Liebe ist seltsam. Sie lässt sich nicht beschreiben und ist auch nicht rational fassbar. Der eine vergleicht sie mit einem Rausch, der andere eher mit bequemer Routine, so als würde man in seinem liebsten Sessel sitzen. Und wenn es keine Liebe mehr gibt, bleiben am Ende nichts anderes als vage Impressionen und Ideen von Gefühlen, die man vielleicht mal hatte.
Nadine Redlich (Paniktotem, Ambient Comics) erzählt in I Hate You – You Just Don’t Know It Yet eine Liebesgeschichte aus Sicht einer verliebten Person, und wie die Beziehung zu ihrem Partner aufblüht und dann erlischt. Eine klassische Handlung mit einem dramaturgischen Aufbau gibt es nicht. Stattdessen klären wiederkehrende Motive über den Gemütszustand der Hauptfigur auf, wie zum Beispiel eine Vase, mit der die Erzählstimme die Beziehung zur geliebten Person beschreibt und die nach und nach Risse bekommt. Die Bilder sind flüchtige Impressionen, auf die sich die Leser einlassen müssen, um diese sehr persönlichen Gefühle zu verstehen, die Redlich mit diesem Heft zu beschreiben versucht. Diese stark subjektive Perspektive sorgt auch dafür, dass man auch vertieft über die Natur dieser Liebesbeziehung nachzudenken hat. Ist der Partner der Hauptfigur ein Schwein oder übertreibt sie alles, indem sie ihren Geliebten zunächst erhöht und dann ebenso übertrieben ihre Gefühle über das Ende zum Ausdruck bringt? Welche tieferen Probleme sind in der Beziehung entstanden? War die Hauptfigur jemals bereit für eine Beziehung oder hatte sie noch eigene Dämonen zu verarbeiten, die sie eventuell auch auf den anderen projizierte? Am Ende spielt es keine Rolle, es bleiben nur die leidenschaftlichen Emotionen oder wie man glaubt, sie in Erinnerung zu haben.
Redlichs Zeichnungen sind einfach, besonders der Partner wird als ein langnasiges Ding dargestellt, das trotzdem vom Erzähler angehimmelt wird. Nutzgegenstände werden erkennbar dargestellt, aber nicht in tiefen Details. Es passt aber zum subjektiven Weltbild der erzählenden Stimme, deren Erinnerungen vielleicht schon weit zurückliegen. Viel interessanter dagegen ist die Farbgebung. Der gesamte Comic ist in roter Farbe gedruckt, der Farbe der Liebe. Diese erinnert dabei an einen Wachsmalstift, also roh und wenig elegant, so wie auch die Liebe ist. Es passt zum Inhalt dieses Büchleins, das nicht für jeden ist, aber bestimmt für viele, die selbst einmal so intensiv gefühlt haben und die auch nur noch vage in Worte fassen können, wie es sich damals anfühlte, verliebt zu sein. Einfacher ist es auch heute nicht geworden.
Der Comic wird als kleines Heft für zehn Euro bei Rotopolpress verlegt. Die Texte sind in englischer Sprache verfasst, sind aber alle leicht verständlich.
Liebe ist gefühlsgeladen, und entweder fühlt man diesen Comic oder nicht.
Rotopol, Mai 2018
Text/Zeichnungen: Nadine Redlich
64 Seiten, einfarbig, Softcover
Preis: 10 Euro
ISBN: 978-3-940304-16-2