Niklas hat einen Film ausgegraben, der auf liebevolle Weise D&D-Nerds aufs Korn nimmt. Christian hätte mal wieder Lust auf eine Runde Risiko. Außerdem empfiehlt er die Neuauflage des Horror-Klassikers The Witchfinder General.
Niklas: Wenn es einen Film gibt, der mich immer aufheitert, dann ist es The Gamers von 2002. Mit einer billigen Kamera und billigen Effekten erzählt der Film von einer Gruppe D&D – Nerds, deren merkwürdige Ideen in der Fantasywelt ausgespielt werden. Das Ganze ist teilweise pubertär, teilweise blutig, aber selbst zwanzig Jahre später noch lustig. Zumindest, wenn man sich ein wenig mit dem Konzept hinter Pen&Paper – Rollenspielen und speziell Dungeons & Dragons auskennt. Allerdings habe ich den Film auch schon einer Person gezeigt, die nichts mit dem Hobby zu tun hatte und sie konnte trotzdem gut mitlachen.
Spätere Filme der gleichen Macher, Dorkness Rising (Teil 2) und Hand of Fate (Teil 3), waren noch einmal viel besser, gerade was die Technik und das Writing anging. Aber keiner von ihnen macht mir so viel Spaß wie der erste Teil.
The Gamers kann käuflich erworben werden oder ist vollständig auf der Plattform eurer Wahl zu sehen.
Christian 1: Als Kind der 1980er habe ich natürlich auch das Strategiespiel Risiko gespielt, bereits bevor ich zum ersten Mal den 20-seitigen Würfel von Das Schwarze Auge kennenlernen durfte. Eigentlich ein simples Strategiespiel, dessen Grundprämisse man gerne ablehnen darf, geht es doch darum, auf Teufel komm raus Weltkrieg zu führen. In den ersten Auflagen des Spiels bekam der Spieler noch individuelle Aufträge, die dazu abzielten, Kontinente zu „erobern“ oder die Armee eines Mitspielers zu „vernichten“ (z.B. „Vernichten Sie die blauen Armeen“).
Es ist weithin bekannt, dass diese Spielanweisungen später in „Befreien Sie …“ (Asien, Nordamerika, Australien, 20 Länder ihrer Wahl, etc.) und „Besiegen Sie“ abgemildert wurden. Nicht bekannt hingegen war mir bis vor kurzem, dass diese Formulierungsänderung auf Grund drohender Indizierung geschah. Ich fand die neuen – vermeintlich „harmloseren“ – Formulierungen schon als Kind abwegig und seltsam, denn wenn mein Mitspieler die Welt von mir befreien muss und ich die Welt wiederum von meinem Mitspieler, dann lügt doch mindestens einer, oder? Auf einmal war doppeldeutig, was bisher eindeutig war.
Krieg spielen mochte in der Urversion des Spiels bereits eine zwiespältige Angelegenheit gewesen sein, die Neuversion aber kokettierte nun von Anfang an mit der Möglichkeit, seiner Aggression einen oberflächlich sauberen Anstrich zu verleihen. Ob das im Sinne der Pädagogen war? So kam „Framing“ in die (meine) Welt.
Christian 2: Mit einer Irritation ganz anderer Art wurden 1968 Kinobesucher konfrontiert, als Michael Reeves großartiger Film The Witchfinder General mit Vincent Price in die Kinos kam. Laut Prof. Dr. Marcus Stiglegger ist Witchfinder gemeinsam mit Night of the Living Dead und Texas Chainsaw Massacre einer der wichtigen und einflussreichen Filme der Ära. Allerdings ist Witchfinder etwas weniger bekannt, da er vom Setting her nicht so eindeutig modern ist, sondern im Gewand eines klassischen Historienfilms und im Look einer Hammer-Produktion unauffälliger wirkt. Dennoch: der Film stellt einige Konventionen auf den Kopf, denn mit einem Mal befreit der frömmlerische Hexenjäger nicht mehr wie van Helsing die Welt von der Satansbrut, sondern erzählt dies nur seinen Mitmenschen, um zusammen mit seinem Kompagnon seinen Sadismus und seinem Machthunger zu stillen. (Etwas primitiv, aber durchaus auf den Punkt gebracht:Die „Guten“ sind jetzt die „Bösen“).
Historisch in der Cromwell-Ära einsortiert, spielt Der Hexenjäger, so der deutsche Titel, in einer Zeit, als die Bürger und einfachen Menschen durch den andauernden Bürgerkrieg maximal verunsichert und auf der Suche nach Orientierung waren. Gleichzeitig war man verroht und misstrauisch, zudem gerne auch autoritätshörig, und wenn sich dann auch noch die günstige Gelegenheit ergab, vielleicht einen Konkurrenten loszuwerden, so schwärzte man gerne auch mal jemanden der Hexerei an, darunter durchaus auch viele Männer. Matthew Hopkins, der Hexenjäger, war nur zu gerne bereit, solche Querelen auf eindrucksvolle Art zu instrumentalisieren.
Es gibt durchaus einiges an Drastik und Sadismus zu ertragen, doch ist The Witchfinder General kein Exploitationfilm, sondern über lange Strecken ein veritabler Abenteuerfilm mit Verfolgungsjagden und Suspense. Interessant ist, wie sich der erzählerische Fokus immer wieder neu orientiert, ohne dass Erzählung und Plot darunter leiden. Mal ist der aufrechte Cromwell-Soldat Richard der wichtigste Akteur, dann wieder geht es sehr lange um Matthew Hopkins und wie er sich zeitweise mit seinem Folterknecht John Stearne überwirft. Die erzählerische Virtuosität lässt Staunen, was in 90 Minuten möglich ist, wenn eine Story nur kompakt und gut geschrieben ist. Diese Geradlinigkeit, ebenso das Farbkonzept, lassen so manche Streamingserie im wahrsten Sinne des Wortes blass aussehen.
Die DVD-/BluRay-Ausgabe von Wicked Vision ist top restauriert und wartet gleich mit mehreren Audiokommentarspuren auf, unter anderem mit Marcus Stiglegger, der gewohnt hohe Qualität liefert und dem es gelingt, bei seinem Kommentar 90 Minuten die Spannung aufrecht zu erhalten. DVDs mit seiner Beteiligung kann man eigentlich blind und ohne jegliche Vorkenntnisse kaufen. Es gibt sehr viele weitere Extras, nicht alle großartig, aber dennoch in liebevoller Zusammenstellung, darunter auch ein Doom Metal-Musikvideo, da die Band Cathedral ebenfalls in den 1980ern dem Witchfinder huldigte. Ein weiterer Höhepunkt ist natürlich auch die beigefügte Soundtrack-CD. (Außerdem lohnt es sich dieses eine Mal, auch den einführenden Copyright-Text zu lesen :)