In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.
Christian: Erinnert sich noch jemand an Sammy und Jack, die Bodyguards vom Ballerservice? In der Geschichte „Schwere Jungs und Fußballfieber“, bei uns 1984 in Fix und Foxi abgedruckt, müssen die beiden Männer fürs Grobe eine Fußballmannschaft vor Anschlägen einer verfeindeten Mannschaft schützen. Die wiederum wollen sich für einen Anschlag vom Vorjahr auf deren Mannschaftsflugzeug rächen (man merkt schon, der ganze amerikanische Fußball war schon in den 30er Jahren total verrottet), also geben die beiden gemeinsam mit den Ersatzspielern die Lockvögel für Anschläge, während die Top-Spieler auf geheimen Pfaden an den Turnierort reisen.
Der Feind aber durchschaut das Ablenkungsmanöver, der Anschlag auf die erste Garnitur gelingt und Sammy und Jack müssen – wollen sie die versprochenen 60.000 $ sehen, selbst spielen. In einem Wahnsinnsspiel gelingen diverse Tore, aber: In Portosan die heimische Mannschaft zu besiegen erzeugt selbstverständlich Lynchstimmung. Wenn selbst Polizisten auf offener Straße auf die verfeindeten Fußballer schießen, sollte man sehen, dass man weiterkommt. Die Sammy und Jack-Story von Berck und Cauvin ist der totale Wahnwitz und auch nach über 30 Jahren immer noch sehr lustig. Wiederentdecken lohnt.
Daniel: STOP, Hammer Time! Nachdem ich das Computerspiel God of War durchgespielt hatte, war ich versessen auf nordische Mythologie. Ich wollte mehr über Odin und Baldur erfahren, wollte wissen, woher Thors Hammer kommt und wann dieses Ragnarök genau stattfinden wird. Ganz praktisch, dass Neil Gaiman sich gerade Walhallas angenommen hat. In Norse Mythology erzählt der renommierte Autor von Sandman die Sagen der Götter nach.
Das wollte ich aber eigentlich nicht.
Ich wollte entweder ein Sachbuch über die nordischen Götter oder eine Sandman-artige Neuerfindung von Lokis Tricks und Lügengeschichten. Was Leser in Norse Mythology bekommen, erklärt Gaiman im Vorwort: Statt ein weiteres Sachbuch zu schreiben, hat er sich aus Snorris Sturlosons Edda die wichtigsten Geschichten herausgesucht und halbpoetisch nacherzählt: „blending versions of myth from the prose and from the poems.“ Die märchenhaften Erzählungen darüber wie Thor einmal einen Oger heiraten sollte, sind nicht uninteressant. Sie sind unterhaltend, informativ und lustig. Doch sind sie mir zu poetisch, zu naiv, zu wenig Action. Ein bisschen so wie man Kindern vom Weihnachtsmann erzählt. Ich wollte aber weniger von diesem Zauber, dafür mehr Blut und Schweiß und Action und Mystik. Wahrscheinlich hat mich das glänzende Cover mit Mjölnir darauf geblendet.
Christian: Die abgefahrenste Entdeckung des Comic-Salons wurde mir am letzten Tag des Salons von Burkhard Ihme angedreht. Es handelt sich um die streng limitierte Hardcover-Ausgabe der Ray Clark-Piccolos von Enrico Renzi und Rinaldi Rinaldoni, eine der größten Comicserien der 1950er-Jahre aus Italien. In dem Buch finden sich neben den alten Comics viele Begleittexte mit aberwitzigen Anekdoten über die Künstler und die Begleitumstände der wechselvollen Entstehungsgeschichte der Reihe. Auch die Rekonstruktion der Serie gestaltete sich abenteuerlich. Manche Inhalte konnten nur über bulgarische Lizenzausgaben wieder aufgetrieben werden, welche jedoch stark zensiert, retuschiert und mit kommunistischer Propaganda angereichert waren.
Ein interessantes Dokument italienischer Comicgeschichte ist auch das Originalheft 36 von 1953. Da Rinaldoni zu dieser Zeit zum Zahnarzt (!) musste, konnte er das Heft nicht rechtzeitig fertigstellen, woraufhin zahlreiche Kollegen einsprangen und je eine Seite beitrugen. Ein echtes Who-is-Who des italienischen Golden Age, unter anderem …… äh, wait a minute, … Chris Scheuer? Stephen Boiselle? Hansrudi Förster?!? Jürgen Speh? Was sind denn das für Italiener? Und wenn ich mir die restlichen Zeichnungen so ansehe, dann sieht das auch nicht wirklich nach 50er Jahre aus. Das ist astreiner Ihme-Stil und sieht aus wie seine Serien Reino und Mick Baxter. Ist das hier alles nur ein Hoax oder was? Fast hätte ich die Räuberpistolen aus Süditalien ja tatsächlich geglaubt, aber am Ende war doch alles nur erstunken und erlogen. Aber überzeugend, gut gemacht und lustig.
Was habt ihr diese Woche gekauft, gesehen, gelesen, gespielt? Postet eure Bilder, Geschichten und Links einfach in die Kommentare.