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Sykes

Die Story ist nicht gerade neu: Sykes ist ein legendärer Marshall, der eine Gangsterbande verfolgt. Auf dem Weg zu einer Stadt kommt er an einer kleinen Farm vorbei, auf der ein Junge wohnt, der, geprägt von den Legenden, die sich um Sykes ranken, voller Bewunderung für den Marshall ist. Später schließt er sich ihm und zwei weiteren Männern an, um die Gangster zur Strecke zu bringen. Dabei muss er erkennen, dass die Wirklichkeit wenig mit den Geschichten aus den Groschenheften zu tun hat.

Alle Abbildungen: © Splitter Verlag

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Autor Pierre Dubois und Zeichner Dimitri Armand bewegen sich hier auf klassischem Western-Terrain. Da ist es nicht sonderlich überraschend, dass die Geschichte an sich nicht innovativ ist. Schließlich gehört der Western mit zu den ältesten Genres der Popkultur und wurde mit den Groschenheften schon zu Zeiten des Wilden Westens selbst etabliert. Damals gab es die sogenannten „Dime Novels“, die manche Revolverhelden noch zu Lebzeiten zu Helden stilisierten und deren Taten an der damals bekannten Grenze glorifizierten. Männer wie Wyatt Earp wurden so zu strahlenden Helden, obwohl sie in Wirklichkeit keine waren. Skrupellose Mörder wie Billy the Kid wurden romantisiert und Räuber wie Jesse James als moderne Robin Hoods inszeniert. Oftmals wurden diese Männer auch zu Opfern ihres Ruhmes. Wild Bill Hickock etwa musste seinem Image entsprechen und starb schließlich, weil sich ein anderer seines Ruhmes bemächtigen wollte. Buffalo Bill hingegen glaubte selbst an die Erzählungen und baute sich selber immer mehr zu einer Kunstfigur auf.

Es gehört zu den Stärken von Sykes, dass Dubois und Armand sich bewusst sind, dass es eigentlich nichts Neues mehr aus dem Westen zu erzählen gibt. Das wird daran deutlich, dass sie immer wieder intermediale Referenzen einbauen. So ist der Barkeeper eindeutig dem Schauspieler Ron Perlman (Hellboy) nachempfunden, Hermann Melvilles Roman Moby Dick dient als Leitmotiv und auch das Thema von Sykes wurde dem Roman entlehnt. Auf der Jagd nach seinen persönlichen Dämonen drohen der Marshall und seine Gefährten wie einst Kapitän Ahab im Strudel der Gewalt unterzugehen und alle anderen mit sich zu reißen.

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Aber dabei bleibt es nicht. So wird in einem Dialog mal Django und der gleichnamige Film erwähnt, ebenso wie der Held aus Spiel mir das Lied vom Tod. Diese Referenzen sind aber mehr als eine postmoderne Spielerei, sie bilden das zentrale Thema des Bandes. Schließlich geht es um den Konflikt zwischen Realität und Legende. Und auch die „Dime Novels“ spielen eine zentrale Rolle, wenn etwa die kindliche Hauptfigur von den dort präsentierten Helden schwärmt, so wie sie sein will und in Sykes ein Idol sieht. Der lehnt diese Sichtweise ab, da er eben um das blutige und grausame Geschäft weiß und sich keinen Illusionen hingibt.

Denn ein weiteres, ebenfalls nicht ganz so neues Thema, ist der Abgesang auf die Helden. Das hat schon Clint Eastwood in Szene gesetzt und gerade in den späten 1970er Jahren war dieser Aspekt zentraler Baustein vieler Western wie etwa Little Big Man oder McCabe und Mrs. Miller. Das Leben hat nichts von der Abenteuerromantik der Groschenhefte, vielmehr ist es dreckig und blutig. So sind auch die hier gezeigten Bilder brutal und unschön. Die Helden sind gnadenlos wie die Schurken und schießen auch in den Rücken. Am Ende ist die Welt für die Revolverhelden zu kompliziert geworden und einfache Mittel wie ein Duell können die Probleme nicht mehr lösen. Legenden aber leben weiter und wissen immer wieder von neuem zu inspirieren. Gut so.

Teilweise recht brutaler Abgesang auf den klassischen Westernhelden, der mit vielen Referenzen darauf aufmerksam macht, wie sehr man von der Fiktion geprägt ist.

Sykes
Splitter Verlag, 2016
Text: Pierre Dubois
Zeichnungen: Dimitri Armand
Übersetzung: Tanja Krämling
80 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 17,80 Euro
ISBN: 978-3-95839-225-0
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