Wieso funktioniert die Kombination der Genres Western und Horror eigentlich nicht? Angesichts der wenigen Versuche, diese beiden ehrwürdigen Gattungen in Comics oder auch in Filmen zu verbinden, freut man sich immer wieder auf einen neuen Genrebeitrag, der diesen Weg beschreitet; und sieht sich immer wieder enttäuscht. Aber warum nur?
Monster gab es immer – also warum nicht auch im Wilden Westen? Ist es der fehlende Gothictouch des Westerns und die Reduktion auf einige wenige ungeheuerliche Möglichkeiten? Ist etwa der kulturell-mythologische Hintergrund Europas einfach größer als derjenige Nordamerikas und der indianischen Ureinwohner? Wohl kaum, denn hier besteht noch Spielraum, die mythologisch angehauchten Monster zu entdecken, zu untersuchen und deren Background zu erweitern, oder eben sogar neue zu schaffen. Das hätte man auch bei einem so versierten Autor wie Éric Corbeyran erwartet, schließlich hat er sich in seinen Serien nicht immer sklavisch an Genrevorgaben gehalten. Das Problem liegt wohl vielmehr an den festgefahrenen Genremustern des Westerns, die – vor allem im Comic – ziemlich ausgereizt sind, wohingegen der Horror durch kreative Köpfe immer wieder neu wirken kann.
In der neuen Serie Badlands besteht zunächst Hoffnung, denn am Anfang werden einige typische Muster kurz bedient. Doch nach dem Auftakt dient der Western eindeutig nur noch als Kulisse, in der die anderen Genreelemente aufgeführt werden.
Perla ist eine junge Frau, die einen Indianer, einen Scharfschützen und einen Wissenschaftler engagiert hat, um herauszufinden, was es mit einer geheimnisvollen Box auf sich hat, die ihrem Besitzer übernatürliche Macht verleihen soll (der Würfel aus Hellraiser lässt grüßen). Nach einem Schusswechsel mit einigen Städtern reisen sie in die Wildnis, da der Würfel angeblich nur in mystischen Umgebungen funktioniert – woher auch immer sie das wissen wollen. Dort begegnen sie verschiedenen Geistern und müssen erkennen, dass die Box eine Art Schlüssel zu einem Tor ist, das man besser verschlossen hielte.
Nach einem typischen Westernbeginn mit erheblichen Storylücken und bekannten Settings wie etwa dem Monument Valley, nimmt die Geschichte erst Fahrt auf, wenn sie auf indianische Mythen verweist und auf die Historie der amerikanischen Ureinwohner zurückgreift. Die ersten Geister, die man hier sieht, sind dann sogar durchaus neu und interessant, wecken mit vermeintlich innovativen Ideen aber sogleich Erwartungen, die nicht eingehalten werden. Stattdessen gibt es wieder einmal, langweiligerweise, einen Rückgriff auf den guten alten H.P. Lovecraft. Fällt den Autoren denn wirklich nichts Neues mehr ein?
Die Pulp-Hommage in Form der Lovecraft-Referenzen wirkt hier eindeutig fehl am Platze und lässt einen eher mit den Augen rollen. Corbeyran und sein Zeichenpartner Piotr Kowalski beschreiten somit keine neuen Pfade und destillieren nichts Neues oder Originelles aus der Genrekombination. Mit derart unnötigen Popkulturzitaten macht man es sich zu einfach.
Doch die Story krankt auch an anderen Ecken: Die Motive der Figuren sind äußerst unklar, ihre Charaktere sind nur schwach umrissen und bieten nichts, was über die absolute Notwendigkeit hinausgeht. Zeichnerisch ist das alles sehr gefällig, aber auch oft posenhaft – und so bleibt am Ende doch wieder nur Enttäuschung und man legt die DVD Dead Birds ein, um eine der wenigen gelungenen Genrekombinationen aus Western und Horror noch einmal zu genießen. In der Hoffnung, dass es irgendwann noch mal funktionieren wird.
Wieder scheitert eine Kombination aus Horror und Western im Comic, nicht zuletzt wegen ihrer lückenhaften Story.
Splitter Verlag, 2014
Text: Éric Corbeyran
Zeichnungen: Piotr Kowalski
Übersetzung: Tanja Krämling
48 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 13,80 Euro
ISBN: 978-3-95839-030-0
Leseprobe
Ich finde The Sixth Gun 1 von Cullen Bunn und Brian Hurtt kriegt die Fusion ziemlich gut hin.