Mit seiner Kindercomic-Reihe Dog Man, die seit 2016 läuft, hat der Amerikaner Dav Pilkey einen absoluten Comic-Bestseller geschaffen. Beim Adrian Verlag, wo die Serie auf Deutsch erscheint, wird nun auch Pilkeys illustrierte Buchreihe um den Superhelden Captain Underpants, die zuvor bei Panini herauskam, neu aufgelegt – diesmal in Farbe.
Die Hauptfiguren, die Viertklässler George Beard und Harold Hutchins, geben im Unterricht liebend gerne die Klassenclowns und noch lieber spielen sie Streiche. Die Sabotage eines großen Footballspiels an ihrer Schule führt dazu, dass ihr Direktor Herr Krupp sie erpresst. Schlau wie sie sind, finden die beiden Rabauken eine Methode, den Spieß umzudrehen, aber kurz darauf werden sie damit auch zu Helfern von Captain Underpants, der alles daran setzt, den Tag zu retten.
Knapp die Hälfte dieses Auftaktbands beschäftigt sich damit, das Leben von George und Harold ausführlich vorzustellen. Pilkey zeigt sie als kreative Kinder, die zwar viel Unsinn im Kopf haben, aber gleichzeitig auch viel Potential besitzen. Das sieht man zum Beispiel daran, dass im Buch einer ihrer selbstgezeichneten Captain-Underpants-Comics abgedruckt wird. Der Captain ist nämlich ihre Schöpfung, also wird am Ende die von ihnen selbst erfundene Figur zum Leben erweckt. Bücher für Erwachsene würden so ein Handlungselement als Mittel zur Dekonstruktion einsetzen. In Captain Underpants nutzt es Pilkey als ein Vehikel für bizarre Szenen, die Leser*innen zum Lachen bringen und Spaß machen sollen.
Ein schönes Beispiel hierfür ist eine Szene, in der ein Kind Captain Underpants über die Straße huschen sieht, während George und Harold ihm folgen. Das Kind beschreibt seiner Mutter, dass ein kahlköpfiger Mann in Unterwäsche über die Straße rennt, und wird dafür gescholten, solchen Unsinn zu erzählen. Gleichzeitig steckt die Mutter ihre Nase in eine Tageszeitung, in der von Yetis und Alien-Babys berichtet wird. Ein cleverer visueller Gag, der älteren und jüngeren Leser*innen gefallen sollte.
Solche zeitlosen Witze und sarkastischen Sprüche wechseln sich mit dem einen oder anderen Toilettenwitz ab. Diese Art von Humor ist wirklich für die Kleinen gedacht, Pilkey setzt darauf, dass das Auftauchen von falschen Haufen und einem Mann in Windeln (der diabolische Doktor Windel) ausreicht, um die Kleinen zum Lachen zu bringen. Eigentlich hätte das Buch solche platten Scherze nicht nötig, da Pilkeys Schreibe schön schräg und die bizarre Mimik seiner Figuren auch für den einen oder anderen Lacher gut ist. Eine nette Idee sind auch die „Flip-o-Matiks“, die Leser*innen dazu ermutigen, während der Actionszenen schnell hin und zurück zu blättern, damit es so aussieht, als würden sich die Figuren bewegen. Das ist ein alter Trick, der immer noch Spaß macht. Die Atmosphäre wird übrigens dichter, wenn man seine eigenen Geräusche macht, so wie es das Buch vorschlägt. Ich habe es selbst ausprobiert.
Ein weiteres interessantes Extra ist eine kurze Biografie Pilkeys, wiedergegeben in dessen eigenem Stil. Er stellt sich als aktives Kind dar, der vom Schulpersonal nicht verstanden wurde, aber an seinem Traum, Zeichner zu werden, festhielt. Das gibt jüngeren Leser*innen einen Einblick in die Anfänge des Künstlers und soll sie dazu ermutigen, sich selbst kreativ zu betätigen.
Man merkt den Buch an manchen Stellen an, dass es in den Neunzigern erschienen ist. Da ist zum Beispiel der Direktor, der die Jungs mit einer Kassette erpresst, wo jedes Kind doch inzwischen ein Handy benutzt. Wahrscheinlich hätten sie den Streich sogar gefilmt und bei YouTube hochgestellt. Auch der Fäkalhumor ist nicht jedermanns Sache. Trotzdem bleibt Die Abenteuer des Captain Underpants (Jetzt in Farbe!) durch seine launigen Texte immer noch ein gutes Buch, mit dem man Kinder bestimmt zum Lesen bringt und auch ältere Vorleser*innen eine gute Zeit beim Vorlesen haben werden.
Nachtrag, 18.10.2020: Ich konnte auch einen Blick in den zweiten Band der Reihe, Captain Underpants und der Angriff der schnappenden Klo-Schüsseln! werfen. Von der Struktur her sieht er dem ersten so ähnlich, dass ich ihm nicht noch eine eigene Rezension widmen würde. Qualitativ ist er aber gleichauf mit seinem Vorgänger, wenn nicht sogar etwas besser. Die Handlung kommt schneller in Gang und die einzelnen Szenen wirken weniger zufällig. Alles was geschieht, wurde vorher einigermaßen vorgestellt.
Das ist also solide Handwerkskunst. Der Ekelhumor wird auch zurückhaltender eingesetzt, immerhin geht es dieses Mal nur um wütende Toiletten. Captain Underpants und der Angriff der schnappenden Klo-Schüsseln ist als Einstieg in die Serie genauso gut geeignet wie der erste Band.
Spaßige Superheldenaction für die Kleinen
adrian Verlag, 2020
Text und Zeichnungen: Dav Pilkey
144 Seiten, Farbe, Hardcover
Preis: 9,99
ISBN: 978-3948638078
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