 dem Schwerpunkt Comics. Neben der oben verlinkten Einführung ins Thema gibt es zahlreiche Aufsätze, die sich u.a. mit dem Kindercomic Lehmriese lebt!, mit Batman, mit Comics von Chris Ware, Manu Larcenet, Jiro Taniguchi, David B. u.a. sowie mit den wohl unvermeidlichen Literaturadaptionen beschäftigen (zum Inhaltsverzeichnis).
Der allerletzte Öde
Facebook, Kim Schmidt
Über 30 Jahre lang zeichnete Kim Schmidt seinen Strip Öde für das Flensburger Wochenblatt Moin Moin. Nachdem im letzten September ein Comic für Konflikte mit der Redaktion sorgte (siehe Links der Woche 36/15), wurde der Zeichner nun gebeten, anstelle des Strips künftig „etwas Neues“ beizusteuern. Schmidt nahm dies zum Anlass, seine freie Mitarbeit ganz einzustellen. Seinen Abschlussstrip zeigt er auf Facebook.
Programm 2016 jetzt online
Fumetto
Das Luzerner Comicfestival Fumetto feiert in diesem Jahr seinen 25. Geburtstag. Zum Jubiläumsfestival, das vom 16. bis 24. April stattfindet, werden unter anderem Lorenzo Mattotti, Joost Swarte und Joe Sacco erwartet.
Die Comics zum Gratis-Comic-Tag 2016
Gratis-Comic-Tag
Auch in diesem Jahr produzieren zahlreiche deutsche Verlage wieder eigene Hefte, die an einem Aktionstag im Comichandel kostenlos verteilt werden. Dieses Jahr ist es am 14. Mai soweit, 34 verschiedene Titel stehen zur Auswahl.
Mehr Mut zum Mut
taz, Michael Ringel
Ein Jahr nach den Anschlägen auf die Redaktion der Pariser Satirezeitschrift Charlie Hebdo erschien die Tageszeitung taz am Donnerstag als „Karikataz“, in der alle Fotos durch Karikaturen und Cartoons ersetzt wurden. Dazu gab es zwölf Sonderseiten, auf denen AutorInnen und ZeichnerInnen auf Fragen wie „Was darf die Satire heute?“ antworten.
Rapport Ratier 2015 sur la production de bandes dessinées
Association des Critiques et journalistes de Bande Dessinée
Wie jedes Jahr legt der französische Verband der Comickritiker und -journalisten seine Marktanalyse vor. Man kann sie als 40-seitiges PDF herunterladen. Die wichtigsten Fakten auf Deutsch hat Dreimalles zusammengefasst.
How creative freedom turned Image Comics into the best—and most progressive—publisher in the business
Fusion, Luke Winkie
Die US-Website Fusion, die sich den Fokus auf „Diversity“ auf die Fahne geschrieben hat, porträtiert Image Comics als den Comicverlag mit dem aktuell vielfältigsten und breitgefächertsten Angebot. Auch wenn der Autor manchmal arg enthusiastisch klingt, ist vor allem sein Vergleich mit dem Image der Neunziger Jahre interessant: „Image engaged in one of the most dramatic, successful about-faces in comic book history. Today they’re responsible for some of the best, most transgressive stories in the industry, a far-cry from the paper-thin themes they were previously known for.“
Comic-Bestseller 2015
Zum Jahresanfang haben manche Comicläden ihre Bestsellerlisten von 2015 veröffentlicht. Ein Blick darauf lässt sehr schnell erkennen, wie stark die Comic-Verkäufe vom jeweiligen Laden und dessen Profil abhängen. Der Einfluss der Händler und ihres Personals beim Bestücken der Regale, bei Empfehlungen und Beratung der Kundschaft scheint sehr hoch zu sein. Dass der neue Asterix-Band klarer Spitzenreiter (wahrscheinlich in fast allen Comicverkaufsstellen) ist, dürfte niemanden überraschen, dahinter wird es interessant: Beim Groben Unfug liegt ein deutlicher Schwerpunkt auf Büchern aus und über Berlin, außerdem besteht die Top-45-Liste zu 20 Prozent aus amerikanischen Originalausgaben – kaum ein anderer Comicladen in Deutschland dürfte ein ähnlich internationales Publikum haben wie diejenigen in Berlin. Obwohl Comics & Graphics ebenfalls in Berlin sitzt, sieht dessen Bestsellerliste deutlich anders aus. Interessant sind auch die Zahlen von Brian Hibbs, der in San Francisco zwei Comicläden führt. Der eine versteht sich eher als Comic-Buchhandlung, bei der die Autoren im Mittelpunkt stehen. Absoluter Topseller sind dort die Sammelbände der Serie Saga, über ein Drittel der verkauften Bücher stammt von Image Comics. In der Filiale „Outpost“, die eher dem klassischen Superhelden-Comicheft verschrieben ist, sehen die Zahlen deutlich anders aus. Ebenfalls von Image dominiert werden die Bestsellerlisten des „Challengers“-Comicladens in Chicago, die man auf SKTCHD nachlesen kann.
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