In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.
Daniel: Nachdem ich 2004 ein Jahr in Detroit verbracht habe, geht mir die Stadt nicht aus dem Kopf. Wann ich immer eine Dokumentation (Detroit Wild City) oder einen Spielfilm (Only Lovers left alive) sehe, der in Detroit spielt, muss ich ihn sehen. Es erzeugt ein Gefühl der Verbundenheit. Und dennoch muss ich jedes Mal aufpassen nicht dem ruin porn, der Schaulust sich an Ruinen aufzugeilen, zu verfallen. Auch Ryan Goslings Regiedebut Lost River tendiert in diese Richtung. Wie lässt sich das Lebensgefühl einer Stadt darstellt, deren Häuser leerstellen und verfallen – ohne die Menschen außer Acht zu lassen, die dort immer noch leben? Gosling hat bekannte Schauspieler zusammengetrommelt: Christina Hendricks (Mad Men), Ian De Fastecker (Agents of S.H.I.E.L.D.), Matt Smith (Dr. Who) und Eva Mendes. Aber wie geht er mit dem ruin porn um? Er zeigt zwar die heruntergekommenen Häuser und ästhetisiert deren Abriss, doch nie ohne die Reaktion der Menschen, die direkt daneben wohnen, in Szene zu setzen. Und dennoch mag ich den Film nicht. Warum? Lost River fühlt sich an wie naives Gedicht, ohne Versmaß, ohne Rhythmus, aber mit wunderschönen Bildern und einfühlsamen Thema.
Christian: Detroit? Da kommt der Klezmer-Musiker Daniel Kahn ursprünglich her, der aber schon seit vielen Jahren in Berlin lebt. Ich habe ihn in den letzten Jahren zwei Mal live gesehen und fand vor allem den Auftritt mit seiner Band The Painted Bird zum Niederknien. Mir fällt keine andere Klezmer-Band ein, die so vielseitig ist. Böse, aber auch wunderschöne Musik, die ich zwar live kennengelernt habe, die aber auf CD und Schallplatte hervorragend funktioniert.
Frauke: Detroit? Da kommt Eminem her und lebt immer noch dort. Über sein Plattenlabel Shady Records, das er zusammen mit seinem Manager Paul Rosenberg gegründet hat, gab es 2014 zum 15. Jubiläum eine kurzweilige Dokumentation, die mir als altem Fan viel Spaß gemacht hat. Besonders schön zu sehen, wie entspannt hier zwei Menschen miteinander umgehen, die sich offensichtlich in- und auswendig kennen.
Christian: Das Buch Actionkino vom Bertz-Verlag ist keine umfassende Abhandlung zum Actiongenre, aber eine sehr unterhaltsame und intelligente Sammlung von Essays zu einigen gut ausgewählten Filmbeispielen. Trotzdem wird auch die Chronologie des Actionfilms nachgezeichnet: Von den Anfängen, die noch nicht per se Actionfilme waren, sondern erst im Nachhinein als Ursprünge des Hybridgenres Actionfilm eingestuft wurden (Dirty Harry, Rambo) über die Turbo-Actionfilme der 80er, bei denen Action nicht mehr Teil der Handlung, sondern Selbstzweck war (Die Hard, Mission Impossible, Terminator 2), bis hin zu den postmodernen Zitatfilmen (Kill Bill, The Expendables), die sich völlig in der Selbstreflexion verlieren und nur noch um ihre Medialität kreisen. Sehr gerne habe ich beispielsweise gelesen, dass David Morrells Romangrundlage zum ersten Rambo-Film zwar weitaus differenzierter ist als der Film, der Film aber dennoch die bessere Story erzählt, da er Positionen zuspitzt und verdichtet. Manchen Erzählungen hilft es augenscheinlich tatsächlich, wenn die Figuren nicht zu komplex angelegt sind, sondern als eindeutige Bedeutungsträger funktionieren. Solche fundierten, mit Beispielen gespickten Abhandlungen über seine Lieblingsfilme machen einfach Spaß. Es gibt eigentlich keinen Aufsatz im Buch, der nicht mindestens für ein großes Aha-Erlebnis gut ist – und man erhält die Möglichkeit, ein paar alte Filmchen mit neuen Augen noch mal zu betrachten.
Was habt ihr diese Woche gekauft, gesehen, gelesen, gespielt? Postet eure Bilder, Geschichten und Links einfach in die Kommentare.
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