Kopfgeldjäger John Tiffany sitzt gerade in einem Restaurant in Mexico City, als er von einem Mann mit Cowboyhut überrascht wird, der sein Geld ebenfalls mit der Jagd auf Menschen verdient. Wie sich herausstellt, ist Tiffany mittlerweile selbst zur Zielscheibe geworden und bringt seinem Finder ein hübsches Sümmchen ein. Die Frage ist nur, wer den Auftrag dafür gegeben hat. Und, fast noch wichtiger, hat einer seiner engsten Vertrauten seinen Aufenthaltsort verraten?
John Tiffany ist eine Thrillerserie aus der Feder von Szenarist Stephen Desberg, dem man u.a. Reihen wie I.R.$. oder Der Skorpion zu verdanken hat. Zusammen mit dem amerikanischen Zeichner Dan Panosian, der zuvor für die großen US-Verlage tätig war, hat der Belgier einen actionreichen Stoff konzipiert, der durchaus überrascht. Denn obwohl die Handlung mit der Darstellung eines vor Coolness strotzenden, Anzug tragenden Killers beginnt, der selbstredend stark im Zentrum dieses Comics steht, bleiben einem nach dem Lesen des ersten Albums, „Das Geheimnis des Glücks“, eher die untypischen Versatzstücke in Erinnerung. Anders als bei ähnlichen Genrevertretern, in denen Auftragsmörder, Spione oder Kopfgeldjäger prominent besetzt sind, ist die Figur des John Tiffany weder allzu düster gezeichnet, noch wird sie als unbesiegbar dargestellt.
Desbergs Figur entfährt hin und wieder ein Schmunzeln, sie profitiert auch mal mehr vom Glück als von ihrer Professionalität und ihrer Erfahrung im zwielichtigen, brutalen Geschäft, und sie hat Schwächen, die ihr beinahe zum Verhängnis werden. Sehr gut gelungen ist diesbezüglich die Einführung der vier Vetrauten Tiffanys, die bei genauerer Betrachtung einen recht bunten Haufen bilden. Da wären: Ein verständnisvoller Reverend, ein chinesisches Genie, eine republikanische Hardlinerin im Sarah-Palin-Look und eine bezaubernde Prostituierte. Gerade die Beziehung zu letzterer wird im Comic stärker beleuchtet, da John Tiffany zu ihr romantische Gefühle aufgebaut hat (was ihm zusätzlichen Ärger einbringt). Die Schilderung dieser Romanze ist wohlgemerkt sehr anrührend und lockert den Plot wohltuend auf. Es sind eben die Randaspekte, die das erste Album der Reihe zu einer lockeren Mischung und zu einer positiven Überraschung machen.
Aber natürlich gibt es sie auch hier, die schnittigen Verfolgungsjagden, die Baller- und Prügeleien. Denn immerhin geben die ersten Seiten mit der Erkenntnis, dass auf Tiffany selbst ein beträchtliches Kopfgeld ausgesetzt ist, den Takt und die Zielrichtung der Story vor. Und es ist ein cleverer Schachzug von Desberg, dass er einem der illustren Partner Tiffanys einen Verrat andichtet. Aus der Frage heraus, welche der Personen hierfür verantwortlich ist, entsteht eine spannende Dynamik. Denn eins ist recht schnell klar: Ein Kopfgeldjäger mit echten Freunden überlebt nicht lange, wenn diese ihm in den Rücken fallen. Und romantische Gefühle kann man sich in dem Beruf eigentlich ohnehin nicht leisten.
So ist John Tiffany ein Krimi, der zwischen harter Action und lockeren, zuweilen fast humoristischen Szenen genau den richtigen Ton trifft. Eine Mixtur, die, ergänzt um die ansprechende Bebilderung Panosians, einen guten Eindruck hinterlässt. Mit dieser Formel lässt sich auf eine ebenso geglückte Fortsetzung in den weiteren Ausgaben der Reihe hoffen.
Unterhaltsame Krimiserie mit einer gewissen Lockerheit und passendem Artwork
dani books, 2015
Text: Stephen Desberg
Zeichnungen: Dan Panosian
Übersetzung: Gerd Syllwasschy
56 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 14,99 Euro
ISBN: 978-3-95956-001-6
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