In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche sonst noch so zu Gemüte geführt hat.
Stefan: Ich war zu Besuch in Hannovers neuem Edel-Premium-Kino Astor für die Zielgruppe Ü40. Es gab Popcorn, Getränkehalter und Kunstledersitze, die leicht zurückklappen. Alles in allem ein absolut austauschbares Kino, das ziemlich identisch mit den anderen Multiplex-Filialen ist. Als Fazit zitiere ich das Paar, das eine Reihe hinter mir saß und gut zehn Minuten seiner Enttäuschung über den neuen Filmpalast Ausdruck verlieh: „Es ist wie das alte, nur mit Spiegeln an den Wänden“. Irgendwie passend, versuchen doch manche langjährig liierte Paare mit Spiegeln unter der Schlafzimmerdecke oder Filmen wie 50 Shades of Grey wieder etwas Schwung in den ergrauten Alltag zu bringen. Vielleicht klappt das ja auch bei den darbenden Kinos. (Mehr Bilder vom Astor-Kino)
Benjamin: Rechtzeitig zum Beginn der ersten Staffel von Better Call Saul hab ich mir den offiziellen Comic zum Breaking Bad-Spin Off auf der Website des US-Senders AMC zu Gemüte geführt. Das von Jenn Carroll, Gordon Smith und Steve Ellis erschaffene Werk ist komplett kostenlos abrufbar und rückt neben dem windigen Anwalt Saul Goodman vor allen Dingen dessen Mann fürs Grobe, Mike, in den Mittelpunkt. Das Ganze ist nicht viel mehr als ein ganz nettes Goodie für Kenner, aber da es nix kostet, lohnt sich das Durchklicken.
Christian: The Wicker Man, Atemlos vor Angst, Der Clan der seine Feinde lebendig einmauert, Contrabande, Don’t look now, Malastrana. Das sind nur einige der seltenen Filmjuwelen, die ich wohl nie gesehen hätte, wenn nicht Dominik Graf in diesem überragenden Filmbuch darüber geschrieben hätte. Graf ist sicher einer der interessantesten deutschen Regisseure heutzutage, vor allem aber kann der Mann verdammt gut über Filme schreiben. Wer Empfehlungen abseits ausgetretener Pfade sucht, liegt mit diesem Buch goldrichtig. Er findet konsequent die Juwelen im wenig Beachteten und Verschmähten, er erkennt die Größe von Regisseuren wie Lucio Fulci (ja, der italienische Zombie-Trashmeister) und Damiano Damiani, er lobt genau die richtigen Filme von Brian de Palma und sieht auch in Paul Verhoevens Showgirls und selbst bei Derrick Poesie und Größe. Aber auch im Mainstream ist Dominik Graf ein kenntnisreicher und vor allem geschmackssicherer Begleiter, sei es Spielbergs Minority Report, die Serie Dr. Who oder Altbekanntes wie Blade Runner oder Apocalypse Now. Wenn Dominik Graf etwas mag, dann hat das seinen Grund. Verrisse indessen sucht man in dem Buch vergebens. Wie auch, „schläft“ doch „ein Lied in allen Dingen“ (Joseph von Eichendorff). So muss Kritik sein.
Daniel: Ich habe mich diese Woche weiterentwickelt: Auf Stufe 3. Bei dem asymmetrischen Ego-Shooter Evolve auf der Playstation 4 nimmt man entweder die Rolle eines Monsters ein oder man verfolgt das Biest als einer von vier Jägern. Bei dieser Schnitzeljagd ist oftmals nicht ganz klar, wer das Schnitzel ist – und wer nicht. Zwei ganz unterschiedliche Spielmodi stehen sich gegenüber: Während der Monster-Spieler solange wie möglich versucht, unentdeckt zu bleiben, um Kraft zu tanken, müssen die vier Jäger ihre jeweiligen Rollen genau verstehen. Das Monster besiegen, werden sie nur als Team. Obgleich die Spielefirma 2K derzeit Anfeindungen der Fans wegen der Kosten der DLCs (bereits angekündigte Erweiterungen) ausgesetzt ist, spielt sich das Starterpaket wirklich interessant. Ob es auf lange Zeit Vergnügen bereitet, bleibt abzuwarten.
Falls mich jemand jagen möchte – mein PS-4-Account lautet: Limettenpresser
Daniel: Und wo kommen all die ganzen Monster her? Aus dem Brettspiel Dungeon Petz. Spieleentwickler Vlaada Chvatil (Galaxy Trucker) hat mit diesem Worker-Placement-Spiel einen echten Brainburner geschaffen. Die Gehirne der zwei bis vier Spieler werden sich um die verschiedenen Wege zum Sieg winden: Sollen sie mehrere gefräßige Monster kaufen oder nur eines in einem stabilen Käfig hochpäppeln? Design und Thema des Brettspiels sind perfekt auf den Spielmechanismus abgestimmt: Es gibt kleine braune Kackkuben, schwarze Schlechte-Laune-Token und süße Monster, die man am liebsten auffressen möchte. Allein der Mechanismus mit den Bedürfniskarten muss erst verinnerlicht werden.
Benjamin: Jüngste historische Aufzeichnungen belegen: Selbst der Führer hat das Comiclesen geschätzt und kam an diesem damals noch neuen Phänomen der sogenannten Superhelden nicht vorbei. Das Bild auf der Toilette entstammt natürlich Grant Morrisons verquerem Gehirn und ist Teil seines interdimensionalen DC-Projektes Multiversity. [Leseprobe zu Mastermen, gezeichnet von Jim Lee!]
Was habt ihr diese Woche gekauft, gesehen, gelesen, gespielt? Postet eure Bilder, Geschichten und Links einfach in die Kommentare.
Diese Woche sind mir diese Comics in Falle gegangen: Black Science von Rick Remender und Criminal: Coward von Ed Brubaker und Sean Phillips. Meinen Spieltrieb habe ich mit Grim Fandango gestillt. Wiedersehen macht Freude. Diese irre Mischung aus Art Déco, Casablanca und aztekischer Unterwelt hat mein Spielerherz wieder sehr erfreut. Da übersieht man gerne diese Rätsellogik aus der Vorhölle. Hier unten Artwork von Peter Chan.
Grim Fandango (Artwork by Peter Chan)
Grim Fandango steht auch immer noch auf meiner Liste.