Alle Artikel mit dem Schlagwort: Charles Dickens

Eine Weihnachtsgeschichte

Es sieht aus, als würde sich José Luis Munuera im 19. Jahrhundert der Industrialisierung recht wohl fühlen. Vor noch gar nicht langer Zeit war es das New York von Hermann Melvilles Bartleby, dem Schreiber, jetzt hat er sich dem London von Charles Dickens‘ Christmas Carol angenähert. Und wenn es nicht die durchindustrialisierten, verdreckten Städte sind, dann begibt er sich gerne in die Peripherie dieser Ära, aufs Land, wie zuletzt bei seinem Gastauftritt bei den Blauen Boys (Nummer 49) oder auch seiner KI-Steampunk-Fantasy Rostige Herzen.

Ich bin Fagin – Die unerzählte Geschichte aus Oliver Twist

Wie funktioniert gute Charakterisierung in einer Geschichte? Charles Dickens wusste, wie das geht. Sein zweiter Roman, Oliver Twist, wimmelt nur so von überlebensgroßen, aber großartig ausgearbeiteten Figuren. Man denke nur an den Waisenjungen Oliver, der es wagt, im Waisenhaus einen Nachschlag einzufordern, oder an den jungen Taschendieb, der sich Artful Dodger nennt und der Oliver ins kriminelle Milieu einführt. Jede Gesellschaftsschicht ist bei Dickens durch pointierte Typen repräsentiert, das geht vom sozial engagierten Bürger hin zu bornierten und trägen Beamten, von Bediensteten, die sich ihr eigenes Überleben in der Hackordnung sichern müssen, bis hinunter zu den Prostituierten, den Räubern und den Gangstern. In Oliver Twist ist vor allem die Unterwelt in schillernden Farben gezeichnet. Sowohl der Räuber Bill Sikes als auch dessen Partner, der jüdische Bandenchef und Hehler Fagin, gehören zu den großen Schurkengestalten der Weltliteratur.