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Conan, der Cimmerier 1 und 2

Wenn man sich der Figur Conan auf respektvolle Weise annähern möchte, gibt es zwei Möglichkeiten. Die erste besteht darin, die Geschichten von Robert E. Howard zu adaptieren. Die zweite Herangehensweise ist, Robert E. Howard ebenfalls zu adaptieren, darüber hinaus aber die vielen biografischen Lücken des Barbaren zu ergänzen – möglichst im Sinne Howards – und so eine große epische Erzählung entstehen zu lassen. Der zweite Ansatz ist umstritten, tatsächlich jedoch die meiste Zeit Usus gewesen. Nimmt man ein altes Conan-Taschenbuch des Heyne-Verlags zur Hand, so bekommt man vor jeder Geschichte, die im Regelfall 20 bis 60 Seiten umfasst, eine kleine biografische Einordnung des Geschehens, so dass man bald lückenlos darüber aufgeklärt ist, in welchem Alter sich Conan an welchen Orten befand. Auf diese Weise konnten Epigonen wie Lin Carter und L. Sprague de Camp mühelos an entsprechenden Bausteinen des Epos andocken und die Erzählung nach Lust und Laune weiterspinnen.

Wenn nicht anders abgegeben: Alle Abbildungen © Splitter

Als die ersten Comicadaptionen von Marvel in den 1970er Jahren entstanden, orientierte man sich an dieser Herangehensweise und adaptierte die Geschichten von Lin Carter und L. Sprague de Camp gleichwertig mit denen von Robert E. Howard – was schon deswegen geboten war, da das Œuvre des Texaners Howard, der nur 30 Jahre alt wurde, überschaubar war. Auch als Dark Horse Comics die Lizenz 2006 erwarben, hielt man am Prinzip der Vermischung von Howard-Adaptionen mit frei dazu gedichteten Anteilen zur Überbrückung der Leerstellen fest, nur waren zu diesem Zeitpunkt nur noch Howards Stories zur Orientierung gestattet, der Einfluss der Epigonen wurde zurückgedrängt.

2018 startete beim französischen Glénat-Verlag nun die erste europäische Serie mit Conan-Geschichten, da die Figur nach europäischem Recht keinem Urheberschutz mehr unterliegt. Es handelt sich dabei um werkgetreue Adaptionen der Howard-Geschichten, wobei jeder Band von einem anderen Künstler bzw. Künstlerteam gestaltet ist. Nun liegen die ersten beiden Bände auf Deutsch vor, und sie überzeugen gerade deswegen, weil sie sich so konsequent dem etablierten Look fernhalten, wie er vor allem von Frank Frazetta, später natürlich auch durch die Filme mit Arnold Schwarzenegger etabliert wurde.

Die Königin der Schwarzen Küste

Conan und Bêlit, die Piratenkönigin.

Der erste Band der Reihe, „Die Königin der Schwarzen Küste“, gestaltet von Pierre Alary nach einem Skript von Jean-David Morvan, bürstet unser Bild von Conan konsequent gegen den Strich und ist mit seinem cartoonigen Stil so weit weg von Frazetta, wie es nur irgendwie möglich ist. Das macht den Vergleich mit den bisherigen Versionen der Geschichte um Bêlit, die Pirartenkönigin, reizvoll. Die Marvel-Version von 1975, gestaltet von John Buscema und Roy Thomas, war ganz im klassischen Stil der farbigen Kiosk-Hefte unter dem Comics Code und ist solide erzählt, inzwischen jedoch auch spürbar gealtert. Eine zweite Variante gab es 2012 von Becky Cloonan und Brian Wood, und schon hier war das Bedürfnis erkennbar, dem wuchtigen Barbaren, wie wir ihn kennen, eine neue Variante entgegenzusetzen. Das Ergebnis war durch den mutigen Versuch, alles anders machen zu wollen, durchaus respektabel, aber der neue, verschlankte Conan von Cloonan blieb doch unpassend. Das macht es doppelt spannend für Morvans Conan. Kann er der Vorlage gerecht werden oder verblasst auch sein Conan gegen die übermächtigen Vorbilder? Aber Alary überzeugt. Mag sein Strich auch noch so reduziert und am Funny angelehnt sein, sein Barbar behält die grimmige Aura, also genau das, was bei Cloonan abhandengekommen ist. Vor allem aber ist das Storytelling von Morvan und Alary aufs Wesentliche reduziert und rasant, ohne dass dabei jedoch feine Nuancen übergangen werden.

Die entscheidende Schlüsselszene, die Morvan und Alarys Können am besten auf den Punkt bringt, ist der Dialog zwischen Conan und dem Seemann Tito, bei dem Conan auf der Flucht vor seinen Feinden Zuflucht findet. Bei Robert Howard, ebenso bei Cloonan und Roy Thomas, entsteht zwischen den beiden eine Art Männerfreundschaft. Bei Morvan und Alary bekommt die Sache hingegen einen interessanten Twist: „Du gefällst mir, Conan“, sagt Tito. Conan jedoch erwidert, „Tut mir leid, Seemann, aber du bist nicht meine Kragenweite.“ Als der Seemann aber nervös wird, fängt Conan zu lachen an und meint, „Keine Bange, das war nur Spaß“. Mit diesem kleinen Schlagabtausch wird auf einmal plausibel, was bisher immer unklar geblieben ist: Der Charakterzug Conans, der es ihm gestattet, im späteren Verlauf der Story den Tod der Bootsmannschaft lässig abzuschütteln und ohne Gewissensbisse zur Piratin Bêlit überzulaufen – die ja nun tatsächlich eher seine Kragenweite ist.

Conan und Tito, der Seefahrer. Nur ein Zweckbündnis.

Morvan und Alary sind die ersten Künstler, die es verstehen, das Verhältnis zwischen dem Seefahrer und Conan so darzustellen, dass es glaubwürdig ist. Es ist eben nie auf Augenhöhe, sondern immer auf Distanz und unter Vorbehalt. Alary zeigt diese Haltung in jeder Linie, mit jeder Geste, mit jedem Blick. Grafisch wie erzählerisch gerät „Die Königin der Schwarzen Küste“ so zu einem elegant konzipierten Gesamtkunstwerk, das jetzt schon zu den Meilensteinen der Conan-Adaptionen gezählt werden kann.

Natohk, der Zauberer

Der zweite Band der Reihe, „Natohk der Zauberer“, muss sich, anders als „Queen of the Black Coast“, mit ziemlich übermächtigen Vorbildern messen lassen. Bereits Roy Thomas und John Buscemas Adaption von 1974 für das Magazin Savage Sword of Conan, welches nicht den Beschränkungen des Comics Code unterlag, setzt die Messlatte ziemlich hoch, denn Buscemas Schwarzweißgrafik, noch dazu getuscht von Alfredo Alcala, ist nahezu unerreicht. Atmosphärisch und erzähltechnisch wurde schon diese Adaption der Vorlage mehr als gerecht: Robert E. Howards Pulp Fiction mag davor schon reizvoll gewesen sein, aber erst die Adaption von Buscema ließ Conan auch cool aussehen.

Shudder before the beautiful! Die Eingangssequenz von „The Black Colossus“, gesehen von John Buscema (1974), Ronan Toulhoat (2018) und Tomás Giorello (2009). © Marvel, Splitter und Dark Horse.

Tim Truman und Tomás Giorello, die „The Black Colossus“, wie die Geschichte im Original heißt, 2009 für Dark Horse ein weiteres Mal adaptierten, gelang dennoch das Kunststück, die 70er-Jahre Version noch zu toppen und auch Kenner des Materials durch eine interessante Perspektive zu überraschen. Mit viel Fingerspitzengefühl schmückten sie die komplexe, in Howards Story nur angedeutete Rahmenhandlung aus und hielten das Niveau bis zuletzt hoch, während bei Buscema und Thomas der Monsterkampf am Ende doch etwas von einer Geisterbahn hatte – oder von 50er-Jahre-EC-Comics, das kann man sich aussuchen.

Das neue Album nun von Vincent Brugeas und Ronan Toulhoat spielt hingegen einmal mehr die Vorzüge des großformatigen Hardcovers aus und schwelgt verschwenderisch in großen Bildern, üppigen Dekors und schönen Kostümen. Hier ist kein Vergleich an die Optik des Fell-Barbaren aus John Milius‘ Film mehr zu sehen, eher schon gleicht dieser Conan einem Ritter, wie ihn Ridley Scott in Szene gesetzt hätte. Die Farbgebung des Albums kann man nur als spektakulär bezeichnen, so dass wir mit dem vorliegenden Comic einen blendend schönen Gegenentwurf zur Buscema-Version von 1974 haben. Buscema transportierte bei aller grafischer Brillanz eben immer auch eine gewisse Dirtyness. Das aktuell vorliegende Album hingegen ist eine sehr moderne Top-Produktion in Breitwandoptik.

Gelungene europäische Variante einer amerikanischen Sword-and-Sorcery-Legende

Conan der Cimmerier 1 – Die Königin der Schwarzen Küste9von10
Splitter, 2018
Text: Jean-David Morvan, nach einer Vorlage von Robert E. Howard.
Zeichnungen: Pierre Alary
Übersetzung: Harald Sachse
64 Seiten, Farbe, Hardcover
Preis: 15,80 Euro
ISBN: 978-3962192020
Leseprobe
Conan der Cimmerier 2 – Natohk, der Zauberer8von10
Splitter, 2018
Text: Vincent Brugeas, nach einer Vorlage von Robert E. Howard
Zeichnungen: Ronan Toulhoat
Übersetzung: Harald Sachse
72 Seiten, Farbe, Hardcover
Preis: 15,80 Euro
ISBN: 978-3962192037
Leseprobe

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