Da sind sie also wieder: Vampire. Medial einfach nicht totzukriegen. Und damit mindestens so hip wie die allseits geliebten Zombies. Jonathan Maberry, Autor einer ganzen Reihe von Horror-Romanen (und einiger Marvel-Comics), ruft mit der IDW-Serie V-Wars nun den Vampirkrieg aus. Wobei es den Krieg gegen diese Wesen in Film und Literatur stets gegeben hat. Doch meist passierte das in aller Stille, im Schatten von ein paar Einzelgängern durchgeführt, während der Rest der Menschheit die Existenz von Vampiren eher im Reich der Legenden verortet hat. In Maberrys Comic wird der Konflikt hingegen ganz offen ausgetragen. Zwangsläufig, denn wenn Familienmitglieder, Kollegen oder Nachbarn sich jederzeit in Vampire verwandeln können, dann steht man schließlich vor einem gesellschaftlichen Problem, das eine gelegentliche Monsterjagd nicht zu lösen imstande ist.
Alles begann mit dem Schmelzen der Polkappen. Dadurch wurde das uralte I1V1-Virus, das sogenannte Eis-Virus, freigesetzt, welches bei vielen Menschen ein verstecktes Vampir-Gen aktiviert hat. Der Blutdurst eint die Verwandelten, aber ansonsten fällt eine Kategorisierung schwer. Jeder trägt das Gen in sich, jeden Menschen kann es jederzeit erwischen. Manche versuchen ihr Leben wie zuvor weiterzuführen, andere sehen nun die Vampire an der Spitze der Nahrungskette und erklären der Menschheit mehr oder weniger direkt den Krieg. Und natürlich organisieren sich die Blutsauger. Auch das natürlich nicht immer zu friedlichen Zwecken.
Zwischen allen Fronten steht Professor Luther Swann, ein Vampirexperte. Als Berater des militanten Sonderkommandos V-8 begleitet er die Einsätze der Soldaten, die bei Auseinandersetzungen zwischen Mensch und Vampir ausrücken. Swann ist in diesem Comic nicht nur die zentrale Figur, sondern steht auch im wahrsten Sinne des Wortes inmitten der Debatte um die Regelung des Konflikts. Er versucht zu vermitteln, will einen Friedensvertrag aushandeln und setzt sich sogar für die Rechte diskriminierter Vampire ein.
Und spätestens an diesem Punkt wird klar, wohin V-Wars mit seinem neuen Ansatzpunkt hinzusteuern versucht: Maberry stellt dar, dass die Transformation von einem Menschen zu einem Vampir nicht zwangsläufig mit einer veränderten Persönlichkeit einhergeht. Ihre Interessen, Berufe und Beziehungen zu anderen (Menschen und Vampiren) bleiben ebenfalls weitestgehend erhalten. Außerdem sind die Vampire in dieser Comicserie nicht als homogene Rasse anzusehen, sondern vielmehr als eine Art Mutation, die bei jedem Betroffenen eine andere Ausprägung aufweist. So wirken bereits rein optisch einige äußerst menschlich, während andere klassisch Dracula-mäßig aussehen. In Extremfällen haben sie aber auch Pech gehabt und haben ein Fledermausgesicht oder eine zombieartige Attitüde.
Wie also umgehen mit diesen Verwandlungen, mit dieser hohen Anzahl an Vampiren, die die Zivilisation auf allen Ebenen in kürzester Zeit durchsetzt hat? Der Comic probiert diese Frage auf eine breite gesellschaftliche Ebene zu hieven und dort zu diskutieren. Etwas holprig werden dabei Politik und Presse eingebunden, die das Geschehen einordnen und reflektieren sollen. Leider funktioniert das nicht wirklich so gut, wie es klingt. Dazu bleibt V-Wars viel zu oberflächlich. Auf der anderen Seite wird für Freunde des Splatters, die einen knallharten Horrorschocker erwarten, auch wieder zu wenig geboten. Sicher, man sieht ein paar Blutsauger Blut saugen und Soldaten, wie sie dies mit Maschinengewehren humorlos unterbinden. Da wird an expliziten Darstellungen dann auch nicht gespart. Trotzdem ist die Story weder Fisch noch Fleisch.
Da helfen auch die unterdurchschnittlichen Zeichnungen von Alan Robinson nichts. Insgesamt sind Robinsons Bilder von unbeständiger Qualität, zu oft unscharf, die Gestik und Mimik der Figuren ausdruckslos. So wirkt die Grafik ziemlich austauschbar.
Was bleibt, ist die reizvolle Grundidee, die tatsächlich das Potenzial hätte, dem altgedienten Vampirmythos ein paar frische Momente zu bescheren. Mit dem vorliegenden Comic hat das nur in knappen Ansätzen gefruchtet, der Rest ist eine Ansammlung von platten Dialogen, vorhersehbaren Figurenzeichnungen und wenig originellen Schockern. Immerhin scheint man in den Vampirkrieg, was die Vermarktung angeht, große Hoffnungen zu setzen. Denn neben der bereits laufenden Romanreihe zu V-Wars von wechselnden Autoren soll auch eine TV-Adaption und sogar ein Brettspiel in Planung sein.
Spannende Grundidee, größtenteils aber in schlechter Umsetzung; das Artwork liefert leider auch kein Kaufargument
Cross Cult, 2015
Text: Jonathan Maberry
Zeichnungen: Alan Robinson
Übersetzung: Horus W. Odenthal
120 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 19,80 Euro
ISBN: 978-3-86425-578-6
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