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Währenddessen… (KW 7)

Nazi-Ameisen auf Terra II: Nicks Reise ins unendliche All wird zunehmend kurios.

Alle Abbildungen (c) Walter-Lehning Verlag, Hansrudi Wäscher. Sämtliche erwähnten Hefte erschienen 1959.

Christian: Endlich. Nach vielen Abenteuern startet Nick, der Weltraumfahrer, mit seiner Crew auf seinen ersten intergalaktischen Raumflug. Beim Überschreiten der Lichtgeschwindigkeit taucht das Sternenschiff in eine übergeordnete Dimension ein, man muss dann nur noch die geeigneten Koordinaten eingeben und schon ist man da, wo man hin will. Raum und Zeit sind überwunden. Genaues Rechnen und Präzision ist angesagt, sonst kann es passieren, dass statt weniger Sekunden ein paar Millionen Jahre vergehen, und die Zeitreise zurück in die Vergangenheit ist nach wie vor noch nicht erfunden. In den Nick-Heften 79 und 80 verleiht Hansrudi Wäscher den ersten Abenteuern im All einen Hauch von Wissenschaftlichkeit, wenn die Figuren über den Aufbau der Milchstraße plaudern. Das hat Wäscher sogar Lob von der BpjM eingebracht. Gegen Comics, die Belehren, haben sie nichts einzuwenden. Ich auch nicht.

Aus Nick 80: Unendliches All.

Aber Nick ist und bleibt ein Actioncomic, und wie bei jedem echten Raumschiffabenteuer ist natürlich auch hier ein Schurke an Bord: Jack, der Intrigante, der sich als blinder Passagier an Bord geschlichen hat, um dem Gefängnis zu entgehen (siehe Währenddessen… KW 4). Die Anwesenheit von Jack fällt zunächst nur dem Koch auf, weil der Schurke heimlich Essen stiehlt. Als der aber Meldung über den Lebensmitteldiebstahl macht, wird er von Nick brüsk angeraunzt: „Wer sollte schon Lebensmittel stehlen? Sie führen sicher Ihre Bücher nicht genau!“ Der dicke Koch – bei Hansrudi Wäscher sind Köche selten dünn – verhält sich trotzdem wie ein guter Soldat und fängt den Schurken ab. Da man Jack aber nicht nach Hause schicken kann und auch nicht darauf vorbereitet ist, den Kerl in Eisen zu legen, macht man ihn zum Mitglied der Crew unter Vorbehalt.

Aus Nick 79: Proxima Centauri

Jacks Schurkereien spielen im weiteren Verlauf der Story dann auch erst mal keine Rolle mehr. Wird sich der Kerl doch noch bewähren? Aber jetzt geht es um unheimliche Begegnungen ganz anderer Art, beispielsweise der Besuch eines komplett unsichtbaren Planeten. Kaum gelandet, stellt man fest, dass unsichtbare Wesen sich sofort daran machen, die Landefüße des Sternenschiffs anzunagen. „Greifbares Nichts“ und „Vom Grauen umringt“ heißen diese Episoden, in denen es durchaus unheimlich zugeht. Aber auch diesem Grauen begegnet man mit Wissenschaft und Methode. Man testet die Reaktion der Metallfresser auf beschichtetes Material und entwickelt spezielle Brillen aus Polarisationsglas, mit denen die Umgebung sichtbar wird. Eigentlich gehörten sich auch diese Hefte ausdrücklich gelobt. Die Story ist nahezu gewaltfrei und belohnt wird, wer seine Hausaufgaben macht. Nicks Crew erweist sich deutlich vernünftiger, als man das beispielsweise aus Ridley Scotts Prometheus-Filmen kennt und am Ende wagt man es sogar, eines der Eisenfresser-Aliens mit an Bord zu nehmen, schließlich ist das hier eine Tierexpedition. Jane Lee veranlasst, einen Käfig aus „gerichteten Schwingungen“ zu bauen, der verhindert, dass das Eisenfresserding je ausbricht und versehentlich das Raumschiff auffrisst. Die trauen sich was.

Hochtechnisierte Ameisen. Aus Nick 90: Kriegslist.

Tierisch geht es auch in der nächsten Episode zu, aber diesmal bleibt den Freunden die Möglichkeit verwehrt, Aliens für den geplanten Weltraumzoo einzufangen. Man findet einen erdähnlichen Planeten, auf dem es sogar Menschen gibt, aber diese haben sich nie weiterentwickelt. An Stelle der Menschen haben die Ameisen die Stufe der Intelligenz erklommen. Nick erklärt uns, dass das auch auf der Erde leicht hätte passieren können:

„Die Ameisen bei uns auf der Erde sind auch weit intelligenter als andere Tiere, aber in ihrer Entwicklung muss es einmal eine Art Kurzschluss gegeben haben. Der ‚Kurzschluss‘ war ein Glück für uns, denn sonst wären sie auch bei uns die vorherrschende Rasse. Die Ameisen waren viel früher auf der Welt als der Mensch.“

Interessant.

Leider sind die Ameisen auf Terra II einer ganz anderen Art von Kurzschluss unterlegen. Als Nick fasziniert die hoch technisierte Stadt der Ameisen bewundert und fragt, ob es denn noch viele weitere Städte dieser Art gibt, erklären ihm einige Ameisen via Gedankenübertragung:

„Oh nein! Wir sind das einzige Volk auf dieser Welt! Es gab früher viele Völker, aber wir haben sie alle vernichtet. Der Krieg hat 200 Jahre gedauert, aber wir sind als Sieger daraus hervorgegangen. Wir sind ein Herrenvolk und dulden niemanden neben uns. […] Bei uns wird alles Schwache ausgerottet! Nur die Elite bleibt am Leben, um ihr Bestes für das Ganze zu geben!“

Um auf Augenhöhe zu kommunizieren, verwenden die Ameisen Hubschrauber. Nick 90: Kriegslist

Auch eine Erkenntnis: Zweckmäßig ist nicht das Maß der Dinge. Aus Nick 90: Kriegslist.

Die primitiven Menschen – Wäscher bezeichnet sie leider sehr ungenau als Neandertaler – werden von den Ameisen zwar geduldet, da sie keine Konkurrenz darstellen, aber jetzt, wo die Ameisen sehen, dass Menschen ebenfalls eine hohe Zivilisationsstufe erklimmen können, beschließen sie, die Menschen ebenfalls auszurotten. Zuerst aber wollen sie auf Nick eine Atombombe werfen. Sie belügen ihn nach Strich und Faden, um ihn auf ein einsames Feld zu löcken, auf dem sie die Bombe zünden können. Nur durch Zufall gelingt die Rettung: Das Sternenschiff mit Nicks Crew landet auf dem Ameisenstaat und verbrennt mit seinen Düsen ungewollt die komplette Zivilisation.

Tja, hättet ihr mal besser andere Staaten neben euch bestehen lassen.

Die letzten Überlebenden des schurkischen Ameisenstaats versuchen nun auf Gedeih und Verderb, noch möglichst viele von Nicks Crew in den Untergang mitzunehmen und fliegen mit Minihubschraubern eine Selbstmordattacke auf das Kontrollfeld des großen Raumschiffs. Besser kann man Fanatismus wohl nicht mehr zuspitzen.

Um es Mit einem Wort zu sagen: Diese Ameisen sind echte Mistviecher. Aus Nick 92: Verzweifelte Suche.

Suche ich Parallelen zwischen Hansrudi Wäscher und anderen Künstlern, so fällt mir derzeit immer wieder der Micky Maus-Zeichner Floyd Gottfredson ein. Beide Künstler waren meisterhaft im Konzipieren langer Geschichten mit Cliffhangern, bei beiden wurde ihre besondere Art des Erzählens jäh beendet, obwohl sie noch lange nicht am Ende ihrer Kunst waren. Floyd Gottfredson wurde ab den 50er Jahren dazu gedrängt, nur noch abgeschlossene Gag-Strips zu zeichnen. Für Wäscher endete die große Zeit mit dem Konkurs des Lehning-Verlags. Danach bekamen wir von ihm lange Zeit nur noch abgeschlossene Stories für die Bastei-Serien Buffalo Bill und Gespenster-Geschichten. Seine Arbeiten für die Lehning-Ära kann man meiner Meinung nach nicht hoch genug einschätzen. Was danach kam, halte ich im Vergleich dazu für mehr oder weniger unbedeutend.

 

 

 

 

1 Kommentare

  1. billy sagt:

    Bin ich froh das die Erd-Ameisen einen Kurzschluss hatten. Die fressen echt alles auf.
    Ich mag diese Tierchen nicht besonders.

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