Niklas hat ein neues Rollenspiel-Soloabenteuer für uns entdeckt:
Niklas: Die Stadt Anizotte. Ein Aufstand ist ausgebrochen und die Straßen der imperialen Metropole werden gleichermaßen mit dem Blut der Schuldigen und Unschuldigen getränkt. Wie konnte es soweit kommen? Das erfahren wir im Verlauf des Rollenspiels The Life and Suffering of Sir Brante.
The Life and Suffering of Sir Brante, entwickelt von Sever, erzählt den Lebensweg des Sprosses einer wohlhabenden Familie, die in den Adelsstand aufsteigen möchte. Die in Kapiteln aufgeteilte Geschichte beginnt im wahrsten Sinne mit der Geburt der Spielfigur und endet mit den Konsequenzen des Aufstandes, nachdem wir uns in dessen Verlauf für eine Seite entschieden haben. Neben der Geburt, durchleben wir auch die Kindheit und das Heranwachsen unserer Figur zum Mann und formen ihn mit unseren Entscheidungen unter anderem zu einem ehrenhaften Verfechter des Rechts oder einen intriganten Mistkerl. Der Clou: unsere Entscheidungen können auch den Tod für uns bedeuten, aber das ist nicht gleich das Ende Spiels. Wenn wir zum Beispiel als Kind den jähzornigen Großvater Brante einmal zu oft verärgern, schlägt der uns mit seinem Gehstock tot. Die beiden Schöpfungsgötter der Fantasywelt haben allerdings jedem Sterblichen ein Geschenk gemacht, nämlich, dass jeder Mensch dreimal sterben kann, solange er nicht unter besonderen Umständen stirbt.
The Life and Suffering of Sir Brante nutzt das nicht nur als Feature gegen Frustration, sondern implementiert es auch in die Geschichte. Wer stirbt, macht ebenfalls Erfahrungen, die sich in den Werten des Charakters widerspiegeln, die ich wiederum benötige, um wichtige Entscheidungen zu treffen. Denn neben dem Lesen der gut geschriebenen Texte verbringen wir die meiste Zeit nämlich mit dem Treffen von Entscheidungen, die alle den Verlauf der Geschichte beeinflussen, aber auch bestimmte Werte erfordern. Manches gelingt mir nur als geschickter Fechter, anderes als redegewandter Advokat. Auch die Entscheidungen bleiben spannend und konsequenzenreich. Einem Gefangenen Gnade zu gewähren, kann später negative Konsequenzen für die Stabilität der Stadt haben, während wir versuchen, das korrupte Treiben eines Politikers unter Kontrolle zu bringen, der ebenfalls für Chaos sorgt. Es ist auf jeden Fall ratsam eine gewisse Balance im Stadtgeschehen zu halten, damit der Aufstand nicht zu früh passiert und unser Leben nicht verfrüht im Dreck der Straße endet. Wer noch mehr Sicherheit möchte, kann in den Optionen wählen, sich die Veränderung der Werte vor dem Treffen der Entscheidung anzeigen zu lassen und wer vollkommen unzufrieden mit seiner Entscheidung ist, kann zum Beginn eines Kapitels zurückspringen und seine Entscheidung erneut fällen.
Belohnt werden unsere Handlungen nicht nur mit geschriebenen Text, sondern auch mit wunderschönen, schwarzweißen Illustrationen, die mich an Spielbuchreihen wie Einsamer Wolf oder Fighting Fantasy erinnern. Das passt auch zur restlichen Aufmachung, da sich die Geschichte ebenfalls als Buch präsentiert. Als fleißiger Leser ist dieser Stil genau mein Ding, vor allem da das Spiel flüssig auf meinem Laptop läuft. Die Aufteilung in Kapitel erlaubt es mir außerdem auch, zu bestimmen, wann ich das Spiel beende. Selbst dann ist eine Sitzung bei langsamen Lesetempo gerade mal drei bis sechs Stunden lang. Eine angemessene Spielzeit, die mich gleich zum nächsten Durchlauf animiert. Vielleicht entscheide ich mich nächstes Mal für den Weg des Priesters, anstatt ein Richter zu werden. Mal sehen, welche Konsequenzen das haben wird …