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Winterwelt 1: La Niña

2014, gut 25 Jahre nachdem er Winterwelt zusammen mit Zeichner Jorge Zaffino konzipierte, kehrte Autor Chuck Dixon zu seiner Schöpfung zurück. Die neu gestartete Ongoing-Serie des US-Verlages IDW knüpft lose an die klassischen Episoden Winterwelt und Wintersee (die Cross Cult in seinem Classic-Band versammelt hat) an und führt die postapokalyptische Erzählung in eine düstere, wenngleich buntere, Zukunft.

© Cross Cult

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Nach dem Tod von Zaffino, dessen schwarz-weiße Bilder die Vorlage sehr geprägt haben, übernimmt der erfahrene Butch Guice das Zepter. Dieser hat sich schon an diversen Marvel- und DC-Superhelden abgearbeitet, u.a. Captain America, The Flash oder Doctor Strange. Es ist letztlich dann auch der zeichnerische Wechsel, der den augenscheinlichsten Unterschied zwischen dem klassischen Winterwelt und der aktuellen Fortsetzung ausmacht. Wo Zaffinos Panels vor Rohheit strotzten, aber gleichzeitig aufgeräumt wirkten, setzt Guice hingegen auf einen schmutzigen Stil, bei dem die Eishölle vor allem von Finsternis geprägt ist. Im direkten Vergleich ist das, berücksichtigt man das Konzept des Comics, durchaus bemerkenswert. Denn Guice’s Artwork bedient sich einer Kolorierung, auf die sein Vorgänger verzichtet hatte. Es ist wohl dem Umstand geschuldet, dass diese Farben äußerst spärlich eingesetzt werden, dass die Neufassung umso dunkler erscheint.

Aus grafischer Sicht erlebt man hier zwei völlig unterschiedliche Interpretationen ein und derselben Comic-Dystopie. Beide haben ihre Vorzüge, keine wäre der anderen unbedingt vorzuziehen. Zumal sich das grundlegende Design und das Setting nicht wirklich verändert haben. Noch immer findet sich der Leser nach einer globalen Katastrophe in einer von Eis und Schnee bedeckten Welt wieder, in der vereinzelte Menschen zu überleben versuchen. Und noch immer begleiten wir das Duo Scully und Wynn (bzw. das um Rahrah, den Dachs, erweiterte Trio), das auf der Suche nach einem sagenumwobenen, warmen Ort ist und nebenbei Wynns Eltern finden will.

© Cross Cult

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Dixons Winterwelt ist unwirtlich und wie so oft sind es verzweifelte Menschen, die zu allem bereit sind, wenn es ums blanke Überleben geht. Zivilisation, das war einmal. Jetzt gibt es überall nur noch Kälte und Ressourcenknappheit. Mad Max im ewigen Eis quasi.

Auch wenn es Dixon und Guice zu Beginn ihrer Ongoing-Serie durchaus gelingt, das Gefühl des „alten“ Winterwelt aufzutauen, vermisst man ein wenig den Retrocharme des schwarz-weißen Zaffino-Werkes. Auffällig ist auch, dass der Autor sich inhaltlich, zumindest was die Grundprämisse angeht (die Suche nach dem sicheren Hafen), ziemlich wiederholt. Es wäre wünschenswert, wenn dieses Muster in den folgenden Ausgaben durchbrochen werden könnte. Andererseits ist es vielleicht gerade diese immerwährende Suche nach Schutz und Hoffnung, die zwangsläufig als kleinster gemeinsamer Nenner in allen postapokalpytischen Geschichten gelten muss. In einer Welt ohne Sicherheiten, ohne Heimat, ist schließlich der Weg das Ziel. Und so werden Scully und Wynn wohl noch länger nach einem netten Plätzchen zum Niederlassen Ausschau halten müssen.

Optisch veränderte Fortführung des Klassikers aus den 80ern auf einem ähnlich guten Niveau

7von10Winterwelt 1: La Niña
Cross Cult, 2015
Text: Chuck Dixon
Zeichnungen: Butch Guice
Übersetzung: Saskia Funke
120 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 16 Euro
ISBN: 978-3-86425-589-2
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