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Währenddessen… (KW 46)

In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.

© Netflix

Julian: Aktuell schaue ich die neue Staffel von Riverdale. Nachdem die letzte Staffel wieder etwas stärker war und nur durch einen unglaubwürdigen Plottwist unangenehm auffiel (Alice Cooper als FBI Spitzel für ihren Sohn, der selbst FBI Agent ist), schlägt sich die aktuelle Staffel wacker. Leider kann ich nicht auf Spoiler verzichten, also seid gewarnt.

Alice Cooper arbeitet ein oder zwei Episoden als FBI Spitzel in der Sekte von Edgar Evernever und seiner bezaubernd-psychopathischen Frau Evelyn. Als sich die Situation zuspitzt und Betty ihre Mutter befreit, versucht Edgar mittels einer Rakete (!) zu fliehen. Das war dann allerdings auch die bisher extremste Riverdale-Situation der aktuellen Staffel, denn Aquirre-Saccasa begeht diesmal nicht den Fehler, nur einen Plot in 20+ Episoden abzuarbeiten. Jede Figur erhält ihre eigenes Problem. Da wäre Jughead, der an einer Eliteschule angenommen wird, auf der sich lauter Psychopathen tummeln und an der sich einige seltsame Morde ereignen, als er auf ein Familiengeheimnis stößt. Betty Cooper hingegen muss sich mit ihren Genen herumärgern, denn sich wurde mit dem Serienkillergen diagnostiziert. Die Situation wird noch komplizierter, weil ihr Bruder zusammen mit ihrem Fake-Bruder zu intrigieren beginnt. Archie darf sich mit einem Schlägertrupp herumärgern, der sich von seinem Jugendzentrum gestört fühlt und lässt sich erneut auf Veronicas Vater ein, der eine neue Tochter präsentiert und dem es gelingt, seiner Verurteilung zu entgehen, nun aber versucht, Veronica auszuschalten/kaltzustellen. Cheryl Blossom hingegen bewahrt den Körper ihres Bruders in ihrer Krypta auf, hat mit Rattenbefall und Verwesung sowie mit neuen lästigen Verwandten zu kämpfen, während sie ihr dämonischer Bruder Julian (Blossoms 666 Leser wissen Bescheid – glaubt man den Gerüchten, so wird die Reihe fortgesetzt) terrorisiert. Zudem versteht sie sich überhaupt nicht mit dem neuen Schulleiter Mr. Honey (gespielt von Ex-Dawsons-Creek-Liebling Kerr Smith). Weiterhin wurde eine wirklich schöne Tributepisode an den jüngst verstorbenen Luke Perry inszeniert.

Was wirr klingt, wurde diesmal gut inszeniert und man beginnt, sich wieder auf die Kerncharaktere zu beschränken. Ideen, wie die Killer der vorherigen Staffeln als Halloweenkostüme zu verwenden, die in der entsprechenden Episode bei Betty Cooper um Süßigkeiten bitten, erscheinen logisch und fies zugleich. Langsam pendelt die Serie sich wieder ein, findet zu sich selbst. Bisher gab es allerdings zu wenig von meinem Favoriten, Penelope Blossom, zu sehen. Nathalie Boltt wird übrigens zusammen mit Marisol Nichols (Hermione Lodge) im März 2020 auf der Comic Con in Dortmund anwesend sein, wo eine kleine Riverdale-Parallelcon geplant ist.

Niklas: Das Jahr nähert sich dem Ende, ich erstelle stelle schon mal eine Liste meiner neuen Favoriten und lese noch einmal das alte Zeug durch. Manches hat sich nicht gut gehalten, manches wurde besser. Koshchei the Deathless von Mike Mignola und Ben Stenbeck, ein Spin-Off der Hellboy-Comics, blieb so gut, wie ich es in Erinnerung hatte. Irgendwo in der Hölle erzählt Protagonist Koshchei, ein unsterblicher Krieger, Hellboy seine Lebensgeschichte. Die dreht sich vor allem um sein Leben nach einer ungewollten Auferstehung und viele Untaten, die er mal gewollt, mal ungewollt verübte. Da die Hauptfigur der Erzähler ist, ist seine Perspektive getrübt, vor allem wenn er immer wieder betont, dass er viele Verbrechen nicht beabsichtigte. Zwar zeigt er immer wieder Reue, aber es scheint immer wieder durch, dass er alles versucht, um seine Handlungen zu rechtfertigen. Allerdings zeigt er auch, dass sich unter all dem Selbstmitleid immer noch ein guter Mann verbirgt, der an die Erinnerung an sein altes Selbst festhält. Ein gutes Selbst, das vielleicht nie existierte. Es hilft auch nicht, dass Kämpfen und Töten die einzigen Dinge waren, in denen er wirklich gut war. Als Krieger wandelte er also schon zu Lebzeiten auf dem schmalen Grat zwischen Held und Mörder, selbst in einer Welt in der echte Monster (und Männer deren Mütter Kühe waren) existieren.

Koshchei versucht immer wieder zaghaft Gutes zu tun, aber er ist nicht bereit, große Schritte zu unternehmen, um dieses Gute tatsächlich zu bewirken. Er bleibt immer ein Unsterblicher ohne Seele, der große Macht anhäuft und ihm wichtige Menschen einfach stehen lässt, wenn es ihm gerade passt. Was immer er also tut, es besteht keine Gefahr für ihn, zerstört zu werden, solange seine gut versteckte Seele nicht bedroht wird. Er müsste bereit sein, mehr zu tun, als aus einer Position der Stärke heraus zu handeln, aber das würde für ihn die absolute Vernichtung bedeuten, wenn er sich mit Feinden wie der Hexe Baba Yaga anlegt, die seine Seele als Geisel nimmt. Damit wird Koshchei zu einer komplizierten und tragischen Figur, die vor allem durch diese Zaghaftigkeit sehr menschlich wirkt, denn die Angst vor dem Tod gehört zum Menschsein dazu. Selbst ein Unsterblicher kann sich scheinbar nie von ihr befreien.

Erzählerisch ist Koshchei the Deathless also ein anspruchsvolles, dunkles Märchen und auch zeichnerisch liebe ich, was Ben Stenbeck da vorlegt. Ich bin immer wieder davon fasziniert wie er es schafft, mythologische Fabelwesen echt wirken zu lassen. Ich kann es nicht anders erklären, aber wenn ich zum Beispiel seine Drachen sehe, denke ich nicht, dass das ein Monster in einem Comic ist, sondern ein Wesen, das tatsächlich in dieser Welt lebt, weil die Anatomie und die Bewegungen real genug wirken. Das ist besonders ironisch, da man seinen Menschen sehr wohl ansieht, dass sie Comicfiguren sind, obwohl sie keine übertriebenen Proportionen besitzen. Koshchei the Deathless noch mal zu lesen, hat sich auf jeden Fall gelohnt.

© Dark Horse

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