Christophe Bec ist als Autor ein Phänomen. Wenn man seine Storys genau betrachtet, sind sich diese nicht nur ziemlich ähnlich, mit ihnen ist auch eigentlich nicht viel los. Da ist das obligatorische Grundrätsel schon das Faszinierendste, während die Geschichte oft vor sich hindümpelt. Auch die Charakterisierungen seiner Figuren sind oftmals sehr oberflächlich.
Aber die Rätsel, die gestellt werden und die Settings, in denen sie stattfinden, ziehen einen unweigerlich in das Geschehen und faszinieren. Man will wissen, was es mit dem Ganzen auf sich hat, wie es zusammenhängt und weitergeht. Allzu oft ist dann die Auflösung, verglichen mit dem ursprünglichen Mysterium, etwas enttäuschend. Neben einigen großartigen Serien wie etwa Pandämonium gibt es schwächere wie Bunker, die ihre eigentliche Story sogar ganz aus den Augen verlieren.
Becs neue Reihe Deepwater Prison ist weniger verschachtelt als andere seiner Serien und sehr viel gradliniger erzählt. Man stellt sich angesichts der vergleichsweise linear ablaufenden Dramaturgie zwar die Frage, wie verschiedene Teile dieses Auftakts zusammengehören, aber auf den letzten beiden Seiten werden da schon mehr als deutliche Hinweise gegeben. Hier ist es weniger Mystery denn ein Thriller, der in zukünftigen Episoden vielleicht noch um Actionelemente ergänzt wird.
Unser Held ist ein Soldat, der im Irakkrieg einen Befehl verweigerte und nun seine Strafe in einem Hochsicherheitsgefängnis tief unter dem Meer absitzen muss. Unter den dort hinhaftierten Schwerverbrechern ist die Stimmung hochexplosiv. Das wird nicht gerade besser, als plötzlich eine Frau in der Männerdomäne auftaucht. Denn in der Nähe der Strafanstalt ist eine Bohrinsel gesunken, deren Brand eine gewaltige Umweltkatastrophe ausgelöst hat. Nun soll diese Umweltbeauftragte der UNO herausfinden, ob die Betreibergesellschaft Mitschuld an dem Unglück hat. Die erteilt daraufhin prompt einen Mordauftrag. Wem kann man trauen? Und was haben die Riesenmuränen damit zu tun?
Das Setting und die Atmosphäre sind hier alles; und auch wenn die Figurenkonstellationen doch sehr klischeehaft und oberflächlich geraten sind, macht Bec das immerhin dadurch wett, dass er über den Rückgriff auf die untergegangene Bohrinsel im mexikanischen Golf die Erinnerung des Lesers an reale Ereignisse weckt. Zudem sorgen die naturalistischen Zeichnungen dafür, dass die dramaturgischen Schwächen in den Hintergrund geraten und man sich gerne unter Wasser ziehen lässt. Wobei die Action, wie üblich bei Stefano Raffaele, etwas statisch ausfällt und die Gesichter etwas fratzenhaft sind (ähnlich übrigens wie in Doppelgänger, wo Bec selbst als Zeichner fungierte). Aber die Atmosphäre ist stimmig und die aufgebaute Spannung reicht aus, um zum Weiterlesen zu animieren. Für Freunde von maritimen Geschichten ist Deepwater Prison wohl ein Muss. Und für Fans von Bec sowieso.
Trotz einiger Klischees sorgen vor allem das Setting und die Zeichnungen für lustvolles Weiterlesen.
Splitter Verlag, 2014
Text: Christophe Bec
Zeichnungen: Stefano Raffaele
Übersetzung: Resel Rebiersch
56 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 14,80 Euro
ISBN: 978-3-95839-017-1
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