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LastMan 1

Bastien Vivès (In meinen Augen, Der Geschmack von Chlor) hat in den letzten Jahren mit seinen thematisch recht experimentellen Werken für viel Aufsehen in der Comiclandschaft gesorgt. Jetzt hat der Shootingstar des französischen Comics in Zusammenarbeit mit Michaël Sanlaville und Balak (i.e. Yves Bigerel) eine neue Serie gestartet, die erneut ungewöhnliche Wege geht.

© Reprodukt

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Denn LastMan ist ausdrücklich als Hommage an klassische Videospiele und Shonen Manga wie Dragon Ball oder Naruto gedacht und liefert einen ungewöhnlichen Mix aus französischem Fantasycomic und asiatischem Kampfsport-Manga. Ein Projekt, von dem im Heimatland des Kreativtrios bereits mehrere Bände vorliegen, und das dort viel Wirbel erzeugt hat.

Alles beginnt mit dem jungen Adrian Velba, ein Kind, das zum ersten Mal am jährlich stattfindenden großen Turnier des Königs mitmachen darf und dafür hart in Meister Jansens Kampfschule trainiert hat. Doch teilnehmen kann man nur in Zweierteams. Prompt fällt Adrians eigentlicher Partner kurz vor Beginn aus. Den Umstand, die Anmeldung allein nicht vornehmen zu können, teilt er mit dem erfahrenen Fremdling Richard Aldana. Dessen Problem ist aber nicht nur der fehlende Partner, sondern auch sein rauer, wenn auch effektiver, Kampfstil, der mangels Kunstfertigkeit bei Publikum und Richtern in Ungnade fällt. Kurzerhand beschließen die beiden ungleichen Kämpfer, sich gemeinsam als Team anzumelden. Was Adrians Mutter allerdings zunächst gar nicht gefällt.

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So richtig weiß man LastMan beim Lesen nicht einzuordnen. Das fängt schon damit an, dass sich nicht erschließt, wo sich die Handlung abspielt und warum für die dort lebenden Menschen der Kampfsport von derart zentraler Bedeutung zu sein scheint, dass sich irgendwie alles Geschehen darum kreist. Der Ort des Turniers erweckt den Eindruck eines tibetischen Bergdorfes. Zudem weiß man, dass es Teil eines wie immer gearteten Königreichs sein muss. Die Bewohner leben feudal, mittelalterlich. Vieles in diesem ersten Band erinnert auf den ersten Blick tatsächlich an Shonen Manga. Das fängt bei den s/w-Zeichnungen an, geht über die Wahl des Formates und endet bei der aufgeräumten Panelstruktur. Damit ist die Serie zwar deutlich von Dragon Ball und Co. inspiriert, doch das Endprodukt weist letztlich doch einen eigenständigen Stil auf.

Das liegt zuvorderst an Vivès Bildern und, damit verbunden, seiner dynamischen Form der Darstellung. Seine dünnen Linien vor kargen weißen bzw. grauen Hintergründen erscheinen immer ein bisschen verloren, fragil. Fast skizzenhaft, möchte man meinen. Ein weiterer interessanter Aspekt betrifft die Bewegungsabläufe der Figuren, auf die sich der Künstler fokussiert. In Polina hat er die Abläufe des Ballettanzes detailiert und ausgiebig inszeniert, in Der Geschmack von Chlor durfte der Leser über viele Seiten hinweg Menschen beim Schwimmen zusehen und in Das Gemetzel strich Vivès die Gestik einer Liebesbeziehung hervor. Keine Frage, der Franzose hat eine gute Beobachtungsgabe und eine Vorliebe für Bewegungen. Es scheint demnach fast folgerichtig, dass er diese Studien auf den Kampfsport überträgt und sich an diesem Genre in ähnlicher Weise versucht.

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Letztlich ist es dieser markante Arbeits- und Zeichenstil, der LastMan in seinem Kern ausmacht. Viel mehr noch als die etwas seichte Story oder die Anleihen an Manga-Vorbildern. Die Künstler selbst sehen das Projekt wohl ohnehin eher als actionreichen Comic, der ihnen und den Lesern primär Spaß machen soll. Mit den dem Band beigelegten Stickern (die man sogar in vorgesehene Rahmen einkleben kann) kokettieren sie mit der Kompatibilität des Stoffes zu einer jüngeren Leserschaft. Ob dies jedoch einen ernsthaften Versuch darstellt, Kids mit Gimmicks zum Kauf zu animieren, oder ob man die Sticker vielmehr mit einem Augenzwinkern zu verstehen hat, bleibt offen. Nicht zuletzt wird im launigen Begleittext geraten, man solle sich im Fall, dass man die Sticker schief eingeklebt hat, doch einfach einen neuen Band kaufen.

Amüsantes Experiment, dass  weniger durch die Story als durch den visuellen Stil auffällt

LastMan 1
Reprodukt, 2015
Text/Zeichnungen: Bastien Vivès, Michaël Sanlaville, Balak
Übersetzung: Volker Zimmermann
216 Seiten, s/w und farbig, Softcover
Preis: 18 Euro
ISBN: 978-3-95640-010-0
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