In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.
Niklas: Mit River of Ghosts, dem letzten Teil der Nemo-Trilogie, endet mein langer Rückblick auf die League of Extraordinary Gentlemen. Eigentlich sollte hiernach eine Rezension des letzten Teils der Serie, The Tempest, folgen, aber der Sammelband kommt erst nächstes Jahr im Januar raus. Mist. Na ja, wenigstens ist River of Ghosts unterhaltsam. Denn in diesem Band bringt die stark gealterte Janni Dakkar ihre letzten Feinde unter die Erde und kämpft gegen Dinosaurier, Sexploitation – Nazis und Klone. Dieser Band ist eine Liebeserklärung an Schundfilme und das macht ihn großartig. Referenzen zu den Boys of Brazil und den Stepford Wives gibt es auch.
In River of Ghosts geht es noch mehr als in den Vorgängern um das Altern. Während Mina Murray und Co. sich mit dem esoterischen Konzept der Unsterblichkeit herumschlagen mussten, wird Captain Nemo, also Janni, von richtigen Rentnerproblemen geplagt. Keiner nimmt sie ernst, die Pillen taugen nichts und die Geister der Verstorbenen besuchen sie regelmäßig. Man könnte jetzt argumentieren, dass Janni ein gutes Leben als brutale Superschurkin geführt hat und sich jetzt zurücklehnen könnte. Aber eine Figur wie sie hat keinen ruhigen Tod, sondern nur einen guten, mit viel Gewalt und Explosionen. Man kann das jetzt als Metakommentar darauf verstehen, dass Helden immer im Abenteuer sterben müssen, ich verstehe es eher als eine allgemeine Abneigung gegen das Sterben.
Jannis Abgang dreht sich um die Fantasie, sich den Tod selbst aussuchen zu können und mit Würde und Anstand draufzugehen, ihn stoisch zu ertragen und nicht schreiend und weinend, wie es die meisten werden, wenn sie überhaupt noch was mitbekommen. Natürlich schaut dann die jüngere Generation mit Erstaunen und höchstem Respekt zu den Alten hoch, wie der Schluss zeigt. Und das, obwohl Janni, seien wir doch ehrlich, eine brutale Plünderin war, die das Glück hatte, in einer Welt zu leben, in der es größere Monster gab als sie.
Moore untermauert auch in diesem letzten Teil, was er schon immer sagte: Früher war alles besser; die jungen Menschen sollten rückwärts schauen, um Inspirationen für die Zukunft zu suchen. Dass das nur die Fehler der Vergangenheit wiederholt und die immergleichen regressiven Weltbilder am Leben erhält, scheint dem Autor nicht in den Sinn zu kommen. Warum auch, die Moderne ist ja schließlich blöd.
Am Ende bin ich wirklich zwiegespalten, was die League angeht. Man kann hier mitverfolgen, wie der Erzähler früher das Bild des mürrischen alten Mannes kritisierte und im Verlauf der Geschichte zunehmend selbst zu diesem mürrischen, alten Mann wurde. Was vor Fantasie und Ideen fast zu platzen schien, wurde immer resignierter und stagnierte. Die Comics waren handwerklich zwar immer gut, aber inhaltlich zeigen sie, dass auch die Macher alt wurden. Man sollte ihnen ihre Ruhe gönnen. Mach‘s gut, Alan. Schreib weiterhin deine schreckliche Prosa. Ich sehe dich dann bei deinem Comic-Comeback, wenn das Geld knapp wird. Schließlich hören solche wie du nie wirklich auf.
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