In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.
Christian: „Liebes Tagebuch. Dank N… habe ich die Woche Coco sehen dürfen, den großen Pixar-Film von 2017. Ich gehe ja schon seit einigen Jahren nicht mehr in Animationsfilme, auch nicht, wenn sie von Pixar sind. Man kennt ja inzwischen den Stil, den Humor, die Twists. Die goldenen Zeiten von Toy Story 2, der mich seinerzeit vollends von den Socken gehaut hat, sind ja echt schon lange her – Incredibles auch. Animationsfilme bieten einfach keine Überraschungen mehr, oder? Aber deswegen musste ich ja auch überredet werden, mich auf Coco einzulassen. ‚Ach Schatz,‘ so ging das neulich zu Hause, an mich gerichtet, ‚ich kann heute wirklich kein American Gods ertragen. Schauen wir doch was Nettes. Dir gefällt das doch auch.‘ Knirsch.
Ja, einiges in Coco ist von der Stange. Das Jenseits als Rummelplatz und das Elend mit der Bürokratie im Totenreich – Coco spielt am mexikanischen Tag der Toten – das kennt man tatsächlich von diversen Geschichten dieser Art. Klar, lustig ist das alles schon und die Figuren sind knuffig wie immer, aber kann mich das wirklich berühren? – Aber sicher!! Kaum hatte ich den Film als nette Unterhaltung auf hohem Niveau verbucht, packt mich der Twist nach einer Stunde dann doch und ich verfalle wieder völlig der alten Pixar-Magie, von der ich nicht erwartet hätte, dass sie noch mal zurückkehrt und von der die ganze Shrek-Serie nur träumen kann. Am Ende dann feuchte Augen. Die Familienzusammenführung und das Happy End waren einfach zu schön. Nur ein kalkulierter Tränendrücker? Zum Glück war der Nachspann lang genug, die Tränen wegzudrücken.
Nach dem Film dann sofort an die Gitarre, wo ich versucht habe, sie möglichst spanisch klingen zu lassen. Aber die alten Stahlsaiten bringens nicht. Ein inspirierender Film also, daher vollste Empfehlung für Coco von meiner Seite. Pixar hatten eben auch 2017 noch den Magic Touch, vielleicht stärker als die Jahre davor. Ich würde ihn sogar zu den großen Filmen des Studios zählen. Eine lohnende Entdeckung.“
Niklas: Nach dem letzten Besuch im Empire gingen die Abenteuer der League of Extraordinary Gentlemen im London der 1960er weiter. League of Extraordinary Gentlemen – Century: 1969 dreht sich um Drogen, Magie und Sex und das Altern. Alan Moore verwebt einfühlsame Charaktermomente mit einem spannenden Plot. Leser*innen erfahren, wie der Bösewicht Oliver Haddo über Jahrhunderte hinweg am Leben bleibt, Hauptfigur Mina Murray kämpft mit den Konsequenzen ihrer eigenen Unsterblichkeit und die Heldengemeinschaft droht zu zerbrechen. Guter Stoff. Ausgezeichneter Stoff. Im Vergleich zu 1910 ist die Geschichte von 1969 noch einmal eine deutliche Steigerung. Ich würde diesen Band sogar als den besten der Trilogie bezeichnen. Einen genial gezeichneten Drogentrip gibt es am Ende auch. Kevin O’Neill tobt sich hier richtig aus.
Trotzdem empfinde ich nicht viel für 1969. Natürlich freue ich mich über die Anspielungen, wie zum Beispiel die Nachbildung eines Covers der Beatles, aber die 1960er sind mir insgesamt egal. Es mag vielleicht die Zeit sein, für die Moore die meiste Nostalgie hegt, selbst wenn er sie nicht aktiv miterlebt hat, aber meine Neugierde wird nicht geweckt. Die Welt wirkt genauso kalt und grau wie meine Kindheit in den 1990ern, nur dass die Mode noch etwas alberner, die Tapete hässlicher und die Technologie noch unzuverlässiger und gefährlicher ist. Moore wird die 2000er noch als eine Zeit ohne Freude und Fantasie bezeichnen, aber ich sehe in seinen 1960ern nichts, was meine Fantasie beflügelt. Es gibt mehr Drogen und wahrscheinlich noch mehr sexuelle Übergriffe (danke dafür Alan, dass du das zum Finale hin wieder so geschmackvoll darstellst), aber Freude verspüre ich nicht. Zügellose Dekadenz, ja, aber nirgendwo möchte jemand seine Fantasie nutzen, um große Werke zu schaffen oder die Welt zum Besseren zu verändern. Den Auftritt einer Figur Michael Moorcocks würde ich auch nicht gelten lassen; die Qualität seiner Romane sind mit den Geschichten des Schundautors Robert E. Howard in den 1930ern zu vergleichen. Allerdings konnte Howard wenigstens eine kohärente Geschichte erzählen, während Moorcock eine gute Idee an die andere reihte, aber nichts konsequent zu Ende brachte. Wenn das die bessere Fiktion der Vergangenheit ist, der Moore nachtrauert, werde ich noch mürrischer, wenn ich an Centuries dritten Band, 2009, denke. Am Ende ist das London der 1960er auf seine Art genauso schlimm wie zu den 1910ern, nur dass es bessere Toiletten gibt und der korrupte Adel durch gesichtslose Konzerne ersetzt wurde. Immerhin gibt es jetzt Pornomagazine.
Immerhin hat mir 1969 die Figur des Jack Carters vorgestellt, einen brutalen Auftragskiller, der in der Verfilmung des Romans Get Carter von Michael Caine gespielt wird. Ein sehr guter Film, wenn man nichts gegen eine deprimierende Atmosphäre hat. Aber die passt ja auch zur Hommage an dieses angeblich so goldene und fantasievolle Zeitalter.
Was habt ihr diese Woche gekauft, gesehen, gelesen, gespielt? Postet eure Bilder, Geschichten und Links einfach in die Kommentare.