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HOKIOI 1 – Die Schiffe des Teufels

Rund um die Halbinsel Neufcolline verschwindet das Wasser, mit ihm die Fische und zu allem Überfluss auch noch die besten Seefahrer. Was ist da los? Dieses Rätsel zu lösen schickt sich Clé an, die Tochter eines verschollenen Seefahrers. Es verspricht, abenteuerlich zu werden. 

Doch der erste Band von HOKIOI ist nicht viel mehr als das: ein Versprechen, dass in Zukunft etwas passiert. Denn in „Die Schiffe des Teufels“ passiert herzlich wenig.

Beim Auspacken merkt man sofort, dass in die Gestaltung des vom Spielehersteller Bootsmann Games eigenproduzierten ersten Bandes viel Liebe geflossen ist: Der Umschlag des querformatigen Softcovers ist aus einem schönen, unbehandelt anmutendem, rauen Papier, das mit den Farben Blau und Weiß bedruckt ist. Schrift- und Bildgestaltung runden den originellen, guten ersten Eindruck ab.

Beim Durchblättern merkt man auch sofort: Dies ist kein Comic, in dem Panel auf Panel folgt.  Die Doppelseiten sind rahmenlos durchgestaltet, Bilder gehen fließend ineinander über. Die Sprechblasen führen über die Seiten, ohne dass man irgendwann den Überblick verliert, wo man weiterlesen muss. Das ist gestalterisch anspruchsvoll. Jörg Menge, Autor und Zeichner der Geschichte sowie hauptberuflich Grafiker, hat das überwiegend mit Bravour gelöst.

Die Zeichnungen stecken voller Leben und versprühen eine hingebungsvolle Liebe zum Detail. Leider sind sie auf mehreren Doppelseiten aber auch unübersichtlich und konfus. Hier hätte Menges Sohn Max mit den Farben für etwas mehr Klarheit sorgen können. Doch die sind selbst knallebunt bis zu einem Maß, dass der Fokus verloren geht. Statt zu versuchen, alle Farben des bekannten Spektrums zu nutzen, hätte bei den lebhaften Zeichnungen geholfen, mehr Augenmerk auf eine deutlichere Trennung von Vorder- und Hintergrund zu legen.

Die Illustrationen können zudem an vielen Stellen die eindeutige Fotovorlage (im Sinne von “Foto durchgepaust“) nicht verleugnen. Manchmal wirkt es gar wie Fotos, die mit einem Kunstfilter aus Photoshop umgewandelt wurden. Darüber hinaus sieht man, dass Teile von Bildern nachträglich skaliert wurden, wodurch die Linien der Zeichnungen auf einer Doppelseite mitunter deutlich unterschiedlich dick sind. Kann man mögen, den beteiligten Künstlern macht das offensichtlich nichts aus. Mir gefällt es aber nicht.

Ganzheitlich gesehen sind die Bilder gelungen. Die doppelseitige Gestaltung, die man ähnlich vielleicht aus Frank Millers 300 kennt, geben dem Buch etwas künstlerisch Anspruchvolles. Jörg Menge erzählt in einem Interview, dass er eine Ausstellung mit den Bildern bestücken möchte. Ich kann mir vorstellen, dass das gut wird. Denn wenn man sich darauf einlässt, kann man angenehm in die Welt von Neufcolline eintauchen.

Dabei helfen auch die gut geschriebenen Dialoge, bei denen die Tochter Menges, Karolin, mitgeholfen hat. Der harte Seemannssprech, mit dem man gleich zu Beginn gefordert wird, bedarf Eingewöhnung, ist aber tatsächlich mehr charmant als anstrengend. Es wird angenehm viel Persönlichkeit über das gesprochene Wort transportiert – allerdings an vielen Stellen etwas zu ausschweifend, wenn beispielsweise  deutlich zu lange über “Frühstück” philosophiert wird. Hier hätte eine Straffung gut getan. Auch, weil mit den vielen Worten häufig ein, wenn nicht sogar der, Kardinalfehler beim Erzählen mit Bildern gemacht wird: die Missachtung der Regel “show, don’t tell”. Man erfährt viele Information dadurch, dass sie von den Figuren erzählt werden. Nichts erlebt man als Leser in dieser Geschichte selbst, man ist Beobachter und Zuhörer. Dazu kommt, dass Bilder und Text teilweise gegensätzliche Inhalte transportieren. Wenn wiederholt davon erzählt wird, dass das Wasser verschwindet, in nahezu allen Bildern aber Wasser abgebildet ist, dann weiß ich nicht, worüber dort eigentlich geklagt wird. Damit geht Glaubhaftigkeit verloren.

Schlussendlich ist HOKIOI – Die Schiffe des Teufels trotz der schönen Bilder und der guten Dialoge am Ende enttäuschend. Weil mir etwas anderes versprochen wurde. Angekündigt wurde der Band als “vereinnahmende Geschichte über Freundschaft und Hoffnung”. Dass “eine Abenteuergeschichte auf hoher See beginnt, als Clé und ihr treuer Gefährte Sebastien die kleine Halbinsel Neufcolline verlassen und sich den Geheimnissen und Gefahren einer fantastischen Welt stellen”. Nichts davon passiert in diesem ersten Band.

Von “Abenteuern auf hoher See” wird lediglich erzählt (siehe oben: „show, don’t tell“). Dass Sebastien für Clé ein treuer Gefährten ist, kann man höchstens erahnen. Und verlassen wird Neufcolline zwar am Ende, allerdings nur, als unbeholfen zu einem anderen Setting und vorher nie vorgestellten handelnden Figuren gewechselt wird.

Vieles deutet darauf hin, dass der Folgeband das ein oder andere Versprechen einlöst. Muss er auch, denn die Ankündigung und Zusammenfassung ließ mich schon von „Die Schiffe des Teufels“ mehr erwarten. Weshalb ich in der Konsequenz enttäuscht wurde. Schade.

Erfüllte als erster Band nicht die Erwartungen, die er weckte

HOKIOI 1 – Die Schiffe des Teufels 
5von10Bootsmann Games, 2018
Text und Zeichnungen: Jörg Menge & Karolin Menge
Zeichnungen: Jörg Menge
Idee & Kolorierung: Max Menge
90 Seiten, farbig, Softcover
Preis: 23,50 Euro
ISBN: 978-3-00-059160-0
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