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Trees 1 – Ein Feind

Wer erwartet, dass sich hinter dem einsilbigen Titel eine weitere Öko-Dystopie verbirgt, liegt voll daneben, soweit man das am Ende des ersten Bandes von Trees von Warren Ellis und Jason Howard sagen kann.

Alle Abbildungen © Cross Cult

Bäume sind gerade voll in Mode, nicht im echten Leben selbstverständlich (Grüße an den Hambi), aber  in fiktionalen Erzählwelten. Zep hatte in seiner vielbeachteten ‚Wohlleben-Adaption‘ The End (2020) die Vegetation zu einem selbsträchenden Ökosystem erklärt, und der Romanautor Richard Powers verbindet in Die Wurzeln des Lebens (2019) Familiengeschichte und Pflanzenmetaphorik miteinander. Etwas wörtlicher nimmt die Mensch-Baum-Beziehung Jeff Lemire in Family Tree, aber das sehen wir im Juni, wenn der erste Band bei Splitter erscheinen wird. Was haben Autor Warren Ellis (Transmetropolitan), der zuletzt eher im Privaten für zweifelhafte Schlagzeilen sorgte, und Zeichner Jason Howard uns über Bäume zu erzählen?

Zunächst einmal sind die „Bäume“ nicht direkt Bäume, sondern außerirdische Artefakte oder Lebensformen, deren längliche Zylinderform an einen gigantischen Baumstamm erinnert. Diese sind überall auf der Erdoberfläche verteilt und versetzen die Menschen in Angst und Schrecken.

Wie einst die „Dreibeinigen Herrscher“ thronen die monumentalen Bauwerke in der Welt und über den Menschen. Ein Panel zeigt den 30 Meter hohen Cristo Redentor, der mit ausgebreiteten Armen oberhalb der brasilianischen Stadt Rio de Janeiro steht. Wie verloren steht er da angesichts der ihn um ein Vielfaches überragenden Baumstämme, die sich in den Wolken verlieren. Zehn Jahre vor dem Beginn der Handlung waren die Bäume aus dem Weltall gekommen und haben die Welt in Aufruhr versetzt. So weit, so Mars Attacks. Aber seitdem geschah wenig. Ellis und Howard führen uns durch fünf Schauplätze, die seit den Bäumen nicht mehr wie zuvor sind.

Vince ist Kandidat für das Amt des New Yorker Bürgermeisters, das er vor allem innehaben möchte, um den Polizeipräsidenten ernennen zu dürfen. Tian Chenglei kommt aus der chinesischen Provinz in die Sonderkulturzone von SHU. Er möchte dort die Kunst entdecken, findet aber stattdessen die Liebe, und zwar in einer Form, die er zuvor nicht für möglich gehalten hätte. Nördlich von Spitzbergen macht der Biologe Marsh die Entdeckung, dass im Umkreis der Bäume ein Schwarzer Mohn wächst, der dort eigentlich nichts zu suchen hat. Außerdem stellt sich bald heraus, dass dieser Mohn besondere Eigenschaften hat … Auf Sizilien treffen mit der jungen und halbseidenen Eligia und dem ehemaligen Geheimdienstmitarbeiter Luca Bongiorno zwei ungleiche Figuren aufeinander, die dennoch starke Faszination aufeinander ausüben. In Mogadischu nutzt der somalische Präsident Caleb Rahim die Bäume, um die Terrotialkonflikte mit dem benachbarten Puntland zu beenden (tatsächlich sind diese höchst real).

Trees ist eine Science-Fiction-Story über die Abgründe des Menschen, und zwar gar nicht im ökologischen Sinne, sondern eher im moralischen. Die fünf einzelnen Storys, deren Fäden zum Ende des ersten Bandes noch längst nicht zusammenlaufen, erzählen von sozialen, politischen oder moralischen Grenzgängern, von denen wir noch nicht erfahren, wie tief ihre Wurzeln reichen. Das wird in den folgenden Bänden dieses auf Cliffhanger setzenden Thrillers zu erwarten sein, die für April und Juli 2021 angekündigt sind.

Alien-Bäume vs. menschliche Menschen

7von10Trees 1: Ein Feind
Cross Cult, 2020
Text: Warren Ellis
Zeichnungen: Jason Howard
Übersetzung: Christian Langhagen
168 Seiten, Farbe, Hardcover
Preis: 25,00 Euro
ISBN: 978-3966582254
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